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Landfrauenvortrag in Lutter

GZ Plus Icon„Mehl ist mehr als nur ein weißes Pulver“

Vera Mittendorf dankt als Vize-Vorsitzende der Lutteraner Landfrauen, der Müllerin aus Langelsheim, Anke Dege, mit einem Blumenstrauß.

Vera Mittendorf dankt als Vize-Vorsitzende der Lutteraner Landfrauen, der Müllerin aus Langelsheim, Anke Dege, mit einem Blumenstrauß. Foto: Leifeld

Die Mitglieder des Landfrauenvereins Lutter am Barenberge zeigen sich nicht nur regional verbunden, sondern auch vielseitig interessiert. Müllerin Anke Dege informierte bei einem Vortrag über die Herausforderung im Getreideanbau.

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Von Andrea Leifeld
Freitag, 11.10.2024, 13:00 Uhr

Lutter. „Unser tägliches Brot gib´ uns heute.“ Eng verschlungen mit den Gedanken an das Erntedankfest und der bevorstehenden Weihnachtsbäckerei gingen 65 Mitglieder des Landfrauenvereins Lutter vielen Fragen zur Grundlage aller Brote und Backwaren nach: dem Mehl!

Fest verankert in der Nahrungskette vieler Menschen ist es seit Jahrhunderten ein Urprodukt. Und doch Mehl bedeutet so viel mehr. In den Medien verunglimpft und geschmäht durch seine „Unverträglichkeit“ bei einigen Menschen, bleibt das Mehl trotz allem ein Basisprodukt vieler Lebensmittel und Speisen.

Sein Ruf ist zu Unrecht schlecht, räumte Anke Dege, als Müllerin und Miteigentümerin der Mühle Erick Sack in Langelsheim, im Rahmen eines Vortrags mit den Vorurteilen auf. 2008 übernahm sie die Mühle mit acht Mitarbeitern von ihren Eltern. Gemahlen werden in dem Langelsheimer Familienbetrieb gut 8000 Tonnen Getreide im Jahr, 65 Prozent Weizen und 35 Prozent Roggen.

Das kleine Unternehmen beliefert verschieden Handwerksbäckereien im Umland und führt einen kleinen Laden direkt an der Mühle für Endverbraucher.

63 Landfrauen lauschten dem Vortrag im Café Blickpunkt.

63 Landfrauen lauschten dem Vortrag im Café Blickpunkt. Foto: Leifeld

Das gemahlene Getreide wird ausschließlich von regionalen Landwirten bezogen. Die Müllerin beschrieb den enormen Aufwand, bis der Mehlsack über den Ladentisch geht – und schilderte die Sorgen der Branche.

Auf der Verbraucherseite werden die Forderungen nach Bio- und Topqualität immer höher, auf der anderen Seite wird es Landwirten durch beständig zunehmende Auflagen erschwert, diese Qualität erzeugen zu können. Als aktuelles Beispiel nannte sie die Düngeverordnung, die den Anbau eines hochwertigen, proteinreichen Weizens auf manchen Feldern inzwischen unmöglich macht, aber auch der immer strengere Einsatz an Herbiziden und Fungiziden, mit kaum einzuhaltenden Grenzwerten. Da würden Werte vorgeschrieben, die Unsinn seien. „Kein Mensch isst zehn Kilogramm Brot am Tag, sodass ihm die Werte schaden könnten.“

Die Mühle Sack ist ein Familienunternehmen.

Die Mühle Sack ist ein Familienunternehmen. Foto: Leifeld

Vielmehr sollten sich die Verantwortlichen dieser Forderungen fragen, was passiert, wenn heimische Landwirte diese Auflagen nicht mehr erfüllen können. „Im günstigsten Fall beziehen wir unser Getreide dann aus Osteuropa…“, fürchtet Anke Dege diese und weitere Folgen. „Manchmal fürchte ich, wir schaffen uns selber ab.“

Hinzu kämen Krankheiten im Bestand, wie Mutterkorn, ein Pilzbefall, der sich inzwischen über alle Getreidesorten ausbreitet.

Auch die jährlich veränderten Wetterverhältnisse seien problematisch. Lehmhaltige Böden und gute Wasserspeicher, bislang sehr ertragreich, wurden im regenreichen Herbst und Frühjahr zur „Seenplatte“ – was ein rechtzeitiges Drillen oder gar eine Ernte unmöglich machte.

„Mehl ist mehr als ein weißes Pulver“, mahnte die Müllerin. Die Eigentümerin einer Mühle zu sein, stelle jeden Tag neue Herausforderungen. „Saison ist das ganze Jahr. Es endet nicht mit der Erntezeit.“

Anke Dege absolvierte 1997 ihre Prüfung zur Müller-Meisterin.

Anke Dege absolvierte 1997 ihre Prüfung zur Müller-Meisterin. Foto: Leifeld

Eine von mehreren Fragen in der munteren Frauenrunde war, was sich Anke Dege als Müllerin wünschen würde: Zum Erstaunen wetterte die Unternehmerin nicht gegen die Politik, EU oder absurde Umweltauflagen. „Ich wünsche mir, dass die Menschen in unserem Land wieder mehr Ehrfurcht vor Lebensmitteln haben“, antwortete sie. Egal ob bei Mehl, Gemüse oder Fleisch. In unserem Land gäbe es ein Luxusproblem, bedauerte sie. Zu viele Lebensmittel würden achtlos weggeworfen.

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