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Gabriel fordert Projektmanager

GZ Plus IconPfalzquartier in Goslar: Mehrheit sieht eine neue Chance

Blick auf die Brachfläche im Kaiserpfalzquartier: Neue Investoren werden gesucht.

Blick auf die Brachfläche im Kaiserpfalzquartier: Neue Investoren werden gesucht. Foto: Privat

Investor Hans-Joachim Tessner sagt weiterhin 10,5 Millionen Euro für eine Stadthalle zu. Auch die Pläne des gesamten Projekts im Kaiserpfalzquartier will er zur Verfügung stellen. Doch wie schätzen die politischen Fraktionen die neue Situation ein?

Von Jörg Kleine Mittwoch, 10.09.2025, 08:00 Uhr
„Die jüngste Erklärung von Hans-Joachim Tessner zeugt von bemerkenswerter Größe und Verantwortungsbewusstsein“, sagt der Goslarer CDU-Fraktionschef Norbert Schecke. Trotz der teils scharfen Kritik an Tessner und dessen Familie „stellt er das Wohl der Stadt Goslar über persönliche Befindlichkeiten und bekräftigt seine Verbundenheit mit unserer Stadt durch sein großzügiges finanzielles Engagement“, unterstreicht Schecke.
CDU-Fraktionschef Norbert Schecke.

CDU-Fraktionschef Norbert Schecke. Foto: Roß

CDU: Historische Chance

Mit seinem Angebot widerlege Tessner zugleich kritische Stimmen, die das Finanzierungsvolumen für das Kaiserpfalzquartier im Zusammenhang mit dem Engagement der Tessner-Stiftung für die Hotels „Kaiserworth“ und „Brusttuch“ infrage gestellt hätten. „Es liegt nun an uns – an der Stadt, an der Politik, an der Bürgerschaft –, diese historische Chance zu ergreifen und das Kaiserpfalzquartier doch noch zu einem Leuchtturmprojekt zu machen. Ein Projekt und ein Gönner, um die uns andere Städte beneiden“, resümiert Schecke.
SPD-Fraktionschef Martin Mahnkopf.

SPD-Fraktionschef Martin Mahnkopf. Foto: Hartmann

„Unsere Hoffnung wurde erfüllt“, sagt SPD-Fraktionschef Martin Mahnkopf: „Es ist eine Freude und gleichzeitig auch Erleichterung. Wir sind Herrn Tessner sehr dankbar.“ Wenn der Bebauungsplan nun vorangebracht und in die Öffentlichkeit getragen werde, dann sei dies „ein sehr gutes Zeichen im weiteren Verfahren um eine Investorensuche“, erklärt Mahnkopf.

SPD: Sind fest entschlossen

Im Rat gebe es eine Mehrheit, „und wir sind fest entschlossen, das Projekt weiterzuentwickeln“. Zugleich müssten sich Stadt und Politik aber auch kompromissbereit zeigen für Ideen möglicher neuer Investoren, signalisiert Mahnkopf. Schließlich ist offen, ob neue Interessenten das Projekt identisch übernehmen.

FDP-Fraktionschef Christian Rehse.

FDP-Fraktionschef Christian Rehse. Foto: Sowa

Große Anerkennung für Tessner kommt ebenfalls von der FDP. „Ich bin sehr positiv überrascht und zolle ihm meinen allergrößten Respekt“, betont Fraktionschef Christian Rehse. Es sei sehr wichtig, dass Projekt „unter diesen guten Voraussetzungen weiterverfolgen können“. Immense Bedeutung hat für Rehse, dass Goslar neue Bewerber um das Projekt nicht verschrecke.

Linke: Bleibt ein dicker Brocken

Linken-Fraktionschef Michael Ohse.

Linken-Fraktionschef Michael Ohse. Foto: Ross

Während sich SPD, CDU und FDP im Vorfeld gemeinsam für das Kaiserpfalzquartier stark gemacht hatten, kommen aus den anderen Ratsfraktionen kritische Töne. „Es spricht für Herrn Tessner, dass er sich an das Angebot, das er der Stadt gemacht hat, hält. Aber die Finanzlage der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Für die Mehrzweckhalle müsste man immer noch einen dicken Brocken stemmen. Auch wenn es einen Bedarf für die Halle gibt, sind wir nicht sicher, ob das funktioniert“, sagt Michael Ohse, Fraktionschef der Linken.

Bürgerliste: Ungelöste Probleme

Henning Wehrmann, Bürgerliste.

Henning Wehrmann, Bürgerliste. Foto: Sowa

„Wir bleiben bei unserer ablehnenden Haltung gegenüber dem Projekt Pfalzquartier. Auch mit dem Tessner-Geld kann die Stadt die Halle nicht finanzieren. Dazu kommen die ungelösten Probleme mit dem Grundwasser, das Bus-Parken oder der Umbau des Stiftsgartens, den viele Goslarer ablehnen. Die Bürgerliste arbeitet weiter an einem Alternativkonzept und hält auch nichts von provisorischen Parkplatzlösungen, denn nichts hält so lange, wie ein Provisorium“, erklärt Henning Wehrmann von der Bürgerliste.
Sabine Seifarth, Sprecherin der Gruppe „Grüne Partei 42“.

Sabine Seifarth, Sprecherin der Gruppe „Grüne Partei 42“. Foto: Ross

„Es ist sehr lobenswert, dass Herr Tessner das Geld sowie die bisherigen Planungsunterlagen zur Verfügung stellt. Das ändert aber nichts daran, dass die Stadt einen riesigen Batzen Geld für eine Stadthalle aufbringen müsste. Es ist grundsätzlich verständlich, dass die Stadtgesellschaft sich eine solche Halle wünscht, aber es muss finanzierbar bleiben, am besten durch einen neuen Investor“, mahnt Sabine Seifarth für die „Grüne Partei 42“.
AfD-Fraktionschef Dirk Straten.

AfD-Fraktionschef Dirk Straten. Foto: gs

„Es ist wirklich toll, dass Herr Tessner immer noch bereit ist, der Stadt dieses Geschenk zu machen. Ob es das Projekt Kaiserpfalzquartier noch einmal nach vorne bringt, glaube ich aber nicht. Es wird sehr schwierig, einen neuen Investor zu finden“, erklärt Dirk Straten, Fraktionschef der AfD.

Sigmar Gabriel fordert Projektmanager

Sigmar Gabriel (SPD), Goslarer Ehrenbürger und ehemaliger Vizekanzler.

Sigmar Gabriel (SPD), Goslarer Ehrenbürger und ehemaliger Vizekanzler. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

„Das Beste, was herauskommen konnte“, kommentiert derweil Ex-Vizekanzler und Ehrenbürger Sigmar Gabriel die jüngste Entwicklung zum Kaiserpfalzquartier: „Damit liegt der Ball jetzt bei der Stadt. Ich hoffe, dass sie den Mut hat, das Projekt weiter zu verfolgen.“ Dabei müsse die Stadt auch Geduld beweisen, wenn das Projekt vielleicht nicht in einem Zuge zu realisieren sei, sondern in Etappen – ob Stadthalle oder Hotel.

Bei der Projektsteuerung schreibt Gabriel der Stadt mehr Struktur und Tempo ins Gebetbuch: „Die Stadt braucht aus meiner Sicht einen Projektmanager an der Spitze“, der das umfangreiche Vorhaben kontinuierlich vorantreibe. Sein Appell an die Fraktionen: Der Rat müsse der Versuchung widerstehen, die Entwicklung im Kaiserpfalzquartier in den Wahlkampf zu ziehen.

Schwerdtner: Zutiefst dankbar

Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner und Hans-Joachim Tessner: große Freude nach dem Bürgerentscheid 2024 für das Kaiserpfalzquartier.

Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner und Hans-Joachim Tessner: große Freude nach dem Bürgerentscheid 2024 für das Kaiserpfalzquartier. Foto: Epping

„Ich bin Herrn Tessner für diese außerordentliche Geste zutiefst dankbar. Diese Zuwendung ist nicht nur ein finanzielles Fundament, sondern auch ein Signal für Vertrauen in die Zukunft Goslars“, erklärt Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner: „Sie gibt uns die Möglichkeit, eine Stadthalle zu bauen und die Planungen für das Kaiserpfalzquartier mit neuer Energie anzugehen.“

Hans-Joachim Tessner habe „ein starkes Zeichen der Verbundenheit mit seiner Heimatstadt“ gesetzt, heißt es im Rathaus. Es sei nun Aufgabe der Stadt, gemeinsam mit den politischen Gremien, der Bürgerschaft und möglichen weiteren Partnern das Projekt zu realisieren und zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, sagt Urte Schwerdtner.

Bürgerinfo am 18. September

Der weitere Fahrplan stehe bereits fest und sei mit den Fraktionen des Stadtrats nach zwei interfraktionellen Gesprächen und einer nicht öffentlichen Ratsinformationsveranstaltung abgestimmt. Zunächst soll der Bebauungsplan in den städtischen Gremien verabschiedet werden, bevor eine Neuausschreibung für Investoren und Partner erfolgt. „Die Stadt wird die Öffentlichkeit regelmäßig über den Fortgang informieren“, heißt es. Eine erste Bürgerinformation ist am Donnerstag, 18. September, vorgesehen. Ort und Zeit werden noch genannt.

Insgesamt soll laut Stadt kein Stillstand in der Entwicklung des Kaiserpfalzquartiers eintreten. Denn die Entwicklung des Areals rund um die Kaiserpfalz beinhalte auch zwei Programme zur Städtebauförderung, die unabhängig von Hotel- und Stadthallenplanungen fortgesetzt würden. Dies betreffe insbesondere die Sanierung der Grünflächen um die Kaiserpfalz.

Als Zwischenlösung auf dem Areal für Hotel und Stadthalle wolle die Stadt – wie bereits angekündigt – die ehemaligen Parkplätze auf der Abbruchfläche des früheren Kasernengeländes auf beiden Ebenen wieder herrichten und freigeben.

Gibt es andere Investoren?

Bei viel Lob und Dankbarkeit gibt es aber auch nachdenkliche und mahnende Töne in der Diskussion um das Kaiserpfalzquartier. Die CDU fordert mehr Initiative im Rathaus: „Um es salopp zu formulieren: Frau Oberbürgermeisterin, bitte übernehmen Sie den klaren Handlungsauftrag mit höchster Priorität“, sagt CDU-Stadtverbandsvorsitzender Mario Hoffmeister.

Spannung herrscht zudem, ob sich denn neue Investoren finden – und welche Erwartungen sie hegen. Gibt es jemanden, der das gesamte geplante Ensemble übernimmt? Oder bieten sich möglicherweise Interessenten für einzelne Vorhaben an – Hotelbetreiber, Parkhausbetreiber, Eventmanagement für die Stadthalle? Das wiederum würde zusätzliche strategische Abstimmungen erfordern.

Und wie steht es um die politische Tragfähigkeit? Denn nach den interfraktionellen Gesprächen und der internen Ratsinformation sei längst nicht alles eitel Sonnenschein: „Wir haben noch lange keine breite Mehrheit“, sagt ein Insider.

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