Wie Schlagerstar Udo Jürgens auf Bilder vom Goslarer Pancket kommt
Koch Hermann Heger (l.) präsentiert 1976 „Kaiserworth“-Hotelier Johannes Mühlenkamp, Sänger Udo Jürgens, Oberbürgermeister Helmut Sander und Ehrengast Klaus Schütz das Wildschwein, das später auf der Tafel landen sollte. Foto: Ahrens-Archiv
Das Goslarsche Pancket gibt es seit 1967. Es hat viele prominente Ehrengäste erlebt. Warum Schlagerstar Udo Jürgens auf alten Fotos auftaucht, wusste selbst die Stadt Goslar nicht. Er erhielt 1981 den Lincke-Ring, war aber nie Ehrengast.
Goslar. Als Goslars Ehrenbürger Hans-Joachim Tessner am 19. Dezember die Hotels „Kaiserworth“ und „Brusttuch“ kauft, begründet er diesen Schritt unter anderem auch mit vielen schönen persönlichen Erinnerungen. So habe in der „Kaiserworth“ die Geburtsstunde des Goslarschen Panckets geschlagen – mit der Idee, Speisen nach alten Rezepten aus dem „New Kochbuch“ des „Churmeintzischen Mundtkochs Marxen Rumpolt“ aus dem Jahr 1581 zuzubereiten. Das Werk hatte sich in der Sammlung befunden, die mit dem früheren Konsul Walther Adam ein anderer Ehrenbürger der Stadt vermacht hatte.
Goslars Oberbürgermeister Hermann Pfaffendorf (CDU) eröffnet das erste Pancket und begrüßt Ehrengast Otto Bennemann (rechts von Pfaffendorf und neben Oberstadtdirektor Helmut Schneider). Aufmerksamer Zuhörer ist auch Hotelier Johannes Mühlenkamp (vorn rechts). Foto: Ahrens-Archiv

Ein Schlagerstar unter Mittelalter-Musikern: Udo Jürgens ist immer mittendrin. Foto: Ahrens-Archiv
Wieso Udo Jürgens?
Merkwürdig nur: Auf diesen Aufnahmen ist auch der unvergessene Schlagerstar Udo Jürgens zu sehen. Der Musiker, der an Weihnachten vor zehn Jahren gestorben ist, hatte zwar im November 1981 den Hahnenkleer Paul-Lincke-Ring erhalten. Aber Gast beim Goslarschen Pancket? Bei der Stadt Goslar wusste auf Anfrage niemand Rat. Beckmann selbst wurde fündig: Als Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Schütz 1976 Pancket-Ehrengast war, hatte Goslar gerade in diesem Jahr die Patenschaft für die Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ übernommen. Jürgens war mit Lotterie-Erfinder Jürgen Richert angereist, dem die Idee zur Lotterie wenige Jahre zuvor auf dem Molkenhaus in Bad Harzburg gekommen war.

So fängt alles an: Zum ersten Pancket 1967 soll sich das „Kaiserworth“-Hoteliersehepaar Mühlenkamp die silbernen Kerzenleuchter aus dem Goslarer Museum geliehen haben. Foto: Ahrens-Archiv

Startschuss im Jahr 1967: Beim ersten Pancket ist Niedersachsens Innenminister Otto Bennemann Ehrengast in der „Kaiserworth“. Zur Tradition gehört das Rauchen von Tonpfeifen nach dem Essen. Foto: Ahrens-Archiv
Adenauers Tod
Nicht so schön: Auch der Start des Goslarschen Panckets hatte mit Adenauer zu tun. Weil der Altbundeskanzler am 19. April 1967 im Bad Honnefer Stadtteil Rhöndorf im hohen Alter von 91 Jahren starb, verschoben die Goslarer Verantwortlichen die Premiere um eine Woche. Die Absage erfolgte zeitig am Nachmittag. Weil jedoch der Club „Kochender Männer in der Bruderschaft Marmite“ schon frühzeitig gebraten und gebrutzelt hatte, heißt es in Erinnerungen der früheren GZ-Lokalchefin Dr. Ursula Müller, hätten sich „einem Gerücht zufolge hinter zugezogenen Gardinen Frauen und Männer der schreibenden Zunft heimlich und ungezügelt den Gaumenfreuden hingegeben haben“. Eine Woche später wurde es offiziell mit dem Pancket. Erster Ehrengast war Niedersachsens Innenminister Otto Bennemann.
Mit weißem Gepfiff
Beim ersten Pancket leisteten die genannten Amateur-Köche laut Müller Herausragendes und holten sich die seltenen Gewürze aus der Apotheke. Was gab es zu essen? Die Gänge hatten vielsagende Namen: „Aus einer Forelle Karpfen machen“, „Torteletten von der Hennenbrust“ und „Ochsenrücken am Spieß auf weißem Gepfiff“. Letztes war übrigens ein köstlicher Kartoffelersatz, weil 1581 ganz Europa noch kartoffelfrei war: aus Nusskernen und Mandeln zubereitet, „mit einer Knoblauchzehe gewürzt und einem weißen Wecken eingeweicht und in einer guten heißen Hennenbrühe ohne Fett darauf gestreckt“. „Wir möchten aus dem Schmaus etwas Institutionelles werden lassen, auch wenn wir nicht gleich ein Gegenstück zur Schaffermahlzeit in Bremen anstreben“, verkündete Goslars damaliger Oberstadtdirektor Helmut Schneider und verriet das Vorbild. Das gelang – mit jeder Menge prominenter Ehrengäste. Aber nicht alle Traditionen hielten durch.

Kunstvolle Gestaltung: Die Pancket-Speisenkarte von 1968 ist ebenfalls erhalten. Foto: Ahrens-Archiv