„200 Jahre Abwesenheit“: Neues Buch über den Goslarer Dom

Günter Piegsa und Helmut Liersch (v.r.) bringen die ersten Exemplare ihres neuen Buchs über den Goslarer Dom an die Leserschaft. Foto: Roß
Der Goslarer Dom verschwand vor über 200 Jahren. Doch zwei Autoren haben nun ein Werk veröffentlicht, das viele Perspektiven beleuchtet. Sie zeigen, was vom Dom noch übrig ist – und wie es zum Abriss kam.
Goslar. Den Goslarer Dom gibt es zwar schon seit mehr als 200 Jahren nicht mehr. Doch er fasziniert viele Menschen nach wie vor. Günter Piegsa und Helmut Liersch haben im vollbesetzten Wintersaal der Kaiserpfalz ihr neues Buch zum früheren Sakralbau vorgestellt. Es trägt den Titel „Der Goslarer Dom. 200 Jahre Abwesenheit“. Herausgegeben wird es als Band 63 der Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar von ebenjener gemeinsam mit dem Geschichtsverein. Im Handel kostet das Buch 34 Euro.
Auf 364 Seiten haben beide Autoren in fünf Jahren Arbeit viele Perspektiven auf die Stiftskirche St. Simon und Judas beleuchtet, wie der ab 1820 zum Abriss freigegebene Dom offiziell hieß.
Wie kam es zum Abriss?
Heute deutet nur noch die erhaltene Vorhalle am Domplatz an, was für ein beeindruckendes Bauwerk dort einst gestanden hatte – mit einer Länge von gut 70 sowie einer Breite und Turmhöhe von rund 30 Metern. Wie kam es eigentlich zu dieser Abriss-Genehmigung, die aus heutiger Sicht wie ein unverzeihliches Sakrileg wirkt? Diese Frage sei nie fundiert aufbereitet worden, erläuterte Piegsa bei der Buchvorstellung. Vielmehr habe es über die Jahrzehnte und Jahrhunderte vor allem „tendenziöse Deutungen“ zum Verschwinden der Stiftskirche gegeben, die etwa 800 Jahre in direkter Nachbarschaft zur Pfalz stand. Es habe ein „15-jähriges Ringen um den Dom“ gegeben, fasste Piegsa seine Erkenntnisse zusammen.
Die beiden Autoren haben sich auf Spurensuche begeben und nach Resten vom Goslarer Dom gesucht, die bis heute erhalten sind. Sie sind an vielen Stellen fündig geworden, in alten Bauplänen, in Gärten, an Hausfassaden – nicht nur in Goslar – oder in Museen und Kirchen.
Die Ergebnisse der Schnitzeljagd
Die Ergebnisse ihrer Schnitzeljagd haben Piegsa und Liersch auf einem Grundriss des Doms detailliert zusammengefasst, der zeigt, an welcher Stelle die Gegenstände früher gestanden haben. „Das Buch hat nicht nur 364 Seiten, sondern fast genauso viele Bilder“, betonte Liersch. Zu sehen sind Abbildungen von wichtigen Entscheidungsträgern zur Abbruchzeit, von Urkunden, Gemälden, Bauzeichnungen, Schriftstücken, aber auch Fotografien heutiger Ruinen und Relikte, die mit der Stiftskirche in Verbindung stehen.
Ein weiteres Kapitel des Buchs befasst sich mit der städtebaulichen Entwicklung des Bezirks nach dem Kirchenabriss, dem Bau der Domkaserne 1832 und den folgenden Militäreinrichtungen, die Goslar zur Garnisonsstadt machten und ab 1972 zum Standort des Bundesgrenzschutzes.
Was passiert mit dem Quartier?
Die Nachnutzung ist heute wieder ungewiss, seit sich die Tessner-Gruppe aus dem Projekt Kaiserpfalzquartier zurückgezogen hat. Insofern war das Grußwort von Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner bemerkenswert. Sie räumte ein, dass sie den Termin zur Buchveröffentlichung zunächst absagen wollte. Schließlich hatte auch der Geschichtsverein jene Presseerklärung unterschrieben, die Hans-Joachim Tessner vor vier Wochen zum Anlass nahm, sich vom Projekt zu verabschieden.
Am Ende habe sie sich aber anders entschieden. Schwerdtner warb noch einmal für das „Jahrhundertprojekt“, das nach wie vor eine Perspektive habe. Das Kaiserpfalzquartier sei „mehr als Hotel und Stadthalle“, sagte die Verwaltungschefin und machte sich stark für ein konstruktives Miteinander auf dem weiteren Weg: „Wir sind verpflichtet, die Zukunft zu gestalten.“
Sieglinde Bauer und Wolfgang Korth (l.) werden von Günter Piegsa als neue Ehrenmitglieder des Geschichtsvereins ausgezeichnet. Foto: Roß
Piegsa zeichnete als Vorsitzender des Geschichtsvereins noch zwei verdiente Mitglieder aus: Sieglinde Bauer und Wolfgang Korth wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt.
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