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Haushalt 2025

GZ Plus IconIn Goslar soll jeder Euro umgedreht werden

Millionenschwere Defizite in den kommenden Jahren zwingen die Stadt Goslar zu Einsparungen.

Millionenschwere Defizite in den kommenden Jahren zwingen die Stadt Goslar zu Einsparungen. Foto: Oliver Berg/dpa

In den kommenden Jahren drohen dicke Minusbeträge im Goslarer Haushalt. Die Stadt muss sparen und hat nun einen Fahrplan vorgelegt, bei dem ab 2025 sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand kommen.

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Von Hendrik Roß
Donnerstag, 21.11.2024, 10:00 Uhr

Goslar. Wenn Geld in der Stadtkasse fehlt, müssen Verwaltungen aktiv werden. Laut Kommunalverfassung sind sie dazu verpflichtet, ein Konzept aufstellen, um den Haushalt auszugleichen. Die Stadt Goslar will für 2025 aber darauf verzichten. Die GZ hat sich die Zahlen für das kommende Jahr genauer angeschaut.

Was bedeutet Haushaltssicherung?

Wenn Kommunen mit ihrem Haushalt im Minus landen, müssen sie ein Papier erstellen, das aufzeigt, wie sie aus den roten Zahlen wieder herauskommen und in Zukunft nicht wieder hineinrutschen. Das Konzept muss laut Ausführungen der Stadtverwaltung festlegen, innerhalb welcher Zeiträume und mit welchen Maßnahmen ein Haushaltsausgleich erreicht und das Entstehen eines neuen Fehlbetrags vermieden werden können. Insbesondere die freiwilligen Leistungen würden da in den Vordergrund rücken, da bei vielen Pflichtaufgaben eine Einsparung nicht im geforderten Maß möglich sei. Dies hätte zur Folge, dass viele freiwillige Leistungen der Stadt nicht mehr oder nur noch teilweise umgesetzt werden.

Was sagen die Zahlen in Goslar?

Die Stadt Goslar rechnet für 2025 mit einem Minus von neun Millionen Euro, mit steigender Tendenz in den Folgejahren. 2028 werden nach aktuellen Schätzungen fast 15 Millionen Euro fehlen. Für das laufende Jahr liegt die Prognose bei einem Minus von 12,1 Millionen Euro.

Warum will die Stadt kein Sicherungskonzept?

Trotz des zu erwartenden millionenschweren Fehlbetrags will die Stadt Goslar für das Jahr 2025 kein Sicherungskonzept für den Haushalt aufstellen. Denn das würde die Handlungsfähigkeit enorm einschränken, so die Befürchtungen im Rathaus. Die Kommunalverfassung macht diesen Schritt möglich: So müsse kein Sicherungskonzept für den Haushalt aufgestellt werden, wenn die Folgen des Ukraine-Kriegs für die roten Zahlen in der Kämmerei verantwortlich sind. Laut Stadtverwaltung sei dies für das Jahr 2025 genauso nachweisbar wie bereits 2024. Auch im laufenden Jahr verzichtete man mit der gleichen Begründung auf ein Sicherungskonzept – obwohl ein achtstelliges Haushaltsminus erwartet wird.

Durch die gesetzliche Ausnahmeregelung sollen Kommunen in die Lage versetzt werden, auch „in Extremlagen“ handlungsfähig zu bleiben, „um sowohl die Wirtschaft, als auch die Bürgerinnen und Bürger finanziell stützen zu können“. Außerdem legt die Stadt große Spar-Hoffnungen in die bereits vorliegende Organisationsanalyse der Goslarer Verwaltung, die in ein Sicherungskonzept für 2025 nicht mehr ausreichend integriert werden könnte.

Welche Kosten sind gestiegen?

Aktuell laufen die Haushaltsberatungen für 2025. Die Goslarer Lokalpolitik erarbeitet Vorschläge, wie die Stadt sparen oder die Einnahmen erhöhen kann. Um zu demonstrieren, welche Kosten seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs besonders stark gestiegen sind, hat die Verwaltung eine Liste erstellt, die am 26. November im Finanzausschuss diskutiert wird. Demnach sind die Personalkosten zwischen 2022 und 2025 durch Tariferhöhungen um mehr als 6,5 Millionen Euro angestiegen, die Kreisumlage um fast 3,3 Millionen Euro, der Zuschuss für das Kita-Personal der freien Träger um 1,4 Millionen Euro und der Energiepreis für das Goslarer Gebäudemanagement um eine Million Euro.

Wo will die Stadt sparen?
Die Kämmerei erläutert, dass bereits bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 2025 der Rotstift massiv angesetzt wurde. Das ursprünglich zu erwartende Minus von 15 Millionen Euro sei so schon auf neun Millionen reduziert worden. Das Defizit wäre damit schon einmal geringer als 2024. Trotzdem soll das kommende Jahr dazu genutzt werden, „die Ausgabenseite einer noch kritischeren und tiefergehenden Betrachtung“ zu unterziehen. Während ein Sicherungskonzept für den Haushalt konkrete Punkte festlegen würde, an denen gespart wird, will die Stadtverwaltung in der Arbeitsgruppe Finanzen einen Prozess starten, bei dem auf sämtliche freiwilligen Leistungen und Pflichtaufgaben geschaut wird. Auch hier legt die Stadt große Hoffnungen auf die Organisationsanalyse, die kommendes Jahr Schritt für Schritt umgesetzt werden und Einsparmöglichkeiten aufzeigen soll. „Auch eine Betrachtung von Standards erscheint notwendig“, macht die Verwaltung deutlich. Die freiwilligen Leistungen machen 6,2 Prozent der Aufwendungen im Haushaltsplan 2025 aus. Im Vorbericht wird jedoch erwähnt, dass einige Kommunalaufsichten davon ausgingen, dass ein Anteil von drei Prozent bei „konsolidierungsbedürftigen Kommunen“ nicht überschritten werden sollte.

Wo will die Stadt mehr Geld einnehmen?
Die Zeiten der immer höher sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen sind wohl vorbei. Für 2025 rechnet die Kämmerei mit einem Minus von 1,1 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Die neu berechnete Grundsteuer B bringt den Planungen nach etwa 832.000 Euro mehr in die Kasse. Insgesamt steigen die erwarteten Erträge gegenüber 2024 sogar um rund 3,5 Millionen Euro. Weitere Möglichkeiten, an dieser Schraube zu drehen, schließt die Stadt „nahezu“ aus. Ab 2026 drohen zudem neue millionenschwere Finanzierungslücken durch die Verringerung der Schlüsselzuweisungen durch das Land.

Wie geht es weiter?

Am 26. November berät der Finanzausschuss über den Haushalt 2025. Bis dahin haben die Ratsmitglieder Zeit, Änderungswünsche einzubringen, über die diskutiert und abgestimmt wird. Am 10. Dezember kann der Rat den Haushalt beschließen. Dann wird auch darüber entschieden, ob die Stadt auf ein Sicherungskonzept zunächst verzichten soll. Der stattdessen angestrebte „Konsolidierungsprozess“ soll Ergebnisse liefern, die in ein Haushaltssicherungskonzept 2026 münden könnten. Ob ein solches Papier wirklich notwendig sein wird, werde sich aber erst zeigen, wenn der Haushaltsplan für 2026 erstellt wird und weiterhin von roten Zahlen geprägt ist.

Die Stadt Goslar hat bereits Erfahrungen mit Sicherungskonzepten für Minus-Haushalte. Es ist aber schon etwas her: Zuletzt gab es so ein Papier im Jahr 2012 – ohne dass es wirklich viel geholfen hätte. Dann galt der Zukunftsvertrag im Zuge der Fusion mit der Stadt Vienenburg, der ohnehin strenge Konsolidierungsvorgaben enthielt. Außerdem schaffte es die Stadt, zwischen den guten Jahren 2012 und 2022 mindestens ausgeglichene Haushalte aufzustellen, weil das Land mit rund 45 Millionen Euro zur Entschuldung beitrug und Liquiditätskredite lange zu einem Fremdwort machte.

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