Bildungspolitik: Goslars Grundschulspitzen kündigen Mitarbeit auf
Grenzen gesprengt: Die Goetheschule soll nach Willen der Ratsmehrheit zusammen mit Jürgenohl- und Schillerschule künftig einen gemeinsamen Schulbezirk bilden. Foto: Epping (Archiv)
Die Enttäuschung über den Ratsbeschluss zur Abschaffung von Schulgrenzen sitzt tief: Die zehn Goslarer Grundschulspitzen melden sich mit einem Paukenschlag aus den Ferien zurück und kündigen die Mitarbeit bei der Schulentwicklungsplanung auf.
Goslar. Wenn sich die Arbeitsgruppe Schulentwicklungsplanung am 20. August um 16 Uhr im Mach-mit-Haus am Marktplatz zur ersten Sitzung nach der Sommerpause trifft, macht eine Gruppe nicht mehr mit. Die zehn Goslarer Grundschulspitzen melden sich mit einem Paukenschlag aus den Sommerferien zurück und kündigen ihr Mitwirken auf. Zu tief sitzt offenkundig der Stachel, dass eine knappe Ratsmehrheit aus CDU, Grüner Partei 42, Linken, AfD, Bürgerliste und dem fraktionslosen Niklas Prause am 24. Juni gegen ihre einstimmige Expertise – und übrigens auch gegen die Voten der Elternvertreter – für ein Aufheben der Grundschulgrenzen von Schiller-, Goethe- und Jürgenohlschule gestimmt hat.
Das Schreiben, das der GZ vorliegt, ging per Mail am Freitagvormittag an die Stadtverwaltung. Aus ihm spricht eine gehörige Portion Enttäuschung, aber auch der Wunsch, unverblümt wissen zu wollen, welche Kriterien die Politik in Bildungsfragen eigentlich ansetzt. „In der Vergangenheit haben wir als Schulleitungen mit großem Engagement an diesem Gremium teilgenommen – in der Überzeugung, dass bildungspolitische Entscheidungen den fachlichen Dialog suchen und auf pädagogischer Expertise fußen sollten“, leiten die Rektorinnen ein. Sie hätten ihre Aufgabe stets darin gesehen, diesen Prozess verantwortungsvoll zu begleiten und im Sinne der Kinder konstruktiv mitzugestalten.
Bis auf Weiteres draußen
„Aktuell jedoch haben wir uns gemeinsam dazu entschlossen, unsere Mitarbeit in der Arbeitsgruppe bis auf Weiteres ruhen zu lassen“, heißt es weiter. Die Entscheidung sei nicht Ausdruck mangelnden Interesses. Im Gegenteil: Themen rund um Bildung und Familie seien ihnen unverändert ein zentrales Anliegen. „Vielmehr haben politische Beschlüsse – zuletzt jene zur Neufestlegung der Schulgrenzbezirke – bei uns den Eindruck hinterlassen, dass fachliche Erwägungen zunehmend in den Hintergrund treten“, ist die Gruppe überzeugt „Vielmehr hatten wir den Eindruck, dass sich die Gewichtung der Entscheidungsparameter irgendwo zwischen Parteitaktik, historisch gewachsenen Beziehungsgefügen und der Kunst politischer Mehrheitsbildung bewegt hat“, schreiben sie weiter. „Diese – von uns wahrgenommenen – Entwicklungen erschweren es uns, den eigenen Beitrag als sinnstiftend und wirksam zu empfinden“, lautet das Fazit.
Ihre zeitlichen und unentgeltlich privat zur Verfügung gestellten Ressourcen wollten die Leiterinnen der Grundschulen lieber weiterhin gezielt in schulische Vorhaben und Bildungsinitiativen investieren: „Dort, wo pädagogische Expertise aktiv gefragt ist und spürbar wirken kann. Wir sind überzeugt, dass unser dort eingebrachtes Engagement aktuell den größeren Nutzen entfalten wird.“
Kein Abwenden vom Dialog
Diese Entscheidung soll nicht als Abwendung vom politischen Dialog, sondern als Fokussierung mit der Perspektive verstanden werden, später zurückzukehren – idealerweise dann, wenn Expertise nicht nur höflich begrüßt, sondern wirklich gewünscht, aktiv eingeholt und auch berücksichtigt werde. Und noch eins ist angemerkt: „In der letzten Zeit hatten wir vermehrt den Eindruck, dass der Ton von Einzelnen in den Sitzungen – auch uns gegenüber – eine Richtung eingeschlagen hat, die nur noch schwer mit unserem gelebten Selbstverständnis von gegenseitiger Wertschätzung, Respekt und lösungsorientierter Kommunikation vereinbar ist.“ Es möge sein, dass eine gewisse Gesprächsverknappung oder ein schärferes Vokabular in politischen Runden zum guten Ton gehörten – in pädagogischen Teams hingegen würden andere Spielregeln gelten.
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