Gordana Prade und ihr außergewöhnlicher Weg ins Pfarramt

Im Pfarrhaus Bettingerode hat Diakonin Gordana Prade ihr Amtszimmer. Foto: Nachtweyh
Gordana Prade wurde in der DDR atheistisch erzogen und fand als Heranwachsende den Weg zum Glauben. Jetzt, im Alter von 50 Jahren, leitet sie als Diakonin zwei Gemeinden im Harz.
Bettingerode/Westerode. Der Wissensdurst und die Lust am Lernen ziehen sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. „Ich war immer neugierig“, sagt Gordana Prade. Gerade hat sie, kurz nach ihrem 50. Geburtstag im Sommer, einen neuen Lebensabschitt begonnen und als Diakonin die Leitung der Kirchengemeinden Bettingerode/Westerode und Lochtum übernommen. Im GZ-Gespräch erzählt sie von ihrem außergewöhnlichen Lebensweg und den ersten Erfahrungen im neuen Amt.
Nach fünf Jahren Vakanz war die Pfarrstelle für die beiden Gemeinden im Juli mit Gordana Prade neu besetzt worden, seitdem ist sie als Diakonin auch mit den Aufgaben einer Pfarrperson betraut – ein Präzedenzfall für die Landeskirche Braunschweig (GZ berichtete).Propstei Bad Harzburg
Neues Modell für die vakante Pfarrstelle in Bettingerode/Westerode
Ins Pfarramt zu gehen, war eigentlich nicht mein Plan
Gordana Prade
Mit 50 Jahren hat Gordana Prade bereits viele berufliche Stationen absolviert: Kauffrau, Lehrkraft, Chorleiterin und theologische Dozentin. Zuletzt hatte die Lochtumerin bei der Evangelischen Stiftung Neinstedt als Ausbilderin für angehende Diakone gearbeitet. „Ich war wirklich zu hundertzehn Prozent Lehrerin“, sagt sie schmunzelnd. Auch das 2018 begonnene und im Sommer abgeschlossene Theologie-Fernstudium an der Universität Luzern war auf diesen Lehr-Job ausgerichtet. Die Frage, die sie im Vorfeld ihrer Bewerbung bei den Landeskirche Braunschweig daher am meisten beschäftigt habe, sei gewesen: „Werde ich glücklich sein, wenn ich nicht mehr unterrichten kann?“, sagt Gordana Prade. Denn: „Ins Pfarramt zu gehen, war eigentlich nicht mein Plan“.
Glaube musste wachsen
Nun sitzt sie in ihrem Amtszimmer im Bettingeröder Pfarrhaus und blickt zurück. Weiter zurück als nur auf die vergangenen beiden Jahre einer Entscheidungsfindung, die auf auf allen Seiten Geduld gefordert hat. Aufgewachsen ist Gordana Prade in der DDR, in einem atheistischen Haushalt. Mit der Kirche hatte ihre Familie so gar nichts am Hut. Dabei wäre sie als Mädchen gern wie andere Kinder zur Christenlehre gegangen, erinnert sie sich. Der Glaube habe wohl schon damals eine gewisse Faszination auf sie ausgeübt, überlegt sie heute. Als Heranwachsende hat sie sich dann der Religion auf verschiedenen Wegen genähert, mit 32 Jahren ließ sie sich taufen. Aber auch damals „war weder geplant noch erdacht, dass mein Berufsweg sich so entwickeln würde“, meint Gordana Prade.
Ende August wird Gordana Prade in der Westeröder Kirche offiziell in ihr Amt eingeführt. Foto: Nachtweyh/Archiv
Nicht zuletzt hätte auch ihr Glauben erst einmal wachsen und sich bewähren müssen. Vielleicht sei es jetzt tatsächlich die richtige Lebensphase für diesen Schritt gewesen, überlegt die Diakonin, die auch weiterhin wird lernen müssen. Im Frühjahr beginnt für sie die Ausbildung zur Pfarrverwalterin, nach deren Abschluss wird sie als Pfarrerin übernommen. Ihre beruflichen Stationen betrachtet sie als großen Vorteil für die vielen Anforderungen an eine Pfarrperson. Und dennoch habe sie in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit noch unheimlich viel hinzugelernt, sagt Prade. Die Sommerwochen ganz zu Beginn seien eine „wertvolle Zeit des Ankommens“ gewesen, mit Kontakten und Begegnungen.
Ein Türchen im Advent
Die größte Herausforderung? „Die Kurve zu kriegen vom Ehrenamt zum Hauptamt“, sagt Gordana Prade ohne lange überlegen zu müssen. Weiterhin mit den gleichen Menschen wie vorher zu tun haben, sei auf alle Fälle von Vorteil. Doch ihre Rolle in der direkten Zusammenarbeit beispielsweise mit den Kirchenvorständen habe sie zunächst neu definieren und finden müssen, „da muss man auch ab und zu mal nachjustieren“, räumt die 50-Jährige ein.
Für die gute Kooperation mit den Ehrenamtlichen ist Gordana Prade mehr als dankbar, zusammen wurden Ideen für künftige Vorhaben entwickelt: regelmäßige Gespächsabende zu verschiedenen Themen, die Konfirmanden sollen mehr ins Gemeindeleben integriert werden, Neujahrempfang und Segnungsgottesdienst am Valentinstag sind geplant, Kindergottesdienste und die Osternacht werden wieder aufleben, erstmals soll es einen Ehrenamtstag an Johanni geben. Und schließlich wird sich auch beim Lebendigen Adventskalender dieses Jahr wieder ein Türchen am Pfarrhaus in Bettingerode öffnen.
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