Goldener Ton: Starke Momente mit Sven Regener und Leander Haußmann
Goldener Ton: Sven Regener ist der erste Ringträger des neuen Musikpreises. Foto: Neuendorf
Sven Regener hat den ersten Goldenen Ton erhalten. Der Musikpreis der Stadt Goslar wurde ohne Störungen verliehen und hatte starke Momente.
Premiere für den Goldenen Ton
Sven Regener bringt Leander Haußmann mit nach Hahnenklee

Dem Publikum gefällt die Feierstunde: Mit 220 Gästen ist der abgeteilte Hahnenkleer Kurhaussaal voll. Foto: Neuendorf
Erinnerung an verfolgte Künstler
„Den Sportpalastwalzer spielen wir daher insbesondere auch im Gedenken an die verfolgten Künstlerinnen und Künstler, deren Leben in der Zeit des Nationalsozialismus durch politische Willkür zerstört worden ist“, sagt Schwerdtner. Eine starke Botschaft, aber auch vergleichsweise harter Tobak zum Start in eine Veranstaltung, die anders ist als sonst. Die anders sein muss als sonst. Wo früher ausführlich an Lincke erinnert und dessen Liedgut gespielt wurde, garnieren Patrick Baumann, Ansgar Ruppert, Bogdan Izdebski und Barbara Töppel jetzt Medleys aus Songs von Regeners Band Element of Crime. Wie der Beifall kündet: Das kommt bestens an.
Welch eine Laudatio: Leander Haußmann spricht launig über Sven Regener und sich selbst Foto: Neuendorf
Preisverleihung in Hahnenklee
Paul Lincke, Lili Marleen und die Geschichte(n) eines Musikpreises
„Kennst ja Sven“
Über Zufälle lernen sich der in Quedlinburg geborene Berliner Haußmann und der in Bremen aufgewachsene Regener kennen, weil Leadsänger Ray Davies von The Kinks für ein Projekt absagt. „Ein Glücksfall“, ist Haußmann heute überzeugt. Obwohl und weil Regener „der beste Nein-Sager aller Zeiten“ sei. Hahnenklee, Goslar und alle Paul-Lincke-Freunde haben das gerade erlebt. Der „wandelnde kantsche kategorische Imperativ“ verfüge über einen klaren moralischen Kompass und widersetze sich jedweder Bevormundung. „Du bist ein Gesamtkunstwerk, wenn auch möglicherweise ein postmodernes“, sagt Haußmann an Regener gewandt. Der Typ „Kennst ja Sven“. Wo sich manche Menschen vielleicht wundern, bleibe er standhaft. Oder stur? Auf jeden Fall aufrecht und gerade. Gegenreden hilft nicht. Denn: „Kennst ja Sven“.
Und bevor es (zu) ernst im Saal wird, verrät Haußmann, was ihm bei offiziellen Reden so durch den Kopf geht. Nachdem er gerade von drei Trauerreden auf ein und dieselbe Person komme, herrsche dort der Gedanke vor: „Ein Glück, dass es dich nicht erwischt hat.“ Bei Preisen sieht das völlig anders aus. „Warum habe ich den nicht gekriegt?“, lautet die erste Frage. Und das, wo Haußmann doch Schmuckträger sei und sich jetzt einen so schönen Ring wie den Goldenen Ton wohl selbst kaufen müsse. „Ich schaue neidisch auf den Talent“, sagt Haußmann – und überlässt die Bühne Schwerdtner und Regener.Goslarer Musikpreis in Hahnenklee
Goldener Ton: Auch der Saal heißt nicht mehr nach Paul Lincke
Exakt um 14.58 Uhr steckt der erste Goldene Ton an der linken Hand von Sven Regener. Schwerdtner darf ihn einem der „vielseitigsten Kunstschaffenden Deutschlands“, einem „Multitalent zwischen Musik und Literatur“ – ausgerechnet auf den Mittelfinger ziehen. Was mit hundertprozentiger Sicherheit keinen Symbolwert hat. Der Ausgezeichnete spricht mit großem Wohlwollen von einem „Hammerring“, den er stellvertretend für die Gesamtbesetzung von Element of Crime in Empfang nehme („die Band, in der ich singen durfte“). Den Namen Goldener Ton finde er insbesondere auch deshalb gut, weil sie ihm in Bezug auf seine Stimme sehr schmeichle und bestärke – gute Gefühle eben.
„Kleet kein Hahn mehr nach“
Und das Umbenennen des Preises? Er finde, Goslar und Hahnenklee hätten das sehr gut gemacht. Es gehe ihm aber auch überhaupt nicht darum, über Paul Lincke, dessen Musik und Leben den Stab zu brechen. Die „Berliner Luft“? Völlig okay, das Stück zu spielen. Aber einen nach Lincke benannten Preis annehmen? Das habe er eben nicht gewollt und nicht gekonnt. Er habe sich leider erst richtig informiert, als er den Preis schon angenommen hatte, wie er zuvor auf der Pressekonferenz erklärt hatte. Er hätte aber auch keinen Johannes-R.-Becher-Preis oder Hans-Pfitzner-Preis angenommen. Wie andere Preisträger reagiert hätten, wenn sie es gewusst hätten? „Ich will das nicht kommentieren“, sagte Regner vor den Medien. Er sei sich aber sicher, sagte er und warnte vor einem Kalauer: „In ein paar Jahren kleet da kein Hahn mehr nach.“
Neue Klanginstallation im Kurpark: Der Programmpunkt mir Sven Regener und Goslars Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner fällt regenbedingt kurz aus. Foto: Neuendorf
Zurück zur Zeremonie: Als Schwerdtner auch noch einen Fresskorb als Geschenk für Regener aus den Kulissen zauberte, machte der erste Goldene-Ton-Ringträger der Historie humorvoll Schluss mit dem Kursaal-Geschehen: „Jetzt habe ich alles, jetzt können wir aufhören“. Draußen wartete bei Wind und Regen allerdings noch Regeners Verewigung in der neuen Klanginstallation im Kurpark. Wetterbedingt fiel die Zeremonie kurz, schmerzlos und nass aus, bevor es noch zu einem Abstecher in die Stabkirche ging. Und der Weg führte über den Paul-Lincke-Platz vorbei an der Paul-Lincke-Büste. Und zwar ohne Berührungsängste und ohne Störungen, wie sie im Vorfeld befürchtet waren. Protestaktionen blieben aus oder blieben jedenfalls unbemerkt.
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