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Anwalt wirft Sohn des Opfers Lüge vor

GZ Plus IconOkeraner Mordprozess: Befangenheitsantrag gegen Richter abgelehnt

Gerichtssaal mit Stuhlreihe rechts und geöffneter Tür im Mittelpunkt, und einem großen weißen Tisch links in einem Raum mit Holzboden und weißen Wänden. Mehrere Personen kommen zur Tür herein. Eine davon, die im Zentrum steht, hält sich eine rote Mappe vors Gesicht.

Verhandlung im Okeraner Mordprozess: Der Angeklagte wird in den Gerichtssaal geführt. Foto: Klengel

Im Okeraner Mordprozess ist der Befangenheitsantrag gegen den Richter vom Tisch. Der Anwalt spricht vom möglichen Suizid der Frau und zieht einen Guantanamo-Vergleich.

Von Corina Klengel Montag, 22.12.2025, 04:00 Uhr

Oker. Eigentlich sollte das Urteil gegen den 50-jährigen, zuletzt in Oker lebenden Familienvater, dem die Ermordung seiner Frau durch Anzünden vorgeworfen wird, am elften Verhandlungstag verkündet werden. Nun geht der Prozess vor dem Braunschweiger Landgericht in die Verlängerung. Was als positiv gesehen werden muss, hing doch am Vortag noch das Scheitern des Verfahrens im Raum.

Verteidiger Matthias Jochmann hatte einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden der Kammer, Richter Dr. Ralf-Michael Polomski, eingereicht. Dieser Antrag wurde am Donnerstag zurückgewiesen, was die Fortführung sicherte. Gründe für die Ablehnung wurden nicht bekanntgegeben.

Fünf von sechs Anträgen abgelehnt

Der Vorsitzende wies an diesem Tag darauf hin, dass die Kammer die Beweisaufnahme als beendet erachtet. Verteidiger Matthias Jochmann sah hingegen diverse Fakten als nicht hinreichend aufgeklärt an. Insgesamt stellte der Anwalt aus Goslar sechs Beweisanträge, von denen fünf an diesem Tag abgelehnt wurden. Die Entscheidung über Antrag Nummer sechs soll im Januar bekannt gegeben werden.

Dem Verteidiger geht es in seinen Beweisanträgen zum einen darum, die sehr belastende Aussage des ältesten Sohnes des Angeklagten als unwahr zu demaskieren. Des Weiteren verfolgt er die Theorie, dass die schwerstbehinderte Tochter das Feuer entzündet haben könnte.

Anwalt: Möglicher Selbstmord der Frau?

Mit einem weiteren Antrag zur Anhörung von Zeugen, will Jochmann die Möglichkeit in den Fokus rücken, dass die Ehefrau Suizid begangen haben könnte. Für die Selbstmord-Theorie führte Jochmann ins Feld, dass die behinderte Tochter durch ihre motorische Unruhe für starken Schlafmangel gesorgt habe, was die bereits zuvor gestresste Mutter zum Suizid trieb. Wortreich schilderte der Anwalt die Folgen von Schlafmangel und zitierte dabei Beobachtungen aus dem Gefangenenlager Guantanamo. Dieser Theorie wurde jedoch bereits durch den Brandsachverständigen eine Absage erteilt. Das Spurenbild passe nicht dazu, hatte dieser erklärt.

Auch der möglichen Täterschaft der schwerbehinderten Tochter widersprachen bereits eine Ärztin sowie sämtliche Familienmitglieder und Freunde der Familie. An diesem Tag machte auch die Kammer mit der Ablehnung des Beweisantrages deutlich, dass von einzelnen geglückten Handlungen der behinderten jungen Frau, etwa das Lösen eines Sicherheitsgurtes, nicht darauf geschlossen werden könne, dass sie auch ein Feuerzeug zu bedienen in der Lage sei.

Verteidiger treibt Zeugen zur Selbstverletzung

Einer der Anträge Jochmanns forderte das Anhören von Zeugen, die das impulsive Wesen des ältesten Sohnes sowie dessen Bereitschaft zum Lügen aufzeigen sollten. Der 22-Jährige fand seine noch brennende Mutter auf dem Rasen unterhalb des Schlafzimmerfensters, aus dem sie stürzte. Sie soll ihrem Sohn gesagt haben, dass der Angeklagte die Tat begangen habe.

Im Gerichtssaal war die Spannung zwischen dem Verteidiger und dem 22-Jährigen unübersehbar gewesen. Jochmann hatte mehrfach behauptet, dass der Zeuge lüge. Der 22-Jährige geriet bei der Befragung derart in Rage, dass er sich selbst verletzte. Am sechsten Prozesstag schlug er im Flur aus Wut gegen eine Metallbank. Seine Hand blutete. Er hatte vorher um eine Pause gebeten, war hinausgelaufen und prügelte auf die Bank ein, nachdem ihn Jochmann stundenlang in die Mangel genommen hatte. Danach hagelte es auch Kritik von der Kammer.

Kammer: Kein Zweifel an Glaubwürdigkeit

Mit der Begründung der Antragsablehnung zeigte die Strafkammer jedoch, dass sie bei dem Sohn kein Verhaltensmuster erkennt, das ihn als Zeugen unglaubwürdig mache. Ein Mangel an Impulskontrolle führe nicht zwingend zu einer unwahren Aussage, hieß es. Die Kammer wies an dieser Stelle darauf hin, dass der 22-Jährige sich trotz des ihm zustehenden Aussageverweigerungsrechtes zur Einlassung bereit erklärt und alle Fragen des Gerichtes geduldig beantwortet habe. Erst durch die Fragen des Verteidigers sei die Stimmung gekippt. Auch sah die Kammer bei der Aussage des jungen Mannes keine Belastungstendenz.

Der Zeuge schien von der Schuld des Vaters überzeugt, erklärte der beisitzende Richter Kubis. Gleichwohl habe er einzelne Fakten genannt, die für den Angeklagten positiv waren, und er habe auf belastende Ausschmückungen verzichtet. Das mache seine Aussage glaubwürdig.

Der Vorsitzende beschränkte nunmehr die Frist, in der weitere Beweisanträge gestellt werden können, bis zum nächsten Verhandlungstag am 5. Januar.

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