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Debatte um Stadthalle

GZ Plus IconRatajs Pläne befeuern Streit um Goslars Kaiserpfalzquartier

Blick auf das Pfalzquartier: Findet sich ein neuer Investor? Kann die Stadt die geplante Multifunktionshalle finanzieren? Die Meinungen im Rat gehen auseinander.

Blick auf das Pfalzquartier: Findet sich ein neuer Investor? Kann die Stadt die geplante Multifunktionshalle finanzieren? Die Meinungen im Rat gehen auseinander. Foto: Privat

Der Plan des Unternehmers Heiko Rataj für eine Event-Halle in Langelsheim heizt die Debatte um das Pfalzquartier in Goslar an. Findet sich ein Investor? Und ist die Stadthalle finanzierbar?

Von Von Jörg Kleine Mittwoch, 22.10.2025, 14:00 Uhr

Goslar. Die geplante Event-Halle in Langelsheim forciert die politische Debatte um die weitere Entwicklung im Kaiserpfalzquartier. Das Echo aus den Fraktionen im Goslarer Stadtrat ist höchst unterschiedlich.

Jüngste Pläne des Unternehmers Heiko Rataj, in Langelsheim auf der grünen Wiese eine Veranstaltungshalle für bis zu 1500 Besucher zu bauen, kamen für die meisten politischen Akteure in Goslar völlig unvermittelt. Den Aufschlag machte Sabine Seifarth, Sprecherin der Fraktion „Grüne Partei 42“, vor zwei Wochen. Sie habe erfahren, dass in Langelsheim eine Stadthalle gebaut werden solle, signalisierte Seifarth in einer Sitzung von Bau- und Wirtschaftsausschuss.

Eine öffentliche Stadthalle ist dort zwar nicht geplant, aber eine private Event-Halle, wie die GZ vorigen Samstag auf den Tisch brachte. Und das zeigt Wirkung in der laufenden Debatte um Hotel und Stadthalle im Kaiserpfalzquartier.

Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner und Erster Stadtrat Dirk Becker halten am Kurs fest, alsbald Baurecht für Hotel und Halle zu schaffen – um neue Investoren zu finden. Doch wie beurteilen die Fraktionen im Stadtrat die neue Situation?

SPD: Wollen das Pfalzquartier

Martin Mahnkopf

Martin Mahnkopf Foto: Hartmann

„Erstens dürfen wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“, betont SPD-Fraktionschef Martin Mahnkopf. In Langelsheim gehe es um eine kommerzielle Event-Halle. Die geplante Stadthalle in Goslar sei hingegen ein Projekt in öffentlich-privater Partnerschaft: kommerzielle Nutzung durch das Hotel, zur anderen Hälfte aber öffentlich für Bürger, Stadt, Theater, Vereine und Gruppen. „Wir haben nie eine Konzerthalle für 1500 Besucher neben der Pfalz geplant“, unterstreicht Mahnkopf. Die Stadthalle (500 bis 800 Besucher) solle vielmehr das Potenzial ausschöpfen, um Goslar als erlebnisreiches Weltkulturerbe zu stärken.

Die SPD-Fraktion bekräftigt deshalb, „dass wir das Pfalzquartier weiterhin wollen“, sagt Mahnkopf. Bis Frühjahr 2026 solle das Baurecht geschaffen werden, „damit wir schnellstmöglich zur Ausschreibung für Investoren kommen“.

Ähnlich bewertet das die CDU. Hat sich die Lage durch Ratajs Pläne in Langelsheim verändert? „Wir glauben, nein – und das in aller Deutlichkeit“, erklärt Fraktionschef Norbert Schecke. Mit Hotel und Halle im Pfalzquartier könne Goslar als Tagungsort an Attraktivität gewinnen – wie es die CDU vor geraumer Zeit schon thematisiert habe. „Antrieb für die Wirtschaft, Mehrwerte schaffen“, heißt Scheckes Devise.

CDU: Brauchen mehr Tempo

Ratajs Pläne befeuern Streit um Goslars Kaiserpfalzquartier
Die von Rataj geplante Veranstaltungshalle sei mit dem Projekt im Kaiserpfalzquartier kaum zu vergleichen, betont Schecke – und kehrt rhetorisch die Frage um: „Wollen wir eine vergleichbare Halle vor die Kaiserpfalz setzen?“

Allerdings seien die Pläne in Langelsheim „Wasser auf die Mühlen von Kritikern“ in Goslar, mahnt Schecke zugleich: „Die Verwaltung ist gefordert. Die Stadt muss einfach schneller werden.“ Die Union biete ein politisches Gipfeltreffen an, um gemeinsam zu sondieren, wie die Prozesse in Goslar künftig einfacher und schneller laufen könnten, sagt Schecke: „Sonst springen Investoren ab.“

Genau dieses Wasser auf den Mühlen spürt die Fraktion „Grüne Partei 42“, die das Vorhaben im Kaiserpfalzquartier äußerst kritisch sieht. „Nach unserer Ansicht muss das Ganze noch mal völlig neu gedacht werden“, betont Sabine Seifarth. Ob Lärmschutz, Parkplätze, Denkmalschutz oder Finanzen – vieles sei ungeklärt oder inzwischen anders zu beurteilen.

Grüne Partei 42: Alles neu denken

Sabine Seifarth

Sabine Seifarth Foto: Roß

Deshalb hat Seifarths Fraktion einen Änderungsantrag zum Baurecht im Kaiserpfalzquartier eingebracht. Sie fordert, kein Sondergebiet für Hotel und Veranstaltungshalle festzulegen, sondern das Terrain als „gemischte Baufläche“ auszuweisen. Damit solle eine Entwicklung im Pfalzquartier nicht verschwinden, sondern „viel offener“ werden: „Wir könnten dann Investoren auch mit vielen neuen Ideen gewinnen“, sagt Seifarth.

Linke: Pläne sind unrealistisch

Michael Ohse

Michael Ohse Foto: Heine

Diesem Antrag will auch die Linke zustimmen, erklärt Michael Ohse. „Wir sind der Meinung, dass die Stadt die Mehrzweckhalle ohnehin nicht finanzieren kann“, betont Ohse. Die letzten Kostenschätzungen seien drei Jahre alt. Trotz Landesförderung und eines millionenschweren privaten Zuschusses, den Hans-Joachim Tessner weiterhin zusagt, müsse die Stadt mit deutlich höheren Kosten rechnen, schätzt Ohse. Er spricht von 15 bis 20 Millionen Euro als Eigenanteil der Stadt für die Halle. Ohses Fazit: Auch ohne Ratajs Vorhaben „finden wir die Pläne im Kaiserpfalzquartier unrealistisch“.

Bürgerliste: Lange Fehlerkette

Henning Wehrmann

Henning Wehrmann Foto: Sowa

Wasser auf den Mühlen sieht ebenso Henning Wehrmann von der Bürgerliste. Ratajs Pläne werfen laut Wehrmann „ein bezeichnendes Schlaglicht auf das Kaiserpfalzquartier und die lange Kette von Fehlern, die seitens der Stadt dort von Beginn an gemacht wurden“. Event-Fachleute hätten frühzeitig darauf hingewiesen, dass eine Stadthalle „mit nicht einmal 600 Sitzplätzen“ für eine Stadt wie Goslar viel zu klein sei. Eine größere Halle wiederum sei im Pfalzquartier „nicht darstellbar“. Zudem habe ein neues Lärmschutzgutachten ergeben, dass ein Regelbetrieb der Halle nur bis 21.30 Uhr möglich sei.

Heiko Ratajs Kritik an zu starrem Denkmalschutz in Goslar und einer „Handvoll Nörgler“, die jede Idee torpedierten, weist Wehrmann ausdrücklich als Polemik zurück. Dennoch habe Rataj einen „wunden Punkt“ getroffen: Solche Veranstaltungshallen seien im Stadtzentrum nur unter erheblichen Auflagen möglich – „und gehören folglich an die Peripherie der Stadt.

Dirk Straten

Dirk Straten Foto: Privat

Skeptischer als zuvor beurteilt Dirk Straten (AfD) das Vorhaben im Kaiserpfalzquartier – gerade auch mit Blick auf eine mögliche Veranstaltungshalle in Langelsheim. „Ich sehe das sehr, sehr kritisch“, blickt Straten auf das Pfalzquartier, „und ich glaube auch nicht, dass die Stadt die finanziellen Mittel dafür hat.“
Niklas Prause

Niklas Prause Foto: Roß

Der unabhängige junge Ratsherr Niklas Prause steht hingegen eher bei den Befürwortern des Projekts. „Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass das Pfalzquartier weiterhin eine Zukunft hat.“ Aber man müsse aufpassen, dass sich durch die Pläne in Langelsheim keine Konkurrenzsituation ergebe. Ratajs Pläne seien derweil „aus dem Nichts gekommen“, sagt Prause.

„Wir müssen damit rechnen, dass die Pläne von Heiko Rataj Auswirkungen haben werden“, sagt FDP-Fraktionschef Christian Rehse. Sofern Rataj sein Vorhaben in Lan-gelsheim umsetzen könne, fügt Rehse an. Schließlich sei das Gelände auf der grünen Wiese an der Sophienhütte wegen der Bodenbelastung problematisch.

FDP: Klare Grenzen setzen

Christian Rehse

Christian Rehse Foto: Sowa

Beim Kaiserpfalzquartier fordert Rehse klare Kante: Eine Stadthalle sei nur finanzierbar in Verbindung mit einem Hotel. Aber jeder Investor werde dort auch eigene Ideen einbringen – wenn sich denn ein Investor finde. Marschroute der FDP: Die Stadt soll Bau- und Folgekosten für Halle und Parkplätze bis Ende Juni 2026 beziffern. Die Suche nach Investoren soll bis Ende 2027 begrenzt werden. Springt kein Investor an, soll der Bebauungsplan wieder aufgehoben werden. Bis auf Weiteres müsse auch der Parkplatz unterhalb der Kaiserpfalz bleiben. Rehses Fazit: „Wir können nicht einfach so weitermachen wie bisher.“

Das aber weist auch SPD-Fraktionschef Mahnkopf von sich. „Ich möchte ganz klar sagen: Wir sind sehr offen für neue Vorschläge für dieses Gebiet. Es muss nicht das Ensemble sein, was bisher geplant war.“

Norbert Schecke
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