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Zwei große Baumpflanzaktionen

GZ Plus IconUmweltminister: „Der Harz und die Welt sollen grüner werden“

Umweltminister Christian Meyer (3.v.l.) und andere Freiwillige lassen sich von Bergwaldprojekt Geschäftsführer Peter Naumann zeigen, wie man richtig Bäume pflanzt.

Umweltminister Christian Meyer (3.v.l.) und andere Freiwillige lassen sich von Bergwaldprojekt Geschäftsführer Peter Naumann zeigen, wie man richtig Bäume pflanzt. Foto: Schlegel

Zwei Pflanzaktionen, über 5000 junge Bäume und ein Umweltminister, der selbst zum Spaten griff: In Braunlage wurde am Wochenende wieder aufgeforstet. Doch ein Professor dämpfte die Euphorie und erklärte, warum Bäume nicht alles retten können.

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Von Holger Schlegel
Montag, 27.10.2025, 04:00 Uhr

Braunlage. Auch wenn es zu seiner politischen Herkunft passt: Als Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer am Samstagmorgen im Wald bei Braunlage verkündete, der Harz und die restliche Welt solle grüner werden, meinte er damit nicht das Grün seiner Partei, sondern das echte Grün. Das Grün, das sich aus vielen Wäldern in Europa verabschiedet hat. Am Samstag jedoch ist ein wenig davon in den Harz zurückgekehrt, nämlich in Gestalt von mehr als 5000 Bäumen. Gepflanzt wurden sie bei gleich zwei Aktionen, bei denen Meyer jeweils Gast und Mitpflanzer war: Am Morgen beim 35. Geburtstag des Bergwaldprojektes und anschließend bei der Aktion des Vereins Braunlager Bäume.

Das Bergwaldprojekt hat seit 1991 deutschlandweit 50.000 Freiwillige motivieren können, in Tages- oder auch Wochenprojekten sechs Millionen Bäume zu pflanzen. Der erste Einsatz in Deutschland fand seinerzeit in Braunlage, genauer gesagt in St. Andreasberg statt, weswegen nun der Ort zur kleinen Geburtstagsfeier ausgewählt worden war.

130 Freiwillige trotzen dem Wetter

Rund 130 Männer und Frauen waren am Wochenende angereist, um rund 3500 Baby-Bäume – Eichen, Linden und Hainbuchen – in die Erde zu bringen. Alles hochmotivierte Menschen, die während der kurzen Geburtstagsansprachen der Ehrengäste schon ungeduldig mit den Hufen scharrten. Was vielleicht auch am ungemütlichen Wetter lag.

Aber allen, besonders den Leuten vom Bergwaldprojekt, muss natürlich das Lob heruntergegangen sein wie Öl.
Bergwaldprojekt-Chef Stephen Wehner (l.) begrüßt die Teilnehmer und Ehrengäste.

Bergwaldprojekt-Chef Stephen Wehner (l.) begrüßt die Teilnehmer und Ehrengäste. Foto: Schlegel

Stephan Wehner, einer der Geschäftsführer des Bergwaldprojekts, erinnerte zunächst an die Anfänge des Vereins, der in den 1980er Jahren in der Schweiz von Greenpeace ins Leben gerufen worden war und Anfang der 1990er Jahre dann auch in Deutschland tätig wurde. Das mittlerweile an über 100 Standorten. Pro Jahr beteiligen sich rund 5000 Freiwillige daran, stark geschädigte Ökosysteme wieder herzustellen. Ohne diese Menschen wäre die Arbeit gar nicht zu leisten, so Wehner. Arbeit, die mitunter durchaus herausfordernd sei, was dann später auch Minister Meyer merken sollte.

Materialausgabe an die 130 Helferinnen und Helfer. Sie werden sogleich 3500 Bäume pflanzen.

Materialausgabe an die 130 Helferinnen und Helfer. Sie werden sogleich 3500 Bäume pflanzen. Foto: Schlegel

Doch bevor der zusammen mit den übrigen „Freundinnen und Freunden des Waldes“, wie er sie nannte, ans Werk ging, dankte er ihnen und erinnerte er an die Anfänge der Pflanzaktionen. Die fielen in eine Zeit, als das „andere Waldsterben“ ein Thema war. Seinerzeit habe die Politik gehandelt und gegen den sauren Regen gekämpft. Aber „wir erleben jetzt gerade wieder, gerade im Harz, eine Absterberate, die wegen der Klimakrise stärker ist als in den 80er Jahren.“ Gerade im Harz führe das zu einer massiven Entwicklung: 90 Prozent der Nadelhölzer im Nationalpark seien zwischen 2018 und 2022 abgestorben.

Bergmischwald soll wachsen

Nun baue man einen Bergmischwald neu auf, mit Baumarten, „die auch hier hergehören“ – und hoffentlich klimaresistenter sind. Bäume, so der Umweltminister, seien eigentlich die ökologischen Superhelden. „Wir brauchen wieder mehr Bäume, mehr Biomasse. Wir müssen massiv wieder bewalden, um Co zu binden, dass die Menschen viel zu viel in die Atmosphäre blasen. Bäume und Moore seien auch Wasserspeicher und Sauerstoffbildner. „Sie sind das, was man für die ökologische Vielfalt braucht.“

Meyer: „Heute ist ein guter Tag, an dem man wieder positive nach vorn schaut. Wir machen heute Deutschland und die Welt wieder etwas grüner.“

Greenpeace Geschäftsführer Martin Kaiser.

Greenpeace Geschäftsführer Martin Kaiser. Foto: Schlegel

Da Greenpeace quasi die Mutter des Bergwaldprojektes ist, war auch Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, in den Harz gekommen. Er lobte den langjährigen Einsatz für das ökologische Management der Wälder. Immerhin seien die Setzlinge, die vor 40 Jahren gepflanzt wurden, heute stattliche Bäume. Das Bergwaldprojekt und alle Freiwilligen hätten damit schon vor Jahren angefangen, Fußabdrücke zu hinterlassen. In den Wäldern, aber auch in der Gesellschaft: An einem Samstag freiwillig im Wald zusammenzukommen, sei einfach großartig.
Stefan Fenner, Leiter des Forstamtes Bad Lauterberg.

Stefan Fenner, Leiter des Forstamtes Bad Lauterberg. Foto: Schlegel

Langjähriger Partner des Projektes ist auch das Forstamt Bad Lauterberg (zuvor als Forstamt Braunlage). Forstamtsleiter Stefan Fenner war als Hausherr zum Geburtstag gekommen. Und das nicht nur, um zu gratulieren, sondern auch, um zu danken. Seit 2018 habe das Forstamt Lauterberg eine Katastrophe erlebt, die man sich zuvor nicht vorstellen konnte: 7000 Hektar Wald seien verloren gegangen.

Nun geht der Blick nach vorn

Doch jetzt gehe der Blick nach vorn, 2500 Hektar seien bereits wieder aufgeforstet, der Wald werde nun viel vielfältiger.

Seit Samstag beispielsweise sind allein durch das Bergwaldprojekt 3500 Bäume dazugekommen. Die 130 Freiwilligen legten sich über Stunden richtig ins Zeug, unterbrochen nur von einer kleinen Mittagspause.

Cornelia Ehrhardt ernennt Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer bei der Pflanzaktion des Vereins „Braunlager Bäume“ zum Waldmeister.

Cornelia Ehrhardt ernennt Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer bei der Pflanzaktion des Vereins „Braunlager Bäume“ zum Waldmeister. Foto: Privat

In der allerdings goss Prof. Dr. Sebastian Seiffert, der aus Clausthal-Zellerfeld stammt und an der Uni Mainz arbeitet, ein wenig Wasser in den Wein: „Der Effekt von Aktionen wie hier auf das Klima ist vernachlässigbar. Wir müssten die dreifache Fläche von Deutschland komplett bewalden, um zumindest den deutschen Treibhausgasausstoß zu kompensieren; und das schaffen Bäume auch erst, wenn sie ein paar Jahrzehnte alt sind.“ Und doch gäbe es einen anderen Effekt: den auf das zwischenmenschliche Klima. „Aktionen wie hier vermitteln eines ganz klar: Wir geben nicht auf.“ Doch nicht nur beim Bergwaldprojekt war am Samstag Pflanztag. Auch der Verein Braunlager Bäume um Cornelia Ehrhardt war im Einsatz. Am Wurmberg wurden 2000 Setzlinge in den Boden gebracht. Jeder Teilnehmer bekam am Ende eine Urkunde, die ihn zum Waldmeister respektive zur Waldmeisterin machte. Eine gab es auch für Umweltminister Christian Meyer. Denn der schaute, nach getaner Arbeit beim Bergwaldprojekt, auch noch einmal am Wurmberg vorbei. Denn auch dort wurden der Harz und somit auch die Welt ein bisschen grüner.

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