Kurstadt, Kaiserstadt und das liebe Geld
Das liebe Geld: Bei Städten und Gemeinden ist die Not groß. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Ein möglicher Bürgermeisterkandidat in Bad Harzburg will die Kurstadt mit der Kaiserstadt Goslar fusionieren. Beim Karneval könnten sie schon mal testen.
Auch mit 23 Amtsjahren auf dem Buckel können die Nerven offenbar blank liegen. Da kündigt der mögliche Bürgermeister-Kandidat Klaus Marwede für Bad Harzburg an, im Falle seiner Wahl im nächsten Jahr die Kurstadt künftig mit Goslar fusionieren zu wollen, gerät der Amtsinhaber Ralf „Charly“ Abrahms in Rage und läuft ungebremst aufs Glatteis.
Bevölkerung schrumpft, Kosten steigen
Der 62-jährige Marwede ist in Bad Harzburg mit vielen Menschen bereits über Kreuz geraten, niemand weiß, ob er überhaupt die nötigen Unterschriften für eine Kandidatur zusammenbringt, doch hat er es mit seinen Thesen quasi im Handumdrehen geschafft, die Ratspolitik aufzumischen. Die Bevölkerungszahl sei rückläufig, die Finanzlage Harzburgs werde schwieriger, Kosten und Personallast der Verwaltung seien zu hoch, die Einnahmen zu niedrig, erklärte Marwede. Bevor die Kurstadt also dereinst unter staatliche Zwangsverwaltung gerate, sollte sie besser freiwillig mit der Kaiserstadt verschmelzen.
Bad Harzburg, helau!
Hat Marwede doch ins Schwarze getroffen, auch wenn es der erfahrene Amtsinhaber rundweg von sich weist? Zum 11.11. fühlte sich Abrahms nach eigenem Bekunden eher an eine Karnevalsnummer erinnert als an eine ernsthafte Debatte, meinte er in der jüngsten Ratssitzung. Um dann Folgendes sinngemäß zu verkünden: Die Einwohnerzahl in Bad Harzburg sinke, die Kosten stiegen, die Finanzlage werde schwieriger, und die Stadt müsse im kommenden Jahr Steuern und Gebühren erhöhen. Das war quasi Helau und Narrhallamarsch zugleich für Klaus Marwede.
Dabei muss sich Abrahms, was die Finanzpolitik der Kurstadt anbelangt, gar nichts vorwerfen lassen. Er hat Bad Harzburg gut durch 23 Amtsjahre gelenkt, was ihm erst mal einer nachmachen soll. Der untypische und eigenwillige Grüne hätte sich also ganz ruhig im Rat zurücklehnen können, als ein Bewohner in der Fragestunde die Prognosen von Klaus Marwede ansprach.
Gesetze, Regeln, Bürokratie und klamme Kommunen
Zumal fast alle Kommunen in Deutschland darunter leiden, dass sie immer mehr Lasten durch Bund und Land zu tragen haben, immer mehr Gesetze, Regeln und Bürokratie verordnet worden sind, obwohl doch mit jedem Regierungswechsel alles einfacher und besser werden sollte. Das fängt bei den Kosten des Sozialstaats an und hört bei Schulen und Kindergärten noch nicht auf.
Somit spricht Marwede ein durchaus ernst zu nehmendes Thema an: Müssen Bund und Länder nach den Gebietsreformen der 1970er Jahre nicht alsbald die nächste Runde einläuten? Die Finanzen in Braunlage und Clausthal-Zellerfeld sind passende Beispiele, wie schwierig es für kleinere Kommunen geworden ist, die Fülle an Aufgaben und Lasten weiterhin zu stemmen. Und das gilt für eine Vielzahl an Städten und Gemeinden in ganz Deutschland.
Rosenmontag: Urte Schwerdtner übernimmt von Charly Abrahms

Goslars Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner. Foto: Zietz
Wie das nun an der Stadtgrenze zwischen Oker und Harlingerode weitergeht? Was wäre eine treffende Antwort? Nun, am Rosenmontag könnte Charly Abrahms den Schlüssel zum Harzburger Rathaus schon mal probehalber an Goslars Regentin Urte Schwerdtner überreichen, die dann bis Aschermittwoch auch in der Kurstadt das Zepter übernimmt. Oder vielleicht umgekehrt? In schwierigen Zeiten sind der Phantasie jedenfalls keine Grenzen gesetzt.
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Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms. Foto: Schlegel
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