Kinder der Cousine missbraucht: Täter muss neun Jahre in den Knast

Das Landgericht Braunschweig hat am Montag einen 28-Jährigen aus Goslar wegen Vergewaltigung und Missbrauchs von Kindern zu neun Jahren Haft verurteilt.
Ein 28-Jähriger aus Goslar wurde vom Landgericht Braunschweig wegen mehrfacher Vergewaltigung und sexuellem Missbrauchs von Kindern verurteilt. Er muss für mehrere Jahre ins Gefängnis. Wie das Gericht die Strafe begründet.
Braunschweig/Goslar. „Sie haben die Familie komplett zerstört!“ Mit dieser vernichtenden Feststellung wandte sich die Vorsitzende der 2. großen Strafkammer, Dr. Uta Engemann, direkt an den Angeklagten. Wegen mehrfacher Vergewaltigung von Kindern, schwerem sexuellen Missbrauch, sexuellem Missbrauch ohne Körperkontakt sowie für das Herstellen kinderpornografischer Dateien wurde der 28-Jährige zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt.
Der Haftbefehl gegen den bis dato in Untersuchungshaft befindlichen Mann aus Goslar bleibt wegen Fluchtgefahr bestehen, so bestimmte es die Kammer. Die Plädoyers von Staatsanwalt Fürstenau und Verteidiger Claus Mielke wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre und sechs Monate gefordert, die Verteidigung acht Jahre.
51 Straftaten an vier Kindern
Es sei ein außergewöhnlicher Fall gewesen, begann Engemann die Urteilsbegründung. Damit spielte die Vorsitzende in erster Linie auf die Dimension des Verbrechens an. Der 28-Jährige brachte es auf 51 Straftaten zulasten von gleich vier Opfern im Kindesalter. Die Vorsitzende bezeichnete die Taten als schrecklich und erschütternd. Die Folgen für die Kinder seien kaum zu ermessen, das würde sich wohl erst in den nächsten Jahrzehnten erweisen. Er habe das Vertrauen der Kinder und ihrer Mutter, die sich gerade um einen Lebensneustart bemühte, schändlich missbraucht, urteilte die Richterin.
Nachdem der gewaltbereite Ehemann von der Polizei der Wohnung verwiesen worden war, zog der Angeklagte bei seiner Cousine ein – vorgeblich, um ihr mit den Kindern zu helfen. Der 28-Jährige nutzte aus, dass seine Cousine aus gesundheitlichen Gründen keine Treppen steigen konnte und bezog neben den oben gelegenen Kinderzimmern sein Quartier. Monatelang mussten die Jungen im Alter zwischen sieben und elf Jahren die sexuellen Übergriffe ertragen.
Taten mit dem Smartphone gefilmt
Eine Besonderheit in diesem Fall sei zudem das manipulative und systematische Vorgehen gewesen, welches jeden Zweifel an der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ausschließe, so die Vorsitzende. Der Angeklagte hatte alle Straftaten mit dem Smartphone aufgenommen und geordnet abgespeichert. Zwar habe die Kammer das, ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgegebene, Geständnis des 28-Jährigen honoriert, doch sei die Beweislast durch die selbsterstellten Video- und Fotodateien erdrückend gewesen. Außergewöhnlich sei weiterhin gewesen, dass eine erfahrene Ermittlerin im Gerichtssaal um Fassung gerungen habe, so Dr. Engemann. All das sprenge die Dimension dessen, was man sonst zu beurteilen habe.
Keine Sicherungsverwahrung angeordnet
Die Rückfallprognose bei Sexualstraftätern sei schlecht, stellte die Vorsitzende fest und riet dem Angeklagten eindringlich zu einer Therapie. Die Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt sei durchaus denkbar gewesen, doch habe die Kammer diese nicht angeordnet, erklärte Engemann. Die Sachverständige, die zu diesem Thema gehört wurde, hatte sich nicht eindeutig dazu geäußert. Sie hielt den Angeklagten zum jetzigen Zeitpunkt durchaus für gefährlich, doch vermochte sie sich nicht festzulegen, was die Wiederholungsgefahr angeht, da es sich um die erste Verurteilung des 28-Jährigen handelt.
Verteidiger Claus Mielke hatte gegenüber der GZ ausgeschlossen, dass Rechtsmittel eingelegt würden. So kann der 28-Jährige nun schneller in den Haftalltag überführt werden und eine Therapie beginnen. Die Vorsitzende erklärte dem Angeklagten, er werde es in der Haft nicht leicht haben. Auch die Therapie werde „kein Spaziergang“.
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