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Schülerbeförderung im Nordharz

GZ Plus IconKostenloses Busticket: Wohnt Heimeröder Kind zu nah an der Schule?

Die Schülerbeförderung zwischen Heimerode und der Grundschule Othfresen hatte in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt.

Die Schülerbeförderung zwischen Heimerode und der Grundschule Othfresen hatte in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt. Foto: Gereke

Ein Grundschulkind aus Heimerode sollte keine kostenlose Fahrkarte mehr bekommen. Der Weg nach Othfresen war angeblich kürzer als zwei Kilometer. Doch Ortsbürgermeister Fricke war selbst mit dem Messrad unterwegs.

Von Andreas Gereke Freitag, 17.10.2025, 18:00 Uhr

Heimerode/Othfresen. Und plötzlich ist die Entfernung doch groß genug. Gute Nachrichten für das Heimeröder Grundschulkind und seine Eltern, das keine kostenlose Fahrkarte mehr bekommen sollte, weil der Schulweg kürzer als zwei Kilometer sein soll. Der für die Schülerbeförderung zuständige Landkreis Goslar rudert zurück: Der Weg von der Haustür bis zur Grundschule Othfresen erfüllt doch die Voraussetzungen für ein Ticket.

Die Nachricht hatte hohe Wellen geschlagen: Neun von zehn Kindern aus Heimerode bekamen eine kostenlose Karte für die Fahrt zur Grundschule Othfresen, aber eines nicht. Weil der Schulweg von der Haustür zum Schulgebäude zu kurz sein soll. Der Familie war im Juni ein Schreiben des Landkreises ins Haus geflattert, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass dem Kind nach nunmehr drei Jahren ab dem neuen Schuljahr kein kostenloses Busticket mehr zur Verfügung gestellt werde. Die Begründung lautete, dass der Schulweg des Jungen keine 2000 Meter bis zur Othfresener Grundschule betragen würde. Das sei die Voraussetzung, um eine kostenlose Schülerfahrkarte vom Landkreis zu erhalten. Das bislang kostenlos erhaltene Busticket beruhe auf einem Irrtum, so der Landkreis damals.

Zunächst errang die Familie einen Teilerfolg: Nach Protest war dem Kind vom Landkreis ein Winterticket zugesagt worden. Als einziges Kind aus der Siedlung hätte es sich aber weiterhin in den Sommermonaten zu Fuß auf den Weg über den Flötheberg beispielsweise entlang der viel befahrenen Landesstraße 500 Richtung Grundschule machen müssen, wenn die Eltern eine Fahrkarte nicht aus eigener Tasche gezahlt oder das Kind gefahren hätten.

Angebot: Kostenerstattung für die Eltern

Aber nun heißt es aus dem Kreishaus: „Die Kollegen aus dem Bereich Schülerbeförderung haben gemeinsam mit Othfresens Ortsbürgermeister Harald Fricke noch einmal die Verhältnisse vor Ort in Augenschein genommen. Der Fußweg wurde mit einem Messrad abgeschritten. Die dabei ermittelte Entfernung vom Wohnort des Kindes bis zur Grundschule beträgt 2029 Meter“, berichtet Goslars Kreissprecherin Marieke Düber auf GZ-Nachfrage. Konsequenz: Der Schüler erhält nach den Herbstferien nicht nur das bereits zugesagte Winterticket, „sondern zum 1. Mai auch ein reguläres Deutschlandticket. Für die zurückliegenden Monate wurde den Eltern eine Kostenerstattung angeboten“, teilt Düber mit.

Bereits vor dem Ortstermin mit Kreisvertretern war Fricke mit dem Messrad unterwegs gewesen. „Ich habe die Strecke vorgerollert, um den Landkreis in die Spur zu bringen“, erzählt der Ortsbürgermeister. Auf seiner Tour von Haustür bis Grundschule war er auf mehr als zwei Kilometer gekommen. „Ich hatte mich nicht auf die Antwort des Landkreises verlassen, was den Abstand angeht – die haben sich vermessen und der Landkreis hatte Unrecht“, so Fricke. Sein Credo: „Man muss nicht alles hinnehmen.“

Das Heimeröder Kind, dem die Fahrkarte zunächst versagt worden war, weil die Entfernung zur Grundschule weniger als zwei Kilometer betragen sollte, bekommt nun doch ein Ticket fürs ganze Schuljahr und kann mit den anderen Heimeröder Kindern in Othfresen aus dem Bus aussteigen.

Das Heimeröder Kind, dem die Fahrkarte zunächst versagt worden war, weil die Entfernung zur Grundschule weniger als zwei Kilometer betragen sollte, bekommt nun doch ein Ticket fürs ganze Schuljahr und kann mit den anderen Heimeröder Kindern in Othfresen aus dem Bus aussteigen. Foto: Gereke

Ironie der Geschichte: „Als die beiden Landkreisvertreter mit ihrem geeichten Messrad die Strecke abschritten, lautete das Ergebnis, dass die Entfernung sogar noch länger war als die, die ich mit dem Messrad ermittelt hatte“, erzählt der Othfresener. Während Fricke alleine von Heimerode nach Othfresen ging, war er gemeinsam mit den Landkreismitarbeitern in umgekehrter Richtung unterwegs – von Othfresen nach Heimerode. „Wir stoppten an der Fußgängerampel über die L 500, wo die Landkreismitarbeiter einen Messpunkt setzten, der dann bei künftigen strittigen Fragen zu Distanzen, wenn es um Schülerfahrkarten geht, als Ausgangspunkt dienen kann“, erzählt Fricke.

Zunächst digitale Überprüfung vom Schreibtisch aus

Wie konnte es in dem Fall überhaupt so weit kommen? „Zum Schuljahreswechsel erfolgten Mitteilungen der Schulsekretariate zu den aktualisierten Übersichten der Schüler mit einem Anspruch auf Schülerbeförderung. Während der Vorbereitungen für das neue Schuljahr 2025/2026 war aufgefallen, dass bei einigen Schülern der Oberschule Liebenburg sowie den Grundschulen in Othfresen und Liebenburg Diskrepanzen zwischen den übermittelten und den realen Entfernungen zur Schule bestehen“, erläutert Düber. Aus diesem Grund hätten die zuständigen Mitarbeiter des Landkreises Goslar den Bereich Liebenburg einer Überprüfung unterzogen. „Hierbei wurde auch der Fall aus Heimerode entdeckt, bei dem die digitale Überprüfung des Schulwegs über die Online-Karte, die sich in der Regel als zuverlässig und eher großzügiger bei der Distanzberechnung erweist, eine Länge von 1900 Metern ergab und somit kein Anspruch für eine Fahrkarte bestand. Diese Einschätzung wurde zunächst dadurch bestätigt, dass die Eltern des Schülers selbst eine Entfernung von 1960 Metern ermittelt hatten und diese der Schülerbeförderung auch so mitgeteilt haben“, verteidigt die Kreissprecherin. Für die Wintermonate November bis April war aber dennoch ein Ticket zur Verfügung gestellt worden. Nun steht nach einem Ortstermin der real gemessene Wert 2029 Meter – und der Kreis korrigierte das Ergebnis, in dem er die zeitweise geltende Einschätzung zurücknahm.

Auch in einen anderen Punkt ist übrigens Bewegung gekommen: Proteste hatte es auch aus Heimerode gehagelt, weil die Fahrschüler nahezu täglich mit dem Bus zu spät zum Unterricht kommen. Sogar eine Unterschriftensammlung hatten sie dazu initiiert. „Die Verspätungen auf der Buslinie resultierten aus einer Divergenz zwischen dem Fahrplan und einem geänderten Stundenplan der Grundschule Othfresen, weil der allgemeine Unterrichtsbeginn um fünf Minuten vorverlegt worden war“, teilt Düber auf GZ-Nachfrage mit.

Und sie legt mit einer guten Nachricht nach: „Nach Abstimmung mit der Firma Harz-Bus wird der Fahrplan nach den Herbstferien entsprechend angepasst. Die Kinder werden somit die Grundschule künftig pünktlich erreichen können“, verspricht die Goslarer Kreissprecherin. Am Donnerstag kam dazu die passende Pressemitteilung von Harz-Bus, die die Fahrplananpassung auf der Linie 851 ankündigt. „Um die Grundschule Othfresen künftig zeitgerecht zum Unterrichtsbeginn zu erreichen, wird die Fahrt aus Klein Döhren ab Montag, 27. Oktober, um 5 Minuten vorverlegt. Die neue Abfahrtzeit ist 7.12 Uhr anstatt zuvor 7.17 Uhr. Alle weiteren Abfahrtzeiten an den nachfolgenden Haltestellen werden entsprechend um 5 Minuten vorverlegt.“

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