Ehrenfriedhof wird umbenannt: Wegen Gräbern von SS-Soldaten
Dr. Roland Pietsch, der Leiter des Nationalparks Harz, weiht die neue Infotafel auf dem ehemaligen Ehrenfriedhof in Oderbrück ein. Foto: Eggers
Den Ehrenfriedhof in Oderbrück gibt es seit 1946. Weil auch 15 Soldaten der Waffen-SS dort begraben sind, wird er nun umbenannt. Warum genau und wie der Friedhof in Zukunft heißt, wurde bei der Einweihung erklärt.
Oderbrück. Der bisherige Ehrenfriedhof in Oderbrück trägt seit vergangenem Freitag einen neuen Namen: Er heißt nun offiziell Kriegsgräberstätte. Bei der Einweihung einer neuen Informationstafel begründete Dr. Friedhart Knolle vom Verein Spurensuche die Umbenennung unter anderem damit, dass der Begriff „Ehre“ im Zusammenhang mit den dort bestatteten 15 Angehörigen der Waffen-SS nicht mehr angebracht sei.
103 Menschen finden in Oderbrück ihre letzte Ruhestätte. Foto: Eggers
Unter der Regie der Nationalparkverwaltung Harz wurde die neue Informationstafel vorgestellt. Die bisherige hatte im Laufe der Jahre stark gelitten, der Zahn der Zeit und ein umgestürzter Baum hatten sie beschädigt. Außerdem, so Knolle, gebe es inzwischen neue historische Erkenntnisse.
Wissen hat sich erweitert
Die alte Tafel war vor 16 Jahren im Unterricht der damaligen Realschule Braunlage unter Leitung von Eckart Friedrich entstanden. Walter-Johannes Herrmann, Bezirksvorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, hatte sie seinerzeit im Beisein des damaligen Landrats Stephan Manke eingeweiht. „Weil sich unser Wissen erweitert und die Erinnerungskultur sich verändert hat, war eine Überarbeitung nötig“, erklärte Knolle weiter.
Die neue Tafel entstand in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und stellt die historischen Hintergründe sachlich und nachvollziehbar dar. Sie gibt auch eine neue Erklärung für die 14 Toten aus der damaligen Sowjetunion ab, die allerdings nicht gesichert ist.

Dr. Friedhart Knolle vom Verein Spurensuche Harz hat zusammen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Umbenennung des bisherigen Ehrenfriedhofs vorangetrieben. Foto: Eggers
103 Menschen begraben
Wie der Sohn des damaligen Revierförsters, berichtet habe, hatte er die Leichname der sowjetischen Kriegsgefangenen, die für seinen Vater gearbeitet hatten, im April 1945 gesehen. Über die Umstände ihres Todes und ob sie wirklich in Oderbrück bestattet wurden, sei allerdings nicht bekannt.
Insgesamt haben 103 Menschen eine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof gefunden. Neben den 14 unbekannten Sowjetbürgern liegen dort 89 deutsche Soldaten. 17 von ihnen sind unbekannt. Unter den namentlich identifizierten
72 Toten befinden sich laut der Info-Tafel 15 Soldaten der Waffen-SS. Die fünf jüngsten toten „Soldaten“ waren 16 Jahre alt. Auf die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen entfallen 43 Tote, das sind fast 60 Prozent der namentlich bekannten Soldaten.
Bendick betonte, dass zwar der Umstand, dass Angehörige der Waffen-SS dort beerdigt sind, für die Umbenennung mitverantwortlich sei, er betonte aber auch, dass der Begriff Ehrenfriedhof heute problematisch sei. Der Bildungsreferent erinnerte daran, dass zu der Zeit kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs noch die Todesmärsche durch den Harz getrieben wurden. „Nur wenige Kilometer von der Kriegsgräberstätte entfernt verliefen die Routen von drei Todesmärschen“, zitierte er einen Hinweis der Tafel.
Verhältnis der Opferzahlen
Weiter berichtete Bendick, dass es in Deutschland nach 1945 mehr tote Soldaten als tote Zivilisten gegeben habe. In vielen besetzten Ländern, wie Polen, der Sowjetunion, Jugoslawien, Griechenland, der Tschechoslowakei, Belgien oder den Niederlanden verloren im Krieg mehr Zivilisten als Soldaten das Leben. „Das Verhältnis der Opferzahlen spiegelt die Methoden und die Folgen der deutschen Besatzungsherrschaft wider“, meinte er. Deshalb sei um einen neutraleren Namen gebeten worden.
Die Umbenennung hat die Nationalparkverwaltung Harz vorgenommen. Sie ist nicht nur Träger der Kriegsgräberstätte, sondern ist per Gesetz in diesem gemeindefreien Gebiet quasi die zuständige Kommune. Wie Nationalparkchef Dr. Roland Pietsch auf GZ-Nachfrage berichtete, sei das Ergebnis der vom Verein Spurensuche und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gesammelten Informationen für die Tafel für die Umbenennung verantwortlich gewesen. „Wir wollten dann einfach einen neutraleren Namen“, meinte er.
Automatisches Verfahren

Noch bis 14. Dezember heißt die Bushaltestelle an der B4 „Ehrenfriedhof“, dann ist Fahrplanwechsel und sie heißt dann „Kriegsgräberstätte“. Foto: Eggers
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