Nachfrage zu gering: Was wird aus dem Lutteraner „Gänsewinkel“?
Das Lutteraner Baugebiet „Gänsewinkel“ soll sich im Westen des Dorfes an die bisherige Bebauung anschließen. Rechts ist der Radweg entlang der B 248. Foto: Heinemann
Das Neubaugebiet „Gänsewinkel“ in Lutter sollte längst erschlossen sein. Doch das Areal liegt weiterhin brach, die Nachfrage nach Bauplätzen ist gering – und der Investor zögert. Nun steht das Projekt auf der Kippe. Warum es bislang nicht vorangeht.
Lutter. Seit Jahren wird in Lutter über das geplante Neubaugebiet „Gänsewinkel“ diskutiert – doch trotz zahlreicher Ankündigungen ist auf dem Areal am westlichen Ortsrand bislang kein Bagger angerückt. Die Ungeduld wächst: Bürger fragen in Ausschusssitzungen nach dem Stand der Dinge, doch die Antworten aus Verwaltung und Politik bleiben vage. Nun meldet sich Christoph Fricke, Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft Othfresen und Investor des Projekts, zu Wort und erklärt, woran es bislang hakt und welche Wege noch offenstehen.
Bereits im März 2022 war angekündigt worden, dass die Erschließung der Grundstücke im Frühjahr 2023 beginnen könne. Doch inzwischen ist es Herbst 2025, und das Gelände liegt unverändert brach. Aktuell wird es sogar weiterhin landwirtschaftlich genutzt. „Ich stehe im Kontakt mit den Landwirten“, sagt Fricke. „Solange das Projekt nicht startet, können sie die Flächen bewirtschaften – sollten wir loslegen, erhalten sie eine Entschädigung.“ Aus seiner Sicht sei es wichtig, in dieser unsicheren Phase flexibel zu bleiben und Optionen offen zu halten.
28 Grundstücke – kaum Nachfrage
Geplant ist, auf dem Ackerstreifen zwischen Bachstraße und Bundesstraße 248 insgesamt 28 Baugrundstücke mit einer Größe zwischen 750 und 850 Quadratmetern zu erschließen. Die Zufahrt soll über die Bachstraße erfolgen, ein Anschluss an den Ribernusring ist ebenfalls vorgesehen. Vorgesehen ist eine Bebauung mit Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften und sogenannten Stadtvillen. Reihenhäuser sind ausdrücklich nicht Teil der aktuellen Planung.
Doch nun stockt die Umsetzung – vor allem, weil das Interesse deutlich nachgelassen hat. „Vor zwei Jahren hatten wir rund 40 ernsthafte Interessenten auf der Liste“, berichtet Fricke. „Davon sind aktuell nur noch sechs übrig.“ Für ihn ist das zu wenig. Damit das Projekt wirtschaftlich tragfähig sei, müssten sich mindestens 14 Grundstücke verbindlich reservieren lassen – also die Hälfte.
Warum das Interesse so deutlich zurückgegangen ist? Fricke sieht mehrere Ursachen: Zum einen könnten potenzielle Bauherren angesichts der wiederholten Verzögerungen abgesprungen sein und sich inzwischen für andere Grundstücke entschieden haben. Zum anderen haben sich die Rahmenbedingungen für private Bauprojekte in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Gestiegene Baukosten, höhere Bauzinsen und eine insgesamt verunsicherte wirtschaftliche Lage lassen viele Familien zögern.
„Das Umfeld für Bauvorhaben hat sich dramatisch verändert“, erklärt der Investor. Vor wenigen Jahren sei Bauen noch planbarer und günstiger gewesen. Jetzt ist es für viele kaum noch realisierbar. Auch die Finanzierung sei für einige ein Unsicherheitsfaktor geworden.
Ein weiterer Aspekt ist die Preisgestaltung der Grundstücke. Zwar nennt Fricke keine konkreten Quadratmeterpreise, betont aber, dass Interessenten sich direkt an ihn wenden könnten. Wie teuer das Bauen am Gänsewinkel am Ende wirklich wird, bleibt also offen.
Entwurf überarbeitet
Ein zusätzlicher Grund für die Verzögerungen liegt in der mehrfachen Überarbeitung des Bebauungsplans. Vor allem lärmschutztechnische Vorgaben des Landkreises mussten eingearbeitet werden – sowohl im Bereich der künftigen Bauflächen als auch entlang der stark befahrenen Bundesstraße 248. Ein geplanter Lärmschutzwall sowie ergänzende Bepflanzungen sollen künftig für Entlastung sorgen. Auch die Abstände zur vorhandenen Bebauung wurden angepasst, um mögliche Konflikte mit angrenzenden Grundstücken zu vermeiden.
Derzeit liegt das gesamte Projekt in einer Art Warteschleife. Fricke sucht nun nach einem Partner, mit dem er die weitere Entwicklung planen möchte. Eine Deadline für das Vorhaben hat er sich nicht gesetzt, betont aber: „Das Projekt steht und fällt mit der Nachfrage. Wenn sich nicht genügend Bauwillige finden, ist auch ein Stopp des Vorhabens nicht ausgeschlossen.“
Gleichzeitig sei auch die entgegengesetzte Entwicklung denkbar: Sollte sich doch noch genügend Interesse abzeichnen, könnte die Erschließung im kommenden Jahr anlaufen. Bis dahin bleibt unklar, ob sich das Neubaugebiet „Gänsewinkel“ für Lutter als zukunftsweisendes Wohnprojekt oder als Beispiel gescheiterter Bauplanung entwickeln wird.
Vertrag noch ohne Unterschrift
Ein weiterer Knackpunkt: Der Erschließungsvertrag liegt bislang noch nicht vollständig unterschrieben vor. Während Stadt Langelsheim und der Wasserverband bereits unterzeichnet haben, zögert Fricke bewusst – aus finanziellen Gründen. Sobald der Vertrag in Kraft tritt, würden laut seiner Aussage sofort weitere Kosten auf ihn zukommen, etwa für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und Planungsleistungen. Er spricht von einer Summe in Höhe von rund 50.000 Euro, die nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Risiken mit sich bringe – besonders bei unklarer Nachfrage.
Für Lutter bleibt die Hoffnung, dass es dem Investor gelingt, neuen Schwung in das Projekt zu bringen – oder dass sich die Rahmenbedingungen wieder bessern. Klar ist: Das Interesse der Bevölkerung ist da. Nun braucht es Verlässlichkeit, Transparenz – und vor allem Perspektiven.
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