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Kripo sichtet schreckliche Videos

GZ Plus IconGoslarer vergewaltigt Großneffen, dann gibt es Lego als Dankeschön

Der Angeklagte wird zum Gerichtssaal geführt.

Der Angeklagte wird zum Gerichtssaal geführt. Foto: Klengel

Entsetzliche Videos im Missbrauchsprozess: Ein Goslarer vergewaltigte und filmte seine sieben- bis elfjährigen Großneffen. So furchtbar waren die Bilder, dass der Kripo-Beamtin, die als Zeugin beim Landgericht aussagte, mehrfach die Stimme versagte.

Von Corina Klengel Freitag, 26.09.2025, 10:00 Uhr

Braunschweig/Goslar. Im Prozess wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung von vier Kindern taten sich am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Braunschweig weitere Abgründe auf. Die Ermittlungsgruppe „Lego“ der Goslarer Kriminalpolizei hatte zutage gefördert, dass der Angeklagte sogar versucht habe, über die zur Tatzeit zwischen sieben und elf Jahre alten Jungen, an deren Schulkameraden und Freunde heranzukommen.

Dem 28-jährigen derzeit in Untersuchungshaft sitzenden Mann aus Goslar werden 51 Straftaten zum Nachteil der Söhne seiner Cousine vorgeworfen. Für die Dauer seiner Aussage wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Von seinem Verteidiger war jedoch zu erfahren, dass er die Taten nicht abstritt. Das hätte auch wenig Sinn gehabt, denn die Polizei hatte in der Wohnung des Angeklagten Fotos und Videos gesichert, die der 28-Jährige von all seinen Taten angefertigt hatte.

Kripo-Beamtin bricht die Stimme weg

Und diese Bilddateien hatten es in sich. Als die Hauptermittlungsführerin in diesem Fall berichtete, was auf den sichergestellten Fotos und minutenlangen Videos zu sehen war, brach ihr mehrfach die Stimme. „Es war so ekelerregend, dass ich aufhören musste. Ich bekam Würgereiz“, brach es regelrecht aus der erfahrenen Kriminalbeamtin heraus.

In allen grausamen Details sei darauf zu sehen gewesen, wie Grundschulkinder oral und anal vergewaltigt wurden. Mal sei der Angeklagte in die Jungen eingedrungen, mal habe er sie mit einem Vibrator oder einer Massagepistole penetriert. Als Belohnung für das Erdulden dieses unsäglichen Missbrauchs bekamen die Jungen Nutella oder Lego-Autos. Letzteres gab der Ermittlungseinheit ihren Namen, so die Zeugin.

Versuch, weitere Opfer zu finden

Die Fotos zeigten neben den vier Großcousins des Angeklagten weitere bis dato unbekannte Jungen, die lange vor den angeklagten Taten abgelichtet wurden. Zudem räumten die zuletzt sehr verschlossenen vier Jungen schließlich ein, dass der Angeklagte sie dazu gedrängt habe, Freunde und Schulkameraden zu fragen, ob sie mit ihm Sex haben wollen. Dem jüngeren Opfer seien dabei die Tränen über die Wangen gelaufen, berichtete die Kommissarin.

Das Martyrium der Kinder zog sich über ein halbes Jahr hin.

Warum merkte niemand etwas? Die Mutter der Jungen war kurz zuvor mithilfe der Polizei der Gewalt ihres Ehemanns entkommen. Als der Angeklagte seiner Cousine Hilfe anbot, war die traumatisierte Frau hoch glücklich und bot ihm an, bei ihr zu wohnen. Laut einer Verwandten habe der Angeklagte dort sofort das Zepter übernommen, was die Erziehung anging. Er brachte die Jungen auch zur Schule, was ihm die Möglichkeit gab, nach neuen Opfern Ausschau zu halten.

Sozialarbeiterin hat „komisches Gefühl“

Familienhelfer sanierten die verwahrloste Wohnung und richteten Kinderzimmer ein. „Wir hatten ein komisches Gefühl“, sagte eine Sozialarbeiterin im Gericht zu dem Umstand, dass der Angeklagte bei den Kindern schlief – angeblich, weil sie sich in den neuen Zimmern fürchteten. Das wurde ihm untersagt, doch hielt sich niemand in dem Haushalt an diese Weisung. Nachbarn und Verwandte hätten von Nackenschellen und Schlägen mit dem Kochlöffel berichtet, so die Zeugin. Die Familie habe die Termine mit dem Sozialamt oft nicht eingehalten, dann sei der Angeklagte ausgezogen.

Kein Mitleid mit den Jungen

Warum hatte der 28-Jährige kein Mitleid mit seinen Opfern? Die forensische Psychologin Dr. Kerstin Kopfmann erklärte dies mit einer kognitiven Verzerrung der Realität. Er sei davon überzeugt gewesen, seiner Cousine geholfen zu haben und habe sogar geglaubt, die Jungen hätten es selbst so gewollt. Aufgrund dieses Mangels an Unrechtsbewusstsein hielt die Sachverständige den Angeklagten derzeit für gefährlich. Eine Sozialtherapie könne möglicherweise Abhilfe schaffen. Ob diese die Gefahr durch die vorliegende Pädophilie sowie die dissoziale Persönlichkeitsstörung mindern kann, dazu mochte die Psychologin keine Prognose abgeben. Es war zu erfahren, dass der Angeklagte bereits in jungen Jahren durch sexuelles Fehlverhalten auffiel, vorbestraft ist er jedoch nicht.

Nach dem Gutachten der Psychologin wurden die Plädoyers gehalten – dies jedoch wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Urteil wird bereits am Montag verkündet.

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