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100.000 Euro für schwebendes Licht

GZ Plus IconWie dieser neue Kronleuchter die Lutherkirche verändert

Der neue Kronleuchter scheint mitten im Gotteshaus zu schweben.

Der neue Kronleuchter scheint mitten im Gotteshaus zu schweben. Foto: Schlegel

Wie bringt man einen vier Meter breiten Leuchter sicher unter eine 16 Meter hohe Decke? In der Lutherkirche ist das gelungen. Die GZ erklärt das 100.000-Euro-Projekt Schritt für Schritt.

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Von Holger Schlegel
Donnerstag, 23.10.2025, 19:45 Uhr

Bad Harzburg. Das Innere der Lutherkirche hat in den vergangenen Jahren seine ursprüngliche Farbenpracht zurückbekommen. Die Freilegung und Restaurierung der Quensen-Wandmalereien war ein Mammutprojekt und ist jetzt, bis auf letzte kleine Bereiche, vollbracht. Auch erste Bausteine eines Beleuchtungskonzeptes sind bereits gelegt, die Farbenpracht soll ja ins rechte Licht gerückt werden.

Was aber noch fehlte, war ein neuer Kronleuchter, quasi als i-Tüpfelchen, aber irgendwie sogar auch als Krönung der ganzen Mühe. Seit Donnerstag hängt er unter der 16 Meter hohen Gewölbedecke. Die GZ hat die durchaus außergewöhnliche Installation, die rund 100.000 Euro kostet, begleitet.

Der frühere imposante Radleuchter mit vier Metern Durchmesser ist in den 1960er Jahren gegen den Protest der Gemeinde entfernt und vermutlich verschrottet worden.

Der frühere imposante Radleuchter mit vier Metern Durchmesser ist in den 1960er Jahren gegen den Protest der Gemeinde entfernt und vermutlich verschrottet worden. Foto: Ahrens-Archiv

Ursprünglich hatte die Lutherkirche einen imposanten Radleuchter mit vier Metern Durchmesser. Er war in den 1960er Jahren gegen den Protest der Gemeinde entfernt und vermutlich verschrottet worden, soviel weiß die Gemeinde. Er galt seinerzeit als Blickfang beim Betreten der Lutherkirche – ausgestattet mit 72 Kerzenhaltern.

Der neue Leuchter ist im Kirchenschiff präsent und bleibt dennoch unauffällig.

Der neue Leuchter ist im Kirchenschiff präsent und bleibt dennoch unauffällig. Foto: Schlegel

Laut Festschrift von der Kircheneröffnung im Jahr 1903 hatte der Leuchter damals einen Wert von 1100 Mark und war aus Erträgen von Konzerten und Aufführungen bezahlt worden.

Von diesem mächtigen Teil gibt es nur wenige Fotografien, aber die Gemeinde wusste, wie er aussah. Und es war schnell klar: Der neue Leuchter sollte anders werden. „Wir sind kein Museum“, so die geschäftsführende Pfarrerin Petra Rau.

Küster Jacob Hinkel testet die Vorrichtung auf dem Dachboden, mit der der Leuchter gehoben und gesenkt werden kann.

Küster Jacob Hinkel testet die Vorrichtung auf dem Dachboden, mit der der Leuchter gehoben und gesenkt werden kann. Foto: Schlegel

Will sagen: Die Kirche ist ein Raum für Gegenwart und Zukunft. Mit dem neuen Leuchter wollte die Gemeinde einen Punkt für die kommenden Jahre setzen, einen Glanzpunkt sogar, der aber nicht alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollte.
Durch dieses Loch in der Decke verläuft das Stahlseil, an dem der rund 70 Kilo schwere Leuchter aufgehängt ist.

Durch dieses Loch in der Decke verläuft das Stahlseil, an dem der rund 70 Kilo schwere Leuchter aufgehängt ist. Foto: Schlegel

Aus all diesen Überlegungen heraus entschied man sich für ein Modell, das „nur“ aus zwei mattgoldenen Ringen besteht, vier Meter im Durchmesser der eine, zwei Meter der andere. Die Ringe sind durch dünne Drähte miteinander und an der rund sechs Meter langen Mittelstange befestigt, schweben quasi im Kirchenschiff. Der untere große Ring in einer Höhe von 5,80 Meter. Finanziert wurde das Projekt zu 50 Prozent von der Kleinschmidt-Stiftung und auch zu einem großen Teil Spenden.
Norbert Sauer testet die Aufhängestange, die mit einem Seil in die Höhe gezogen wird.

Norbert Sauer testet die Aufhängestange, die mit einem Seil in die Höhe gezogen wird. Foto: Schlegel

Aber auch, wenn der neue Leuchter filigran und leicht wirkt, schraubt man ihn nicht mal eben unter die Decke, wie in einem Wohnzimmer. Schon gar nicht unter eine 16 Meter hohe Gewölbedecke.

Befestigt ist der Leuchter an einem Stahlträger, der über der Gewölbedecke auf dem Dachboden der Kirche auf den schweren Dachbalken ruht. Er wurde vom Statiker überprüft und kann ein Gewicht von 400 Kilogramm tragen. Der Leuchter wiegt rund 70 Kilogramm. Also ist alles im grünen Bereich.

An dem Stahlträger ist ein Flaschenzug angebracht, an dem die zentrale Stange des Leuchters mit einem Stahlseil befestigt ist. Er kann also mit einer Kurbel, die sich ebenfalls auf dem Dachboden befindet, nach unten ins Kirchenschiff gelassen werden, in erster Linie, um ihn zu reinigen. Anschließend wird er wieder hochgekurbelt, ein Teil der Stange ragt dann gut 1,20 Meter in den Dachboden hinein. Weiter unten an der Stange ist eine runde Holzplatte montiert, der Schlussstein des Gewölbes, der das Loch verschließt.

Der Schlusstein verschließt das Loch in der 16 Meter hohen Kuppeldecke.

Der Schlusstein verschließt das Loch in der 16 Meter hohen Kuppeldecke. Foto: Schlegel

Eigentlich also eine simple, aber clevere und vor allen Dingen sichere Konstruktion. Und sie wurde natürlich auch genutzt, um den Leuchter in der Kirche zu installieren. Harald Scholz und Norbert Sauer von der Firma „Scholz Lichttechnik“ aus Freiburg bauten die beiden Ringe (die Leuchtmittel sind darin bereits enthalten) unten auf dem Boden des Kirchenschiffs zusammen. Die Kirchenbänke waren dazu demontiert worden. Die Stange hing bereits am langen Seil aus der Decke und war heruntergelassen worden. Die Ringe wurden dann mit den feinen Drahtseilen an der Stange und miteinander verbunden.
Harald Scholz und Norbert Sauer von „Scholz Lichttechnik“ bauen die Ringe des Leuchters am Boden zusammen.

Harald Scholz und Norbert Sauer von „Scholz Lichttechnik“ bauen die Ringe des Leuchters am Boden zusammen. Foto: Schlegel

Am Donnerstagmorgen war die technische und auch optische Endabnahme durch die Kirchengemeinde. Eine Delegation um Petra Rau, Propst Jens Höfel und den Architekten Uwe Kleineberg, der die Bauprojekte der Kirche betreut, sah zum ersten Mal den neuen Leuchter in seiner ganzen Pracht. Und die Gruppe erlebte, wie er das erste Mal vor Publikum eingeschaltet wurde. Bis dato war ja alles nur Planung und blanke Theorie gewesen.

Und? Wurden die Erwartungen erfüllt? War die Entscheidung für genau dieses Modell richtig? Erinnerungen wurden wach an den Tag im Jahr 2010, als zum ersten Mal die neu gegossenen Kirchenglocken geläutet wurden. Eine hatte die falsche Tonlage und das Geläut klang schief. Die Glocke musste noch einmal neu gegossen werden.

Nein, beim Kronleuchter ist alles gutgegangen. Sehr gut sogar. „Das sieht fantastisch aus“, so Petra Raus erste Reaktion. Eingeschaltet schwebt das Licht im Kirchenschiff, die mit Schlagmetall vergoldeten Ringe wirken leicht und dezent. Und trotzdem „ist er präsenter, als gedacht“, so die Pfarrerin.

Die mattgoldene Farbe ist sowohl in Anlehung an die Quensen-Ornamente als auch als Pendant zum Rednerpult (unten links) gewählt worden.

Die mattgoldene Farbe ist sowohl in Anlehung an die Quensen-Ornamente als auch als Pendant zum Rednerpult (unten links) gewählt worden. Foto: Schlegel

Nach einigen Tests, bei dem auch die Technik erprobt wurde, die den Leuchter bewegen kann, folgt nun noch die letzte Verkabelung, damit das Licht dimmbar ist. Eingeweiht wird das gute Stück beim Festgottesdienst am Reformationstag, 31. Oktober, der um 17 Uhr gefeiert wird.

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