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Ungewisse Zukunft

GZ Plus IconViele offene Fragen: Harzer Welterbe gleicht einer Baustelle

Blick in die Erzaufbereitung des Bergwerksmuseums am Rammelsberg: Im Moment läuft nicht viel rund im Harzer Welterbe.

Blick in die Erzaufbereitung des Bergwerksmuseums am Rammelsberg: Im Moment läuft nicht viel rund im Harzer Welterbe. Foto: Stefan Sobotta / VISUM

Seit dem angekündigten Rückzug von Dr. Johannes Großewinkelmann hat die Harzer Welterbestiftung nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein Personalproblem. Ungeklärte Fragen und Sorgen gibt es weiterhin vor allem auch im Oberharz.

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Von Oliver Stade
Donnerstag, 07.08.2025, 04:00 Uhr

Harz. Während die Bayern die Aufnahme ihrer Märchenschlösser in den Kreis der Welterbestätten feiern, schlingert das Welterbe im Harz mit unbekanntem Kurs. Die Finanzierung der Welterbestiftung und die Nachfolge von Rammelsberg-Geschäftsführer und Stiftungs-Direktor Dr. Johannes Großewinkelmann sind ebenso unklar wie die Zukunft des Oberharzer Bergwerksmuseums.

Besonders unsicher ist die Situation für die 14 Beschäftigten, darunter sind auch Minijobber, des Oberharzer Bergwerksmuseums in Zellerfeld und des 19-Lachter-Stollens in Wildemann. Sie haben Ende Juni von der Stiftung fristgerecht ihre Kündigung zum Jahresende erhalten.

Noch keine Beschlüsse

Zwar läuft alles darauf hinaus, dass die für den Tourismus verantwortliche Kurbetriebsgesellschaft (KBG) „Die Oberharzer“ in Altenau die Museums-Betriebsführung von der Welterbestiftung übernimmt. Schließlich hat der Clausthal-Zellerfelder Stadtrat den zum Ende dieses Jahres auslaufenden Betriebsführungsvertrag nicht verlängert. Doch weder ein Beschluss des Stadtrates noch des KBG-Aufsichtsrates liegen dazu bislang vor.

Belastend für die Mitarbeiter ist zudem ein Papier aus der Feder des SPD-Fraktionsvorsitzenden und Kreistagsmitglieds Alexander Ehrenberg, der für seine Wutreden gegen das Welterbe bekannt ist. Ende Mai brachte seine Fraktion einen Antrag in die Clausthal-Zellerfelder Stadtratsgremien ein, der mit großer Mehrheit fraktionsübergreifend beschlossen wurde. Darin wird die Verwaltung beauftragt, alle Beschlüsse vorzubereiten, damit die KBG die Betriebsführung übernimmt.

„Unterirdischer“ Umgang

Der Antrag ist mit einer Formulierung verbunden, die Ehrenbergs „Parteifreundin“, die SPD-Unterbezirksvorsitzende Annett Eine, die dem Aufsichtsrat der Rammelsberg-GmbH angehört, für einen „Skandal“ hält, wie sie sagt: Ein Betriebsübergang nach Paragraf 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches „ist auszuschließen“, heißt es in dem Antrag. Ein solcher Betriebsübergang soll in der Regel die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten sichern, indem er festschreibt, dass diese auf den neuen Inhaber eines Unternehmens übergehen. Eine erklärt: „Was mit den Mitarbeitern des Oberharzer Bergwerksmuseums passiert, ist unterirdisch.“

Das Oberharzer Bergwerksmuseum in Zellerfeld steht vor einer ungewissen Zukunft. Es soll künftig von der Kurbetriebsgesellschaft in Altenau betrieben werden. Mit welchem Personal scheint unklar, die Beschäftigten haben von der Welterbestiftung ihre Kündigung erhalten.

Das Oberharzer Bergwerksmuseum in Zellerfeld steht vor einer ungewissen Zukunft. Es soll künftig von der Kurbetriebsgesellschaft in Altenau betrieben werden. Mit welchem Personal scheint unklar, die Beschäftigten haben von der Welterbestiftung ihre Kündigung erhalten. Foto: Skuza

In der Belegschaft herrsche große Verunsicherung, sagt Morea Deden, sie gehört dem Betriebsrat der Welterbestiftung an. Deden sagt außerdem, sie sei erstaunt über den Antrag. „Wir hoffen sehr, dass es mit dem Museum weitergeht“, erklärt sie weiter. Zu den vielen Unklarheiten kommt ein weiteres Problem: Das Museum müsse unter einem neuen Betreiber mit weniger Geld auskommen. Der Landkreis Goslar hat, wie berichtet, seinen jährlichen Zuschuss von 100.000 Euro an die Trägerschaft der Stiftung geknüpft, die zum Jahresende ausläuft. In dem SPD-Antrag zum Betriebsübergang heißt es übrigens auch, dass die Kosten für die Betriebsführung über die „Kurbeitragskalkulation“ gedeckt werden sollen, das würde bedeuten, dass die Gästebeiträge für die Urlauber erhöht werden, um das Museum zu finanzieren.

Nicht allein im Oberharz gibt es im Moment viele Unklarheiten. So hat Rammelsberg-Geschäftsführer und Welterbe-Direktor Großewinkelmann Anfang Juni seinen Rückzug von beiden Ämtern zum Jahresende angekündigt – mit Verweis auf seine Gesundheit. Neben der Personalie muss auch finanziell einiges geklärt werden. Dem Vernehmen nach fehlen der Stiftung rund 400.000 Euro pro Jahr, damit sie ihre „Welterbearbeit“ für die Region leisten kann. Der Betriebsrat hatte in der Vergangenheit mehrfach auf steigende Kosten etwa für Personal und Energie hingewiesen und darauf, dass die Gesellschafter ihre Zuschüsse nicht erhöht hätten. Für das laufende Jahr hatten die Gesellschafter 53.000 Euro mehr überwiesen, um die drohende Insolvenz abzuwenden.

Bewerbungen, aber keine Gespräche

Fragen zu der Nachfolge Großewinkelmanns, der erst seit Februar 2024 im Amt ist, und zu dem Finanzloch beantwortet die Stiftung derzeit nicht. Es stünden „zeitnah“ Gespräche an, teilt Lars Schmidt mit, Vorsitzender des Welterbe-Kuratoriums und im Hauptberuf Geschäftsführer der Harzwasserwerke. Dem Vernehmen nach soll es bereits Bewerbungen geben, aber noch keine Gespräche. Die Bewerbungsfrist läuft bis Ende dieses Monats.

Auch die Stellenanzeigen auf den Internetseiten der Stiftung und des Museums Erzbergwerk Rammelsberg werfen aus Sicht der Beschäftigten Fragen auf. Gesucht wird für Januar 2026 oder später ein Geschäftsführer für das Museum. Diese Aufgabe, so heißt es, „kann“ mit der „Funktion als Direktor für die Stiftung“ verbunden werden. Das klingt so, als würde für die Stiftung nicht unbedingt jemand gesucht und führt zu Spekulationen in der Belegschaft über die Zukunft der Stiftung. Nach GZ-Informationen hat die Stiftung zu einem ehemaligen Leiter des Rammelsbergs die Fühler ausgestreckt, dabei soll es nur um eine Stelle für den Rammelsberg gegangen sein.

Christian Barsch, der die zum Welterbe gehörende Grube Samson in St. Andreasberg mit Hans-Günter Schärf leitet, rät ohnehin dazu, die beiden Aufgaben personell zu trennen. Die jüngsten Erfahrungen hätten gezeigt, dass beides nicht in Personalunion zu stemmen sei. Die Leitung aus einer Hand für den Rammelsberg und die Welterbestiftung trage außerdem dazu bei, dass immer wieder der Verdacht aufkeime, der Rammelsberg werde gegenüber dem Oberharz bevorzugt behandelt. Gefragt sei eine Konstruktion, die die gesamte Konstruktion gleichermaßen im Blick habe: den Rammelsberg, den Oberharz mit dem Museum und der Wasserwirtschaft sowie das Kloster Walkenried. Nach GZ-Informationen soll es daher Überlegungen gegeben haben oder weiterhin geben, die Stiftungsstruktur umzubauen.

Neben solchen Fragen wirken noch immer die ungehobelten Angriffe von Alexander Ehrenberg gegen das Welterbe nach, der die Stiftung in einer Kreistagssitzung als „gefräßige Raupe“ bezeichnete, die der Stadt Clausthal-Zellerfeld das Geld aus der Kasse fresse, der „betriebswirtschaftlicher Verstand“ fehle und die mit einem „aufgeblähten Personalkörper“ arbeite. An anderer Stelle hatte er gesagt, der Stiftung gehöre aus Oberharzer Sicht „der Stecker gezogen“. Auch vor diesem Hintergrund sind die Worte von Annett Eine zu verstehen, wenn sie sagt: „Ich bin in großer Sorge, dass das Weltkulturerbe durch die Art und Weise, wie in Clausthal-Zellerfeld agiert wird, in Schieflage gerät.“

Ein Titel, der Geld bringt

Dass das Welterbe mit der Stiftung auch wirtschaftlich in eine Schieflage geraten ist, sei ein Versäumnis der in der Stiftung vertretenen Kommunen und des Landes Niedersachsen. „Wir müssen jetzt alle unsere Hausaufgaben machen“, sagt sie. „Wir müssen schauen, wie wir das auf die Beine stellen.“ Es gelte, das Welterbe „definitiv zu erhalten“. Das stehe, sagt sie an Alexander Ehrenberg adressiert, auch im SPD-Wahlprogramm des Unterbezirksverbandes geschrieben. Die Region müsse eigentlich stolz sein auf das Welterbe, betont Eine weiter. Das Land und die Kommunen hätten eine Verpflichtung. Der Titel koste im Übrigen nicht nur Geld, wie es aus Clausthal-Zellerfeld heiße, er habe vor allem der Bergstadt auch viel Fördergeld gebracht.

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