So gut wie diese 20-Jährige jodelt keine Frau im Harz

Lilly Ruppelt ist erst 20 Jahre alt und stolz auf ihren Meistertitel. Foto: Neuendorf
Beim Harzer Jodler-Wettstreit in Altenau sorgt die 20-jährige Lilly Ruppelt aus St. Andreasberg für eine Überraschung: Punktgleich mit der Vorjahressiegerin gewinnt sie im Stechen und zeigt, dass Brauchtum auch junge Menschen begeistert.
Altenau. Als beim Harzer Jodler-Wettstreit in Altenau ihr Name fällt, schießen Lilly Ruppelt die Tränen in die Augen. Die 20-Jährige aus St. Andreasberg kann es kaum fassen: Sie ist die neue Harzer Jodlermeisterin.

Das Interesse an Harzer Folklore ist nach wie vor da, auch wenn es schwieriger wird, Teilnehmer für den Wettstreit zu finden. Foto: Neuendorf
Ruppelt hatte selbst am wenigsten mit dem Titel gerechnet. „Die haben so krass vorgelegt“, sagt sie über ihre Konkurrentinnen Antje Hahne aus Clausthal-Zellerfeld und Dany Weißkopf aus Nordhausen. Als Letzte war sie an der Reihe, sang „Ich bin ein echtes Harzer Kind“. Das Lied passt inhaltlich zu ihr und zu ihrer Stimmfarbe. Am Ende setzte sie sich im Stechen gegen Vorjahressiegerin Hahne durch. Dabei war Ruppelt erst im vorigen Jahr in die Meisterklasse aufgestiegen.
Nachwuchs im Heimatbund
Dass eine erst 20-Jährige den Titel geholt hat, mag viele überraschen. Sie verbinden das Jodeln schließlich eher mit älteren Generationen. Lilly Ruppelt beweist aber, dass auch durchaus jüngere Menschen ein Faible für das Harzer Brauchtum haben. Für den veranstaltenden Heimatbund Oberharz ist der Nachwuchserfolg ein wichtiges Signal. 45 Jodlerinnen und Jodler traten beim mehrstündigen Wettstreit in Altenau an, was deutlich weniger sind als im vorigen Jahr. „Es wird immer schwieriger, Leute für die Folklore zu begeistern“, weiß Vorsitzender Rüdiger Kail. Umso wertvoller seien Talente wie Lilly Ruppelt.

Die siebenköpfige Fachjury überprüft, ob die Kriterien des Harzer Jodelns erfüllt sind, also vor allem der charakteristische Wechsel zwischen Kehlkopf-, Kopf- und Bruststimme. Foto: Neuendorf
Die 20-Jährige ist praktisch seit ihrer Geburt Mitglied im Heimatbund in St. Andreasberg. Ihre Mutter Karen Ruppelt ist dort musikalische Leiterin. Mit fünf Jahren fing Lilly Ruppelt mit dem Jodeln an und blieb dabei. „Selbst als die Jungs das vielleicht mal uncool fanden, war es Lilly egal“, erzählt ihre Mutter. In Göttingen beginnt die St. Andreasbergerin ein Lehramtsstudium, doch der Musik will sie treu bleiben.
Im TV bei Thomas Gottschalk
Denn die frisch gekürte Meisterin kann weit mehr als jodeln. Zum Abschluss ihrer Abiturverleihung der Robert-Koch-Schule sang sie im vorigen Jahr Adeles „Skyfall“ und sorgte in der Clausthaler Pausenhalle für Gänsehautmomente. Auch als Darstellerin der Theater-AG zog sie das Publikum damals in den Band. Ihre Bühnenpräsenz hat sie auch schon im Fernsehen unter Beweis gestellt: In einer Fernseh-Show von Thomas Gottschalk überzeugte sie 2020 die Fachjury mit demselben Lied, das ihr jetzt den Meistertitel brachte.

Anna Borodina tritt für die Bergsänger in Clausthal-Zellerfeld an. Foto: Neuendorf
Nicht nur bei den Frauen gibt es eine neue Meisterin. Manfred Schmalbauch aus der Folkloregruppe Sülzhayn (Thüringen) setzte sich bei den Herren durch und darf sich jetzt Harzer Jodlermeister nennen. Für Überraschung beim Jodler-Wettstreit sorgte zudem Sascha Gegha aus Wienrode (Sachsen-Anhalt). Ohne Anmeldung stand er plötzlich auf der Bühne und überzeugte laut Kail so sehr, dass er sich gleich den Aufstieg in die Meisterklasse sicherte. Im nächsten Jahr will Gegha dann selbst um den Titel kämpfen.
Bewahrung der alten Tradition
Der Wettstreit bot eine weitere Besonderheit: Einen Tag vor der Veranstaltung hatte NDR-Reporterin Anna Koerber bei Jurymitglied Katja Nowotny aus Buntenbock die Grundlagen des Jodelns gelernt. Außer Konkurrenz trat sie dann mit auf, ihr Auftritt wird am Sonntag in „Hallo Niedersachsen“ ausgestrahlt.

Manfred Schmalbauch aus der Folkloregruppe Sülzhayn und Lilly Ruppelt aus dem Heimatbund St. Andreasberg sind die neuen Jodlermeister. Foto: Neuendorf
Die Geschichte des Harzer Jodler-Wettstreits reicht zurück ins Jahr 1934, als Karl Reinecke-Altenau, Gründer des Heimatbundes Oberharz, zur Bewahrung der alten Tradition erstmals dazu aufrief. Das Jodeln war bis ins 19. Jahrhundert das Verständigungsmittel der Harzer Holzhauer, Köhler und Holzfuhrleute gewesen, die es auf den engen Waldwegen quasi als Hupe benutzten.

Die Bruchbergsänger Altenau sind die Gastgeber des Jodler-Wettstreits. Foto: Neuendorf
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