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Geteilte Meinung

GZ Plus IconDer Goslarer Weihnachtsmarkt: Muss man da wirklich hin?

Weihnachtlich beleuchteter Marktplatz mit festlich geschmückten Bäumen, Fachwerkhäusern und einer historischen Kirche im Hintergrund bei Nacht.

Der Lichterglanz des Goslarer Weihnachtsmarktes versprüht eine ganz besondere Atmosphäre. Doch nicht jeder ist ein Fan. Foto: Sowa

Viele Menschen besuchen jedes Jahr den Goslarer Weihnachtsmarkt. Muss man da wirklich hin? Die GZ-Redakteure Sebastian Sowa und Oliver Stade haben verschiedene Meinungen.

Samstag, 29.11.2025, 04:00 Uhr

Goslar. So besinnlich die Weihnachtsmarkt-Zeit in Goslar auch sein mag: Sie liefert jedes Jahr auch zahlreiche Kontroversen. Die einen kommen schon beim Gedanken an Mandel- und Glühweinduft im historischen Ambiente in Festtagsstimmung.

Die anderen fragen sich, wie man beim Anblick der vielen Menschenmassen an den Adventswochenenden rund um Goslars Marktplatz oder beim Studieren der Preisschilder an den Glühweinständen überhaupt so etwas wie Freude empfinden kann.

Was ist der Weihnachtsmarkt also für Goslar? Eine Kommerzveranstaltung, bei denen möglichst vielen Menschen das Geld aus der Tasche gezogen werden soll, ein genialer Marketingcoup, der jedes Jahr Scharen von Touristen in die Stadt lockt, oder doch etwas Besinnliches, das Freude und gute Laune verbreitet. Wie sehr braucht Goslar seinen Weihnachtsmarkt? Die GZ-Redakteure Sebastian Sowa und Oliver Stade haben sich dazu Gedanken gemacht und sind zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen gekommen.

Argumente, die dafür sprechen

Sebastian Sowa: „Bewusstes Miteinander“

Was für die Münchener das Oktoberfest ist oder für die Kölner der Karneval, das ist für die Goslarer ihr Weihnachtsmarkt: Ein echtes Aushängeschild der Stadt mit Strahlkraft weit über die Region hinaus. Jahr für Jahr strömen die Menschen in die Altstadt, um den Weihnachtsmarkt und den Weihnachtswald zu erleben. Goslar ist in aller Munde – bei Touristen ebenso wie bei Einheimischen.
Ein Mann im rot-schwarzen Shirt steht seitlich vor einer weißen Wand.

Redakteur Sebastian Sowa steht dem Weihnachtsmarkt positiv gegenüber. Foto: Privat

Der Markt ist ein enormer Wirtschaftsfaktor: Hotels sind ausgebucht, Restaurants erleben ihre umsatzstärkste Zeit des Jahres, der Einzelhandel profitiert. Für viele Betriebe ist diese Zeit entscheidend für ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Der Markt sichert Arbeitsplätze, schafft zusätzliche Einnahmen und belebt die Stadt.

Doch der Weihnachtsmarkt lebt nicht nur von seinem Ambiente, sondern vor allem von den Menschen, die ihn prägen. Von den engagierten Organisatoren der GMG bis hin zu den Schaustellern und Glühweinwirten – sie alle geben dem Markt ein Gesicht. Viele von ihnen sind längst Kultfiguren und für die Besucher untrennbar mit diesem Weihnachtsmarkt verbunden. Für sie ist diese Zeit nicht nur Arbeit, sondern Leidenschaft.

Der Weihnachtsmarkt ist außerdem ein Treffpunkt für Jung und Alt. Familien, Freunde, Kollegen – alle kommen hier zusammen. Auch für mich ist der Markt ein Stück gelebte Tradition: Schon als Kind war ich mit meinen Eltern hier, heute gehe ich mit meinen eigenen Kindern, sie freuen sich schon Wochen vorher. Genau diese generationsübergreifende Verbundenheit macht seinen besonderen Wert aus. Nörgler gibt es natürlich auch: Es sei zu voll, die Glühweinpreise zu hoch. Doch die entscheidende Frage lautet: Was wäre die Alternative? Kein Markt? Leere Hotels und Restaurants, eine verwaiste Innenstadt in der Adventszeit? Das würde Goslar ärmer machen – wirtschaftlich, aber vor allem auch kulturell und menschlich.

Thema Sicherheit: Die Schutzmaßnahmen sind notwendig und richtig. Aber wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen. Wenn wir aus Angst auf das gemeinsame Feiern verzichten, hätten genau diejenigen gewonnen, die unsere Offenheit und Lebensfreude zerstören wollen. Der Weihnachtsmarkt steht für Gemeinschaft, für Licht in der dunklen Jahreszeit und für das bewusste Miteinander.

Argumente, die dagegen sprechen

Oliver Stade: „Glühwein ist nicht meins“

Liebe Leserinnen und Leser, durch eine unbedachte Äußerung habe ich mich in eine missliche Lage manövriert. Mein Kollege Sebastian Sowa liebt Feste aller Art, besonders Schützen- und Altstadtfeste, ganz besonders Weihnachtsmärkte. Damit er an dieser Stelle ausbreiten kann, wie schön grad wieder der Goslarer Weihnachtsmarkt ist, soll ich den bösen Buben spielen. Wer sich abfällig über Weihnachtsmärkte äußert, kann nur verlieren, das weiß ich natürlich. Und mein Kollege wird durch seine Hymne derart beflügelt, dass er demnächst ein Pro und Contra über Engel schreiben will und mich bittet, etwas gegen Engel zu schreiben. Gott behüte.
Ein Mann im violetten Pullover steht vor einer weißen Wand.

Redakteur Oliver Stade hat Gegenargumente zum Weihnachtsmarkt. Foto: Mittendorf

Die Weihnachtsmarktgeschichte hat natürlich einen Hintergrund. Kürzlich fragte jemand in der Redaktion, wer Lust hat, den Weihnachtsmarkt zu besuchen. Ich habe ihm schroff geantwortet: „Ich hasse Weihnachtsmärkte.“ Ich bin manchmal ein Esel, meine Worte waren nicht nur unbedacht, sondern vor allem der Lust an der Provokation geschuldet. Die Wahrheit ist: Ich gönne jedem seinen Weihnachtsmarktbesuch, der dabei Entspannung und Ablenkung findet, in Weihnachtsstimmung kommt oder einfach nur Freude verspürt.

Ich will mich aber nicht drücken und herausreden, deshalb bin ich ganz ehrlich zu Ihnen: Ich gehöre nicht zu denen, die ihre Erfüllung auf Weihnachtsmärkten finden. Das liegt vermutlich nicht mal daran, dass ich mich noch immer sehr gut an den Nikolaus auf einem Weihnachtsmarkt erinnere, der mir als Kind beim Erinnerungsfoto so nahe kam, dass ich seine enorme Schnapsfahne riechen konnte. Vielleicht hat es eher damit zu tun, dass ich zwar gerne Wein trinke, aber Glühwein für ein Getränk halte, das mit Wein nichts zu tun hat. Bratwurst und Mandeln reizen mich genauso wenig. Und ich fühle mich in Menschenansammlungen nicht wohl, die so groß sind, dass man sich kaum fortbewegen kann. Außerdem friere ich leicht, und blöderweise gibt es Weihnachtsmärkte nur im Winter. Aber ich schwöre, und das ist die reine Wahrheit, ich freue mich, dass Weihnachtsmarkt und Weihnachtswald in Goslar vielen Menschen Freude bringen, auch meinem Kollegen Sebastian Sowa. Dem werden die Budenbetreiber für sein Loblied wahrscheinlich einen roten Teppich ausrollen.

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