Goslarer Dom digital: Die Jagd nach dem QR-Code
Objekt der Begierde: In der Kaiserpfalz hängt einer von insgesamt zwei QR-Codes, mit der die neue Dom-Digital-App aktiviert werden kann. Foto: Roß
Goslars Dom gibt es jetzt per App. Doch die Vermarktungsstrategie der Kulturverwaltung wirft Fragen auf. Zeit für eine Glosse, denkt sich GZ-Redakteur Hendrik Roß.
Goslar. Kurz nach Beginn der Karnevalszeit hat sich auch die städtische Kulturverwaltung einer berühmten Hymne aus der Jeckenmetropole mit K verschrieben: „Mer losse d‘r Dom en Goslar, denn do jehöt hä hin.“ Oder auf Hochdeutsch: Wir lassen den Dom in Goslar, denn da gehört er hin.
Mit diesem abgeänderten Karneval-Kalauer lässt sich die Vermarktung der neuen Goslarer „DOM:digital“-App perfekt zusammenfassen. Man kann sich die von überall auf der Welt herunterladen. Und was die App nicht alles zu bieten hat, etwa einen virtuellen 360-Grad-Rundgang durch die vor 200 Jahren abgerissene Stiftskirche St. Simon und Judas.Premiere der neuen App
Auf zur Zeitreise: Der virtuelle Goslarer Dom ist freigeschaltet
Was steht da unten?
Moment, was steht da unten? „Scan QR-Code“ – diese Aufforderung springt jedem Nutzer direkt ins Gesicht, der sich spontan auf große digitale Dom-Entdeckungstour machen will und die App heruntergeladen hat. Anschließend passiert: nichts mehr.Was steckt hinter dem Mythos?
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Das stimmt so weit. Und wenn die Besucher über herausragende Adleraugen verfügen, könnten sie zufällig auf den wirklich gut versteckten QR-Code an der Domvorhalle stoßen. Etwas prominenter ist die Eintrittskarte in den virtuellen Goslarer Dom in der Kaiserpfalz platziert. Muss man aber auch erst mal drauf kommen.
Aus analog mach digital
Wir fassen zusammen: Wer das neue, digitale und in jahrelanger Planung entstandene Angebot nutzen will, muss zunächst der Kaiserpfalz oder mindestens mal der Vorhalle einen höchst analogen Besuch abstatten, um mit seinem Smartphone einen QR-Code abzuscannen, der die App aktiviert, die dann den Dom digital rekonstruiert.
Dieses Prozedere wird übrigens mit keiner Zeile auf der städtischen Internetseite erwähnt. Dort sind lediglich die Vorzüge der Dom-App zu lesen, ohne einen Hinweis auf die verschlungenen Pfade bis zur Aktivierung. Übrigens ist dort auch von einem Escape-Game für Kinder die Rede. Vielleicht gehört die Jagd nach dem QR-Code ja schon zu diesem Entertainment-Element.
Ob der virtuelle Goslarer Dom mit dieser Strategie viele Freunde finden wird? Zweifel sind angebracht. Pfalzbesucher, die zufällig auf das Plakat stoßen und spontan ihr Smartphone zücken, sind ja so ziemlich die einzige Zielgruppe. Wer die App an einem anderen Ort auf diesem Planeten testen will, schaut auf jeden Fall in die Röhre. Außer, er kennt einen Goslarer, der schnell mal ins Pfalzquartier flitzt, um den QR-Code abzufotografieren. Benutzerfreundlich geht anders. Mal schauen, was die Nutzerzahlen der neuen App in ein paar Monaten sagen.
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