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Rat contra Bürgermeister

GZ Plus IconStreit um Harlingeröder Windpark dauert womöglich noch Jahre

Wird es so, wie in Ostbrandenburg, bald im Vorharz aussehen? Die Debatten um Windparks erreichen eine neue Esakaltionsstufe.

Wird es so, wie in Ostbrandenburg, bald im Vorharz aussehen? Die Debatten um Windparks erreichen eine neue Esakaltionsstufe. Foto: Patrick Pleul/dpa

Stillstand beim Energiepark Harlingerode: Nun erhöhen sogar CDU und Grüne den Druck auf Bürgermeister Ralf Abrahms. Der verweist auf fehlende Klarheit bis 2026 – und kontert mit scharfer Kritik an Investor „Landwind“, der ihm inzwischen sogar drohe.

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Von Holger Schlegel
Donnerstag, 11.09.2025, 10:00 Uhr

Bad Harzburg. Der Disput zwischen Rat und Bürgermeister Ralf Abrahms in Sachen Energiepark Harlingerode hat eine neue Stufe erreicht. Ob es eine weitere Eskalationsstufe ist, sei dahingestellt, aber am Dienstag während der Ratssitzung war es nun die Gruppe CDU/Grüne/Freie Wähler, die den Druck in Form einer Anfrage erhöhte. Tenor: Wann kommt die Verwaltung endlich aus dem Knick beziehungsweise warum nicht? Sinngemäße Antwort des Bürgermeisters: Weil vor Ende 2026 sowieso keine Klarheit bestehe.

Abrahms bleibt außen vor

Am Rande der Sitzung wurde gemutmaßt, dass die Stellungnahme des Bürgermeisters in der Energiepark-Debatte, die just am Tag der Ratssitzung in der GZ zu lesen war, ganz bewusst terminiert oder gar lanciert worden sei. Zunächst: GZ-Veröffentlichung und Ratssitzungstermin sind nicht aufeinander abgestimmt gewesen. Zumal einen Tag oder eine Woche vorher oder nachher die Meinung des Bürgermeisters auch keine andere gewesen wäre.

Und nach der ausführlichen Berichterstattung über die Befürworter des Projektes, also die Investoren, Nutznießer und politischen Befürworter, sollte auch der „Gegenseite“ die Möglichkeit gegeben werden, sich zu äußern. Zumal der Bürgermeister zum PR-Termin der Energiepark-Seite Ende August nicht eingeladen war.

Energiepark ist Chefsache

Denn Bürgermeister Ralf Abrahms ist bekanntermaßen nicht unbedingt ein Freund der Energiepark-Idee, macht daraus auch keinen Hehl und hat die Angelegenheit auch „zur Chefsache“ erklärt. Mit anderen Worten: Er allein hat die Fäden in der Hand. Und, um beim Bild zu bleiben, er zieht daran nicht unbedingt mit Elan und großem Tempo. Das wiederum hatte in der Vergangenheit die Gruppe SPD/FDP/Wählergemeinschaft auf die Palme gebracht, die, auch das ist bekannt, zu den vehementen Befürwortern des Projekts gehört.

CDU fragt nach konkreten Schritten

Die CDU-Gruppe, dem Bürgermeister eigentlich bisher immer freundlich zugetan, war da bislang immer ein wenig moderater, scheint aber nun auch langsam die Nase voll zu haben. In der Anfrage, die nicht vom Fraktionsvorsitzenden Hans-Peter Dreß, sondern von Dr. Gabriele Alberts-Goebel von den Grünen vorgetragen wurde, wird die Gruppe jedenfalls deutlich: Welche konkreten Schritte habe der Bürgermeister unternommen, um den Prozess trotz der Personalengpässe im Rathaus voranzubringen? Die CDU-Gruppe nimmt dabei Bezug auf den Ratsbeschluss vom 23. April 2024, laut dem ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sowie eine Änderung des Flächennutzungsplanes in die Wege geleitet werden solle. Beides wäre das Fundament für die Energieparkplanungen. Die CDU geht auch in ihren weiteren Fragen ganz konkret auf die Personalproblematik ein, die Abrahms bis dato auch immer als einen der Hauptgründe für die durchaus langsame Bearbeitung der Sache ins Feld geführt hatte. Ließe sich kurzfristig im Rathaus Personal umschichten? Und wie soll sichergestellt werden, dass der Ratsauftrag trotz personeller Engpässe weiterverfolgt werde? Last but not least möchte die CDU-Gruppe wissen, ob der neueste Antrag der Firma „Landwind“, einem der Investoren, vom 11. August 2025 Auswirkungen auf den Ratsbeschluss vom April 2024 habe.

Der Bürgermeister ging auf die Personalsituation so gut wie gar nicht ein. Er erläuterte ausführlich, dass die Firma „Landwind“ die ursprünglich vorgesehenen Unterlagen für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan nie eingereicht habe. Vielmehr habe das von „Landwind“ beauftragte Büro Schwerdt vorgeschlagen, einen Angebotsbebauungsplan zu entwerfen – dessen erster Entwurf jedoch Mängel aufgewiesen habe, so Abrahms. Die am 8. Oktober 2024 eingereichten Unterlagen hätten zudem nur sechs Werktage zur Bearbeitung gelassen. Bei einem Jahrhundertprojekt ein „unmögliches Verlangen“.

Ralf Abrahms vor einem Jahr mit dem Entwurf der Windpark-Planung des Regionalverbandes. Darin ist ein neues Projekt bei Bettingerode vorgesehen, das in Harlingerode indes müsste nach diesem Plan kleiner werden, als es die Investoren gerne hätten.

Ralf Abrahms vor einem Jahr mit dem Entwurf der Windpark-Planung des Regionalverbandes. Darin ist ein neues Projekt bei Bettingerode vorgesehen, das in Harlingerode indes müsste nach diesem Plan kleiner werden, als es die Investoren gerne hätten. Foto: Schlegel

Inzwischen setze zudem der Regionalverband nicht mehr auf Harlingerode, sondern auf einen großen Energiepark im Nordosten von Bad Harzburg. Die Auswertung der Anregungen und Bedenken gegen diese Regionalplanung werde sich bis Ende 2026 hinziehen. Vorher könne es keine endgültige Klarheit geben. Es sei aber kaum anzunehmen, dass der Regionalverband seine Gebietskulisse noch grundlegend ändere. Schon jetzt dürften rund 20 Windräder auf das Stadtgebiet zukommen, weitere stünden direkt an den Stadtgrenzen. Dazu noch weitere in Harlingerode? „Nein“, so die klare Ansage des Bürgermeisters.

„Landwind“ droht mittlerweile

Die Zusammenarbeit mit „Landwind“ beschrieb der Bürgermeister als schwierig. Die Unterlagen seien wiederholt sehr kurzfristig eingereicht und mehrfach geändert worden. Hinzu kämen Fristsetzungen und mittlerweile sogar Drohungen: „Wir würden im Falle einer erneuten fehlenden Stellungnahme nicht davor zurückscheuen, die politischen Wege, aber auch insbesondere den Rechtsweg zu beschreiten“, habe die Landwind-Gruppe am 23. Oktober 2024 geschrieben.

Auch der neue Antrag von Landwind vom 11. August 2025 weise Mängel auf – etwa die geplante, nur 1,20 Meter tiefe Beseitigung der Fundamente, sollten die Anlagen eines Tages wieder abgebaut werden. Gravierend sei zudem, die Überlagerung mit dem in Planung befindlichen Gewerbegebiet Nord II.

Der Ratsbeschluss von 2024 jedenfalls sei aus Sicht des Bürgermeisters inzwischen überholt, da jetzt ein anderer Verfahrensweg beschritten werde. „Die Sache ist Chefsache und wird von mir persönlich mitbetreut“, betonte der Bürgermeister.

Und nun? Im Rat jedenfalls kam auf die Ausführungen des Bürgermeisters keine Reaktion. Das wird aber dem Vernehmen nach nicht so bleiben.

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