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Großeinsatz der Feuerwehr am Freitag

GZ Plus IconWie kann die tickende Zeitbombe Elektroschrott entschärft werden?

1,2 Millionen Tonnen Elektroschrott sind in der 30-jährigen Firmengeschichte von Electrocycling in Harlingerode verarbeitet worden. Und immer wieder, hier ein Bild vom März 2024, geht ein Teil des Materials in Flammen auf.

1,2 Millionen Tonnen Elektroschrott sind in der 30-jährigen Firmengeschichte von Electrocycling in Harlingerode verarbeitet worden. Und immer wieder, hier ein Bild vom März 2024, geht ein Teil des Materials in Flammen auf. Foto: Privat

Am Freitagabend hat in Harlingerode wieder ein Berg Elektroschrott gebrannt. Das Feuer hatte zwar nicht die Dimensionen vorheriger Brände, aber es war bei weitem nicht der erste Vorfall dieser Art. Was sagt die Firma dazu und was tut sie dagegen?

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Von Holger Schlegel
Montag, 21.10.2024, 19:45 Uhr

Bad Harzburg. Und wieder hat es bei Electrocycling gebrannt und wieder stellt sich die Frage: Kann man das nicht verhindern? Gerade in den „Sozialen Medien“ bekommt die Firma richtig einen auf die Mütze. Zu Unrecht, wie Geschäftsführer Guido Sellin am Montag nach dem Feuer gegenüber der GZ erklärte. Denn es seien bereits Gegen- und Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden, die bei dem Feuer am Freitag auch Wirkung gezeigt hätten. Und weitere seien in Planung. Nicht zuletzt liege die Ursache dieser Brände aber viel weiter vorne in der Entsorgungskette.

Mit dem Wind nach Goslar

Am Freitagabend hatte wieder ein Haufen Elektroschrott Feuer gefangen, und das ist laut Sellin auch recht früh von den Wachleuten bemerkt worden, die neuerdings nach Betriebsschluss auch nachts auf dem Gelände patrouillieren. Sie hätten den Rauch aus einem der in abgetrennten Einheiten gelagerte Schrott sogar noch vor der Brandmeldeanlage bemerkt und begonnen, das Feuer zu löschen.

Problem bloß: Diesmal sei der Brand ganz tief unten in dem Schrotthaufen ausgebrochen, die Mitarbeiter vor Ort hätten deshalb die Feuerwehr zu Hilfe gerufen. Die rückte mit einem Großaufgebot an. Seitens der Firma wurde der Schrotthaufen laut Sellin mit zwei Baggern auseinandergezogen. Es habe auch nicht in dem Ausmaß gebrannt, wie in früheren Jahren. In erster Linie, so Sellin, habe es gequalmt. Dieser Rauch zog allerdings durch den Wind fast ungehindert in Richtung Goslar, weswegen dort der nächtliche Brand auch wesentlich intensiver wahrgommen wurde, als beispielsweise im Bad Harzburger Raum.

In der Abfallentsorgungsanlage im Heiligenholz werden Altgeräte mit Akku oder Batterien in besonders kleinen Einheiten gesammelt. Allerdings hält sich nicht jeder daran.

In der Abfallentsorgungsanlage im Heiligenholz werden Altgeräte mit Akku oder Batterien in besonders kleinen Einheiten gesammelt. Allerdings hält sich nicht jeder daran. Foto: Schlegel

Die Ursache dürfte laut Sellin wie üblich ein Elektrogerät gewesen sein, in dem noch eine Batterie oder ein Akku steckte. Eigentlich gehören solche Sachen nicht in den regulären Elektroschrott, darauf hatten sowohl Sellin als auch die Betreiber der Wertstoffhöfe, beispielsweise am Heiligenholz, schon mehrfach hingewiesen.

Der Electrocycling-Chef will und wird auch nicht den Deponiebetreibern die Schuld geben, die würden schon darauf achten, dass batteriehaltige Altgeräte gesondert gesammelt werden. In der Abfallentsorgungsanlage am Heiligenholz zum Beispiel gibt es dafür extra kleine Sammelbehälter.

Es brennt fast jeden Tag

Und doch schummelt sich immer wieder gefährlicher Schott in den normalen, der dadurch zu einer tickenden Zeitbombe wird. Während einer Infoveranstaltung des Harlingeröder Dorfvereins Pur hatten die Electrocycling-Leute im Frühsommer erklärt, dass es deshalb bei ihnen fast täglich brenne. Tagsüber im laufenden Betrieb sei das aber alles nicht dramatisch, da diese Feuer dann schnell bemerkt und gelöscht werden. Und das Problem respektive die Gefahr sei auch nicht auf den Harlingeröder Betrieb zu beschränken. Zu Bränden komme es auch auf vielen anderen Verwertungsbetrieben für Elektroschrott.

Der Verbraucher hat es in der Hand

Aber was ist mit den Gegenmaßnahmen, die Electrocycling sei Monaten ankündigt? Einige, wie der nächtliche Wachschutz, hätten ja schon gegriffen, so Sellin. Er verweist auf das schnelle Eingreifen der Sicherheitsleute am Freitagabend. Und eine weitere Sicherung soll Ende des Jahres oder Anfang 2025 in Betrieb gehen: Eine automatische Löschanlage mit großen Wasserwerfern, die an die Brandmeldeanlage gekoppelt sind, und sich sofort vollautomatisch auf entdeckte Brände richtet. Kostenpunkt laut Sellin: rund 700.000 Euro. Die Werfer schießen dann 1800 Liter Wasser pro Minuten auf den Schrotthaufen. Das, so hofft Sellin, dürfte die Zahl der Großbrände sehr weiter herunterdrücken. Eine einhundertprozentige Sicherheit gäbe es allerdings nach wie vor nicht. Aber ob es bei einem Elektroschrottverwerter wie Electrocycling brennt oder nicht, liege halt auch (oder wenn nicht gar hauptsächlich) in der Hand der Menschen, die ihren Schrott entsorgen.

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