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Die Geschichte der Bergbahnbescherung

GZ Plus IconAls Bad Harzburg plötzlich den Nikolaus sterben lässt

Eine Menschenmenge erwartet in den 1960ern den Nikolaus, der mit der Burgbergseilbahn vom Bad Harzburger Burgberg kommt. Auf dem Bild schwebt die dekorierte Bergbahngondel über vielen Kindern, der Nikolaus schaut aus dem Fenster der Gondel und winkt.

Der Nikolaus schwebt in den 60er-Jahren mit der Burgberg-Seilbahn an der Talstation ein. Foto: Ahrends-Archiv

Samstag kommt der Nikolaus mit der Seilbahn vom Burgberg. Wer hat diese Tradition erfunden? Wieso stand sie schon vor dem Aus? Und was hat Wilhelm Busch damit zu tun?

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Von Holger Schlegel
Donnerstag, 04.12.2025, 19:45 Uhr

Bad Harzburg. Am Samstag ist der 6. Dezember. Und da kommt der Nikolaus. In Bad Harzburg tut er das seit nunmehr mehr als 70 Jahren auf ganz besondere Art und Weise: Er schwebt mit der Seilbahn vom Burgberg zur Erde hernieder. Die GZ schaut auf die Ursprünge und die Geschichte dieser Tradition zurück und auf ein Jahr, in dem die Kurstadt den Bergbahn-Nikolaus sogar einmal sterben lassen wollte.

Informationen rund um die Anfänge des Bergbahn-Nikolauses sind im Fotoarchiv des legendären Bad Harzburger Journalisten Herbert Ahrens (www.harz-history.de) zu finden: Die Geschichte ist eng mit einem Mann verbunden. Wilhelm Busch (1922–1989). Er trug zwar einen berühmten Namen, war im Harz und vor allem in Bad Harzburg aber weit besser als Clown Onkel Pelle aus Berlin bekannt.

Vom britischen Militärkommandanten initiierte Weihnachtsfeier 1951 für Bad Harzburger Kinder. Der Nikolaus, gespielt von Wilhelm Busch, kam damals in einer Aufmachung daher, die man heute eher als erschreckend bezeichnen würde. 

Vom britischen Militärkommandanten initiierte Weihnachtsfeier 1951 für Bad Harzburger Kinder. Der Nikolaus, gespielt von Wilhelm Busch, kam damals in einer Aufmachung daher, die man heute eher als erschreckend bezeichnen würde. Foto: Ahrends-Archiv

Als solcher war er besonders in den 1950er und 1960er Jahren beliebter Animateur auf Kinderfesten und bei Veranstaltungen.
Wilhelm Busch in den 60er-Jahren in seiner Rolle als Clown Onkel Pelle. Heute wären solche Auftritte, vorsichtig ausgedrückt, gesellschaftlich schwierig.

Wilhelm Busch in den 60er-Jahren in seiner Rolle als Clown Onkel Pelle. Heute wären solche Auftritte, vorsichtig ausgedrückt, gesellschaftlich schwierig. Foto: Harz-History

Busch kam direkt nach dem Krieg nach Bad Harzburg und ergatterte trotz nur kurzer Ausbildungszeit bei der UFA in Babelsberg von der britischen Militärregierung die Genehmigung zum Betrieb einer Künstleragentur. Als der Kommandant des Leave-Centres in Bad Harzburg die Idee hatte, den Kindern der Stadt ein Weihnachtsfest zu bereiten, wurde Wilhelm Busch als Weihnachtsmann engagiert. Der Nikolaus an der Bergbahn folgte und 1952 stand der erste Auftritt von Clown Onkel Pelle aus Berlin an.

Heute gibt es auch Schnaps

Onkel Pelle und der erste Nikolaus – diesen in der Retrospektive zwar legendären, aber nach heutiger Lesart ein wenig gruselige Figuren dürften nur noch die alteingesessenen Bad Harzburger kennen. Doch den Bergbahn-Nikolaus gibt es heute noch. Er wurde bereits von vielen Menschen verkörpert, aktuell vom Eisbahn-Betreiber Andreas Richter in unnachahmlicher Manier. Da gibt es (für Erwachsene) sogar auch mal einen Schnaps.

Dichte Menschentrauben in den 70er-Jahren, um den Bergbahn-Nikolaus herum.

Der Bergbahn-Nikolaus als Star: Dichte Menschentrauben gehören in den 70er-Jahren zum traditionellen Bild. Foto: Ahrends-Archiv

Der Bergbahn-Nikolaus ist eine Konstante im Leben vieler Bad Harzburger. Manche erlebten den schwebenden Heiligen schon als Kind und besuchen ihn heute mit den Enkeln und Urenkeln. Wobei sich die Zahl derer, die sich am Nikolaustag auf zur Bergbahn machen, heutzutage lange nicht mehr mit den Massen vergleichen lässt, die in den Anfangsjahren und noch bis in die 80er hinein am Fuße des Burgbergs einfanden.

Denn irgendwann wurden es immer weniger, was auch daran gelegen haben mag, dass die Konkurrenz wuchs. Zwar gibt es eigentlich nur einen Nikolaus, aber in Bad Harzburg vermehrte er sich Anfang der 2000er-Jahre auf wundersame Weise. Um 2006 herum waren es derer drei: Einer besuchte die Eisbahn, einer das Zirkuszelt im Rosengarten, das seinerzeit den Weihnachtsmarkt bildete und einer kam mit der Bergbahn.
Der Nikolaus winkt fröhlich aus der Bergbahn-Gondel. Viele Protagonisten haben den Nikolaus schon verkörpert, unvergessen Bad Harzburgs ehemaliger Stadtjugendpfleger Ralph Starke, verkleidet als Nikolaus.

Viele Protagonisten haben den Nikolaus schon verkörpert, unvergessen Bad Harzburgs ehemaliger Stadtjugendpfleger Ralph Starke. Foto: Schlegel

Das Stadtmarketing zog die Reißleine und schaffte ihn im Jahr 2007 kurzerhand ab. Das Nebeneinander der vielen Heiligen wurde verwirrend und ließ die Bescherung mitunter in der Tat zu einer langwierigen Angelegenheit werden. Schon früh im Jahr 2007 war deshalb entschieden worden, den Bergbahn-Nikolaus zu streichen. Der Nikolaustag war seinerzeit ohnehin immer in die Schließungsphase der Bergbahn gefallen, was die Sache sehr problematisch gemacht hatte.

Die Anlage musste mitunter extra wieder in Betrieb genommen werden. In jenem Jahr war das aber aus technischen Gründen überhaupt nicht möglich gewesen. Das klang sehr endgültig und war zunächst auch so gemeint. „Also werden die Kinder wohl in Zukunft vergebens auf den Bad Harzburger Seilbahn-Nikolaus warten“, hieß es seinerzeit in der GZ. Bad Harzburg hatte den Nikolaus kurzerhand sterben lassen. Beziehungsweise einen Nikolaus von vielen.

Die Begeisterung hielt sich in Grenzen und so kam die Auferstehung schon im Jahr darauf. Denn a) hatte sich der Weihnachtsmarkt samt Zirkuszelt wieder verabschiedet und b) wurden Bergbahn- und Eisbahnnikolaus einfach kombiniert.

Sogar Abseilaktionen

So ist es auch noch heute. Erst kommt der Heilige mit der Seilbahn ins Tal gegondelt, ist er ganz mutig, lässt er sich sogar schon einmal aus der Gondel abseilen. Unten angekommen begrüßt er die Kinder und verteilt erste Geschenke.

Der Nikolaus verteilt vor der Bergbahn kleine Geschenke an die Kinder. Auch wenn der Andrang beim Bergbahn-Nikolaus heute nicht mehr mit dem aus den 70er-Jahren zu vergleichen ist, wird der Mann im roten Mantel doch stets umlagert. 

Auch wenn der Andrang beim Bergbahn-Nikolaus heute nicht mehr mit dem aus den 70er-Jahren zu vergleichen ist, wird der Mann im roten Mantel doch stets umlagert. Foto: Nachtweyh

Dann geht es im Tross mit den Jungen und Mädchen zur Eisbahn, wo es gefüllt Stiefel gibt, die vorher (leer) abgegeben werden können. Das Spektakel wird am Samstag um 15 Uhr an der Bergbahn-Talstation zu erleben sein. So wie seit nunmehr fast 70 Jahren.

HINTERGRUND

Noch bis spätestens 5. Dezember, jeweils ab 12 Uhr, können Kinder an der Eisbahn einen ihrer Stiefel oder Schuhe abgeben. Sie werden vom Nikolaus und seinen Helfern gefüllt und dann am 6. Dezember gegen 15 Uhr dort oben wieder ausgeteilt.

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