Bad Harzburgs Rat beschließt Minus-Haushalt und übt Kritik
Einstimmig beschließt der Rat den Doppelhaushalt für die Jahre 2025/26. Foto: Schlegel
In den Farben getrennt, in der Sache vereint, heißt es unter Fußballfans. So war das jetzt auch im Bad Harzburger Rat. Der hat einstimmig seinen Minus-Haushalt für 2025 und 2026 beschlossen. Einhellig war auch seine Kritik an Bund und Land.
Bad Harzburg. Einstimmig, in Rekordzeit und quittiert mit anerkennendem Tischklopfen hat der Bad Harzburger Rat am Dienstagabend den neuen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 beschlossen. Dieser weist unter dem Strich ein großes Minus auf, auch wenn das Ergebnis in den vergangenen zwei Wochen noch leicht verbessert werden konnte. Bürgermeister Ralf Abrahms und die Vorsitzenden der beiden großen Ratsgruppen, Michael Riesen (SPD/FDP/Wählergemeinschaft) und Hans-Peter Dreß (CDU/Grüne/Freie Wähler), nutzten ihre Haushaltsrede, um Geschlossenheit zu zeigen. Diesmal schossen sie mit Worten nicht gegeneinander, sondern gegen Bund und Land.
Einen zu diesem Zeitpunkt bereits positiv nachkalkulierten Verlust von 2,3 Millionen Euro hatte Kämmerin Annett Hackbarth zu Beginn der Haushaltsdebatte Ende November präsentiert. Für 2026 sah der Haushaltsentwurf ein Minus von 6,2 Millionen Euro vor. In enger Zusammenarbeit mit dem Stadtrat prüfte die Verwaltung anschließend, an welchen Stellen noch Einsparungen vorgenommen werden könnten. Die SPD-Gruppe hatte wie berichtet eine Liste mit Vorschlägen gemacht, die zum größten Teil in den Haushaltsentwurf eingearbeitet werden konnten. Unter dem Strich konnte das Minus für 2025 auf diese Weise auf rund 1,6 Millionen Euro gesenkt werden. Im Jahr 2026 beträgt das Defizit „nur“ noch 5,6 Millionen Euro. Von diesem Zeitpunkt an wird die Stadt wieder Kredite aufnehmen müssen, um weiter zahlungsfähig zu bleiben. „Das ist kein Grund zur Freude, aber in anderen Städten sieht es auch nicht besser aus“, kommentierte die Vorsitzende des Finanzausschusses, Britta Wichert (CDU).
Steuern werden nicht angefasst
Doch wieso ist Bad Harzburg überhaupt in die roten Zahlen gerutscht? Die Gründe dafür waren bereits zu Beginn der Haushaltsberatungen genannt worden, Wichert zählte sie noch einmal in Teilen auf: Unter anderem hat die Stadt mit gestiegenen Personalkosten zu kämpfen, die sie allerdings nicht komplett allein zu verschulden hat, zum einen sei da die Höhergruppierung von Küchenhilfen und Reinigungskräften von der Entgeltgruppe I auf II zu nennen, zum anderen die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst. Ebenso aber auch neue Stellen, die geschaffen werden müssten, etwa die eines Hausmeisters für das Rathaus, die eines Klimaschutzmanagers, eine im IT-Bereich der Feuerwehr sowie Stellen im Bauamt oder in den Kitas. Und es seien auch die Kosten gestiegen, was die Unterhaltung der städtischen Liegenschaften angehe.
Steuererhöhungen, um diese Ausgaben zu finanzieren, hatten beide großen Ratsgruppen schon zu Beginn der Haushaltsberatungen entschieden abgelehnt. So wurde der Hebesatz für die Grundsteuer A und B am Dienstagabend wie erwartet mehrheitlich bei 440 Prozent festgelegt. Eine Neufestlegung war aufgrund der Grundsteuerreform nötig geworden (die GZ berichtete). Hausbesitzer müssen somit keine zusätzliche Steuererhöhung befürchten. Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms hatte vor der Abstimmung noch einmal für einen höheren Hebesatz von 500 Prozent plädiert und einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt. Das hätte für die Stadt Mehreinnahmen von gut 750.000 Euro pro Jahr bedeutet. „Auf dieses Geld sollte man nicht verzichten“, begründete der Verwaltungschef. Folgen konnte ihm dabei aber nur die beiden AfD-Ratsherren Stephan Kowallis und Lothar Obermüller. Die übrigen Ratsmitglieder stimmten dagegen.
Auch der Antrag zur Änderung der Hundesteuersatzung der CDU-Ratsgruppe fand keine Mehrheit. Wie berichtet, hatte die Gruppe in Person von Alexander Weisse (CDU) kürzlich vorgeschlagen, Besitzern von Gebrauchshunden, im Wesentlichen Jagdhunden, die Steuer zu erlassen. Die Abstimmung darüber verlief am Dienstag etwas holprig, musste sogar wiederholt werden. Die CDU-Gruppe stimmte wenig überraschend dafür, mit Ausnahme von Bernd Schilling, der dagegen war. Ebenso wie die SPD-Gruppe und die AfD. Christoph Willeke (SPD) stimmte nicht mit ab, da er selbst Jäger ist.
SPD lobt sich selbst

Michael Riesen (SPD). Foto: Schlegel
Zur Umsetzung des vom Rat beschlossenen Radwegekonzepts sind 2025 und 2026, ebenfalls auf Vorschlag der SPD-Gruppe, jeweils nur noch 15.000 statt 150.000 Euro vorgesehen. Im ursprünglichen Haushaltsentwurf waren von der Verwaltung sogar mal gut gemeinte 300.000 Euro pro Jahr eingeplant gewesen. Aktuell sei jedoch kein größeres Projekt zugunsten des Fahrradverkehrs geplant, so die Begründung.
Die von der SPD-Gruppe geforderte pauschale Kürzung bei den Investitionen von zehn Prozent ließ sich hingegen nicht umsetzen. Streichen konnte die Verwaltung lediglich fünf Prozent. Das entspricht für beide Jahre aber immerhin rund 590.000 Euro. Die Investition, die für den Feuerwehrneubau im Zuge des Konzepts „Feuerwehr 2030“ eingeplant ist, sei auf Wunsch seiner Gruppe mit einem Sperrvermerk versehen worden und dürfe entsprechend erst dann ausgegeben werden, wenn der Rat ausführlich über das Vorhaben informiert worden ist, berichtete Riesen. In Sachen Spielplätze musste die SPD-Gruppe allerdings einen Dämpfer hinnehmen: Sie hatte gefordert, künftig 24.000 Euro mehr pro Jahr für Neu- beziehungsweise Ersatzbeschaffungen von Spielgeräten einzuplanen. Dieser Antrag konnte von der Verwaltung allerdings nicht berücksichtigt werden. „Das finden wir bedauerlich“, kommentierte Riesen. Der vor vier Jahren von vielen Jugendlichen per Unterschriftenliste gewünschte Pumptrack – ein Hindernisparcours – taucht im Haushalt übrigens gar nicht mehr auf.
Anforderungen steigen
Unter dem Strich könne sich der Haushalt sehen lassen, kommentierte Riesen. Gleichzeitig wiederholte er seinen Wunsch, beim nächsten Doppelhaushalt mehr Zeit für die Beratung zu bekommen. Die finanzielle Lage werde sich weiter verschlechtern, das sei bereits sicher. Land und Bund seien deshalb gefordert, die Kommunen zu unterstützen.

Hans-Peter Dreß (CDU). Foto: Schlegel
Beide Gruppenvorsitzenden sprachen der Verwaltung und insbesondere Kämmerin Hackbarth und ihrem Team ein übergroßes Lob aus. Für deren transparente Arbeit, aber auch für die schnelle Beantwortung von Fragen.
Leere Versprechungen?
Bürgermeister Abrahms hatte bereits zu Beginn der Sitzung am Dienstag auf eine Einwohnerfrage hin betont, dass die Kommune keine Gesetze mache, sondern diese nur ausführe. „Mir wird Angst und Bange, wenn ich an die nächste Bundestagswahl denke“, führte er dann in seiner Haushaltsrede fort. Alles, was da aus Berlin an Steuerentlastungsversprechen komme, egal von wem – sei Quatsch. „Die Wahrheit ist: am Ende kommt unten weniger an“, stellte Abrahms klar. „Die Reise geht in eine ganz andere Richtung, es werden ganz, ganz bittere Zeiten“, so seine düstere Prognose. Während es früher finanziell stärkere und schwächere Kommunen gegeben habe, seien nun fast alle von einem Defizit betroffen. In Bad Harzburg sei man nur deshalb etwas besser aufgestellt als anderswo, weil man frühzeitig die richtigen Schritte unternommen habe. Der neue Doppelhaushalt sei zwar „genehmigungsfähig, aber nicht zukunftsfähig“. Er bestehe nach wie vor aus Schönwetterzahlen. Der nächste Stadtrat werde nicht nur viel Zeit bekommen, den künftigen Doppelhaushalt zu beraten – er werde diese Zeit auch brauchen, prophezeite Abrahms.
Christoph Willeke (SPD), nicht nur Ratsmitglied, sondern bekanntlich auch Landtagsabgeordneter, versprach, die Kritik mit nach Hannover zu nehmen. „Das soll keine Verteidigungsrede werden, aber das Land darf im Gegensatz zu den Kommunen keinen Haushalt mit roten Zahlen verabschieden“, ordnete er ein und sprach in diesem Zusammenhang von einer „Schieflage“, einem „strukturellen Problem“. Willeke warb deshalb dafür, die Schuld nicht nur bei anderen zu suchen und Kommunen, Länder und Bund nicht gegeneinander auszuspielen.ZUM NACHLESEN
Den gesamten Haushaltsentwurf sowie alle Beschlussvorlagen der Ratssitzung gibt es zum Nachlesen im Internet, unter www.stadt-bad-harzburg.de/Meine-Stadt/Politik/Rat/. Unter dem Reiter „Ratsinfo Ortsrecht“ findet sich neben einem Kalender mit allen Ausschuss- und Ratssitzungen auch eine entsprechende Suchmaske.

Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms (r.) wird „Angst und Bange“, wenn er an die Bundestagswahl denkt. Er prophezeit „ganz, ganz bittere Zeiten“. Foto: Schlegel