Oberlandesgericht Braunschweig spricht Bloggerin Schunke frei
Anabel Schunke. Foto: Sierigk
Endgültig freigesprochen vom Vorwurf der Volksverhetzung ist die rechtsgerichtete Bloggerin Anabel Schunke. Wie das Oberlandesgericht Braunschweig das Urteil begründet.
Amtsgericht Goslar
Schunke-Urteil: Staatsanwaltschaft legt Revision ein
Die Angeklagte hatte, wie das Landgericht feststellte, auf Twitter einen Beitrag mit folgendem Inhalt gepostet: „Ein großer Teil der Sinti und Roma in Deutschland und anderen Ländern schließt sich selbst aus der zivilisierten Gesellschaft aus, indem sie den Sozialstaat und damit den Steuerzahler betrügen, der Schulpflicht für ihre Kinder nicht nachkommen, nur unter sich bleiben, klauen, Müll einfach auf die Straße werfen und als Mietnomaden von Wohnung zu Wohnung ziehen.“ Schunke habe – so das Landgericht – jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass Sinti und Roma sich dadurch verletzt fühlten.
In Goslar zur Geldstrafe verurteilt
Das Amtsgericht Goslar hatte sie wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Braunschweig das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und sie freigesprochen. Der Tatbestand der Volksverhetzung nach Paragraf 130 StGB sei nicht erfüllt. Das Erfordernis eines Angriffs auf die Menschenwürde lasse sich nicht feststellen.
Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen diesen Freispruch ein. Diese blieb jedoch ohne Erfolg. Der Strafsenat hat nach mündlicher Verhandlung die Entscheidung des Landgerichts bestätigt und die Revision – auch auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft – verworfen
Bei dem Straftatbestand gehe es gerade nicht um den Schutz vor Beleidigungen im Sinne eines erweiterten Ehrschutzes, erläuterte das Oberlandesgericht in einer Pressemitteilung. Er verlange vielmehr einen Angriff auf die Menschenwürde und damit eine besonders gravierende Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Der Täter müsse der Person des Angegriffenen ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft absprechen.Freispruch für Polit-Bloggerin
Volksverhetzung: Landgericht spricht Anabel Schunke frei
Der Senat führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus, dass sich nach der von dem Landgericht vorgenommenen – nicht zu beanstandenden – Gesamtwürdigung des Beitrags nicht feststellen lasse, dass die Angeklagte einem großen Teil der Sinti und Roma ein gleichwertiges Lebensrecht abspreche. Sie habe sie mit ihrem Beitrag an den Rand der Gesellschaft gestellt und damit gerade nicht „entmenschlicht“.
Die Beurteilung, ob die Äußerung die Menschenwürde anderer angreift, obliege dem Tatrichter, in diesem Fall dem Landgericht. Dieser habe nach ständiger Rechtsprechung den tatsächlichen Sinngehalt der beanstandeten Äußerung zu ermitteln. Komme der Tatrichter zu einem vertretbaren Ergebnis, so habe das Revisionsgericht dessen Auslegung hinzunehmen, sofern sie sich nicht als rechtsfehlerhaft erweise, mag auch ein anderes Ergebnis durchaus vertretbar sein oder aus Sicht der Rechtsmittelinstanz sogar näherliegen. Die Angeklagte habe mit ihrem – ohne Zweifel diskriminierenden und ehrverletzenden – Beitrag nicht den Kernbereich der Persönlichkeit verletzt.
Eine Strafbarkeit wegen eines Beleidigungstatbestandes scheitere am Fehlen eines zwingend erforderlichen Strafantrags.Berufung gegen Urteil eingelegt
Volksverhetzung? Schunke-Verfahren am Montag
Die Entscheidung ist unanfechtbar. red
Amtsgericht Goslar
Schunke-Urteil: Staatsanwaltschaft legt Revision ein
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