Zähl Pixel
Freispruch für Polit-Bloggerin

GZ Plus IconVolksverhetzung: Landgericht spricht Anabel Schunke frei

Die Polit-Bloggerin Anabel Schunke wird vom Braunschweiger Landgericht freigesprochen.

Die Polit-Bloggerin Anabel Schunke wird vom Braunschweiger Landgericht freigesprochen. Foto: Peter Sierigk (Archiv)

Freispruch für Anabel Schunke: Das Landgericht Braunschweig hat in der Berufungsverhandlung ein Urteil des Goslarer Amtsgerichts kassiert. Dort wurde die aus Goslar stammende Polit-Bloggerin wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt.

author
Von Hendrik Roß
Montag, 17.03.2025, 18:00 Uhr

Goslar. Das Braunschweiger Landgericht hat die in Goslar geborene Polit-Bloggerin Anabel Schunke in zweiter Instanz vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Das Schöffengericht kassierte ein Urteil des Goslarer Amtsgerichts von August 2024, gegen das Schunke, aber auch die Staatsanwaltschaft Göttingen Rechtsmittel eingelegt hatten.

Im Kern des gesamten Verfahrens geht es um einen Post, in dem sich die 36-Jährige im Jahr 2022 abfällig über Sinti und Roma geäußert hatte. Die Verfasserin, die zur Berufungsverhandlung erneut nicht persönlich erschienen war, warf darin einem „großen Teil“ dieser ethnischen Gruppe vor, sich durch ihr Verhalten selbst aus der Gesellschaft in Deutschland auszuschließen, den Sozialstaat zu betrügen, Müll auf die Straße zu werfen, ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken, zu klauen und als Mietnomaden aufzutreten.

Aber ist das volksverhetzend? Nein, urteilte das Braunschweiger Landgericht. Der Vorsitzende Richter attestierte dem Amtsgericht Goslar, „ein bisschen zu forsch“ in der Sache geurteilt zu haben. Schunke habe Sinti und Roma ihren Lebenswert nicht generell abgesprochen. Ihre Worte seien vielleicht verletzend gewesen, möglicherweise beleidigend, aber eben nicht volksverhetzend.

Hohe Reichweite

In Goslar war die Bloggerin, die unter anderem für die Schweizer Weltwoche schreibt und mehr als 200.000 Follower auf X (ehemals Twitter) aufweist, noch zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 60 Euro, also insgesamt 5400 Euro verurteilt worden. Als erschwerend wurde damals die hohe Reichweite Schunkes in sozialen Medien angeführt. Als sie den Sinti-und-Roma-Post absetzte, hatte sie auf Twitter rund 50.000 Follower, wie aus den Gerichtsakten hervorging. Heute sind es beim Nachfolger X viermal so viele.

Ihr Anwalt legte sich bei der Berufungsverhandlung noch einmal mächtig ins Zeug, legte mehrere Zeitungsartikel vor, die sich mit „massiven“ Integrationsproblemen und Straftaten von Sinti und Roma in Deutschland befassten. Was Schunke auf „zugespitzte und polemische“ Weise geäußert habe, spiegele eine Stimmung in Deutschland wider, die es eindeutig gebe, aber über die sich kaum noch jemand traue zu sprechen. Als „Bloggerin und Journalistin“ dürfe seine Mandantin sich so äußern, bekräftigte der Verteidiger.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft Göttingen, deren Zentralstelle gegen Hasskriminalität im Internet die Klage führte, entgegnete, dass Schunke einem großen Teil einer Bevölkerungsgruppe durch unwahre Behauptungen die Begehung von Straftaten unterstellt habe, was aufgrund ihrer großen Reichweite ein „fremdenfeindliches Klima“ fördern würde. Der Staatsanwalt empfahl in seinem Plädoyer, beide Berufungen zu verwerfen und das Goslarer Urteil zu bestätigen. Dabei waren die Strafverfolger aus Göttingen ursprünglich ebenfalls in Berufung gegangen, um eine höhere Strafe zu erreichen. Das Verfahren endete jedoch mit einem Freispruch.

In Dauerschleife

Schunke verbreitet in Dauerschleife vor allem Islam- und Migrationskritik, prangert angebliches deutsches Staatsversagen oder schlicht „linksgrünen Wahnsinn“ an. Auf X hat sie mittlerweile mehr als 27.000 Beiträge veröffentlicht. Auch auf das Goslarer Urteil im August 2024 und den anschließenden Artikel in der GZ folgte eine Sturmflut von Posts auf ihrem X-Profil, in dem sie unter anderem eine angeblich politisch motivierte Strafverfolgung und die Berichterstattung monierte. Nun feierte Schunke das Braunschweiger Urteil schon kurze Zeit, nachdem es gesprochen war, mit ihrer X-Gemeinde als „wichtigen Sieg für die Meinungsfreiheit“. Sie wolle ihre Gefolgschaft auf dem Laufenden halten. Es gibt ja noch die Möglichkeit, dass die Göttinger Staatsanwaltschaft erneut Rechtsmittel einlegt und das Oberlandesgericht sich der Sache annimmt.

Das war es dann aber auch mit der Freude über ihren Freispruch. Kurze Zeit später postet Schunke wieder über Finanzhilfen für Syrien und einen „nie enden wollenden Albtraum“ in Deutschland. Die Social-Media-Maschine läuft schnell wieder auf Hochtouren.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Themen aus der Region