Alarm in der Goldenen Aue: Die Polizei hat am Dienstag um die Mittagszeit das komplette Schulzentrum evakuieren lassen und weiträumig abgesperrt. Rund 1500 Schülerinnen und Schüler sowie mehr als 100 Lehrkräfte der Realschule Goldene Aue und des CvD-Gymnasiums mussten gegen 12.45 Uhr ihre Klassenräume verlassen oder sich dort verschanzen, weil zunächst unklar war, ob ein Amoklauf oder eine Bombenexplosion angekündigt war – oder sogar beides?
Die Nachricht verbreitete sich jedenfalls wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien. Hunderte von besorgten Eltern trafen vor dem weiträumig abgeriegelten Schulzentrum ein, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Tränen flossen bei Groß und Klein. In einem Memo informierte CvD-Direktor Holger Ritzke die Eltern, dass die Schule im Verlauf der fünften Stunde, die von 11.35 bis 12.20 Uhr dauert, habe Amokalarm auslösen müssen, weil sich eine „unklare Situation ergeben“ habe. Die Schüler seien sicher bei den Kolleginnen und Kollegen in verschiedenen Räumen. Er bat ausdrücklich darum, nicht zur Schule zu kommen, um die Kinder abzuholen. Nach Freigabe durch das Einsatzkommando wolle er sich wieder melden. Am Handy waren er und Realschulrektorin Ulrike Eilers am Dienstag nicht für die GZ zu erreichen – verständlich: Sie hatten anderes zu tun.

Polizei mit Großaufgebot

Für die Polizei hielt Sprecher Thorsten Ehlers die Öffentlichkeit auf dem Laufenden. Nach ernstzunehmenden Hinweisen aus den sozialen Medien habe die Polizei einen Großalarm ausgelöst und sei mit allen Kräften zur Goldenen Aue aufgebrochen. Das Schulzentrum liegt nicht weit von der Polizei-Dienststelle. „Die Lage ist ruhig, es läuft alles in geordneten Bahnen“, meldete Ehlers sich bald während des Einsatzes vor Ort vom Schulzentrum Goldene Aue. Die Schülerinnen und Schüler würden zu Sammelstellen am DRK-Zentrum an der Wachtelpforte und auf dem Lidl-Parkplatz an der Bornhardtstraße gebracht. Dort waren Abholpunkte eingerichtet, an dem Eltern ihre Kinder in Empfang nehmen und nach Hause bringen konnten. Die Polizei ging rasch nicht mehr von einer Amoklage aus, bei der sich die Kinder in ihren Klassenzimmern zum Schutz vor einem Attentäter verschanzen und unter den Tischen verstecken sollen. Aber was war mit einem möglichen Bombenalarm? In diesem Fall ist die Evakuierung vorgesehen. „Wir ziehen unsere Maßnahmen jetzt erst einmal komplett durch“, sagte Ehlers. Die unübersichtliche und nicht zu beherrschende Nachrichtenlage in den sozialen Medien machte den Einsatz nicht leichter. Aufgrund des Alarms in der benachbarten Goldene Aue reagierten auch die Berufsbildenden Schulen Goslar/Baßgeige-Seesen. „Wir haben unsere Schüler nach Hause geschickt“, erklärte Direktor Otto Markus Brinkmann.

Gegen 14.15 Uhr kam die erste Entwarnung. Ehlers erklärte, dass die Beamten von einem Fehlalarm ausgingen. Das Gebäude wurde ein zweites Mal durchsucht. Später kamen sogar noch zwei Sprengstoffspürhunde zum Einsatz. Um 16.15 Uhr meldete Ehlers den Einsatz für beendet. Die Polizei zog wieder ab. Ehlers kündigte an, ein Strafverfahren wegen Stören des öffentlichen Friedens einzuleiten. Was aber hatte ein Bild aus dem Forum der Goldenen Aue mit dem Alarm zu tun, das bald in den sozialen Netzwerken unter Schülern kursierte? „Hab ne Bombe dabei und eine Waffe“ stand da zu lesen – und dass die Bombe um 12.43 Uhr explodieren solle. Mit falschem Arabisch wird Allah gehuldigt und ein Hashtag für Afghanistan gesetzt. Rätselhaft. Die Polizei äußerte sich am Dienstag nicht dazu.

Nicht der erste (Fehl-)Alarm

Zur Erinnerung: Schon im Januar hatten mehrere Goslarer Schulen frühmorgens eine Bombendrohung per E-Mail erhalten. Dort hatte es sich mutmaßlich um jenen Unbekannten gehandelt, der bereits seit Monaten immer mal wieder solche Drohungen bundesweit wahllos an verschiedene Behörden und Einrichtungen und offenkundig wiederholt an Schulen verschickt. Betroffen waren in Goslar in diesem Fall das Ratsgymnasium, das Schulzentrum Goldene Aue, die Adolf-Grimme-Gesamtschule in Oker, die Berufsbildenden Schulen am Stadtgarten und die Grundschule Worthschule. In Clausthal-Zellerfeld trudelte die Mail in der Polizeistation ein. Die Schulen gingen ganz unterschiedlich mit der Drohung um – die einen zogen ihre Feuerübung aus dem Februar vor, andere organisierten Spaziergänge.

Ähnlich viel Panik wie am Dienstag herrschte noch im alten Schulzentrum Goldene Aue auch schon im November 2010, als vermutlich nach einem Fehler in der Technik kurz nach Unterrichtsbeginn gegen 7.55 Uhr eine automatisierte Lautsprecher-Durchsage vom Band ablief. Sie enthielt einen Hinweis auf eine Amoklage und löste eine umfangreiche Alarmierungskette aus. Erst gegen 9.40 Uhr durfte die Polizei sicher sein: Ein Amokschütze ist nicht unterwegs. Zwei Stunden lang herrschte pure Angst unter den knapp 200 Eltern, die seinerzeit vor der Schule warteten.