Main Müller unter Ausschluss der Presse in Seesen wiedergewählt
Main Müller (r.) beim "Bürgerdialog" im September in Seesen im Dialog mit seinem Parteifreund, dem Bundestagsabgeordneten Micha Fehre. Foto: Neuendorf (Archiv)
Im AfD-Kreisverband Goslar hat es viele Verwerfungen gegeben. Jetzt wurde der Dachdeckermeister Main Müller wieder zum Vorsitzenden gewählt – unter Ausschluss der Presse.
Seesen. Der Seesener Dachdeckermeister Main Müller ist bei einem Parteitag in Seesen wieder zum Vorsitzenden des AfD-Kreisverbandes Goslar gewählt worden. Müller, der im September im Zentrum einer tumultartigen „Bürgerversammlung“ stand, die bundesweit Wellen schlug, hatte keinen Gegenkandidaten. Die Presse wurde auf Antrag eines Mitglieds von der Versammlung im Eventsaal Maximum ausgeschlossen.
Blick in den Tagungssaal: Bevor der Berichterstatter von der AfD-Versammlung ausgeschlossen wird, war noch ein Foto vom Kreisparteitag möglich. Foto: Stade
Schon daran zeigte sich, dass die bizarre „Bürgerversammlung“ im Jacobson-Haus mit den gegenseitigen Beschimpfungen, von denen Videos in den elektronischen Medien zigtausendfach aufgerufen wurden, beim Kreisparteitag am Samstag nachwirkte. Heftiger Streit mit Schuldzuweisungen, über die öffentlich berichtet wird, das sollte es offenbar kein weiteres Mal geben.
Ins Gewissen geredet
Auch der große Andrang zeigte, dass der „Bürgerdialog“ nicht vergessen war. 127 Parteimitglieder, und damit deutlich mehr als bei früheren Versammlungen, wurden an der Eingangskontrolle gezählt, an der jeder Besucher seinen Personalausweis vorzeigen musste. Außerdem redete Delia Klages, die stellvertretende Landesvorsitzende, die neben Landes-Generalsekretärin Sonja Nilz nach Seesen gekommen war, den Parteimitgliedern regelrecht ins Gewissen. Sie glaube, es brauche „ein gewisses Maß an Disziplin, um so einen Kreisparteitag abzuhalten“. Und sie bitte „inständig“, diese Disziplin und „den Respekt vor anderen“ zu zeigen, erklärte sie.
Gegendemo mit 450 Teilnehmern
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Landesvize Klages berichtete weiter, ein „extrem wichtiges Wahljahr“ stehe bevor, die AfD habe die Chance, „sich in jeder Kommune mit starken Fraktionen zu etablieren“. Dessen müssten sich alle bewusst sein, es brauche daher „eine starke Gemeinschaft und die Unterstützung aller Mitglieder“, sagte Klages weiter. Die Parteimitglieder in Seesen rief sie dazu auf, den „Startschuss“ dafür zu setzen und alles „mit Bedacht“ zu tun.
Streit in Seesen zieht Kreise
„Eigentor“: AfD-Landesvorstand prüft Konsequenzen
Ein wenig Irritationen hatte es gegeben, als Joachim Wedler aus Bad Harzburg zu Beginn der Sitzung ans Rednerpult getreten war. Der hatte zuvor vor dem Versammlungsraum Flugblätter verteilt, in denen er sich kritisch zur Absetzung des früheren Vorstands um Dirk Straten, zur „Bürgerversammlung“, zu Main Müller und zum Landesvorstand äußert. Dass Müller sich erneut zur Wahl stelle, sei „ein doppelter Skandal“, schreibt er darin. Wedler, der in der Versammlung erklärte, er wolle nur an ein verstorbenes Parteimitglied erinnern, kam nicht zu Wort. Er solle sich an die Tagesordnung halten, hieß es. Als die Sitzung dann eröffnet war, beantragte ein Mitglied, die Presse auszuschließen. In diesem Punkt waren sich die meisten Mitglieder einig, sodass die Vertreter der Goslarschen Zeitung und des Seesener Beobachters den „Eventsaal“ verlassen mussten.
Schriftführer will anonym bleiben
Auch hinterher soll es große Einigkeit gegeben haben. Müller wurde wieder zum Vorsitzenden gewählt, mit 92 Prozent, mit „überwältigender Mehrheit“, wie er der GZ hinterher mit Genugtuung sagte. Seine Lebensgefährtin Olga Grabo wurde ebenfalls wieder zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, ebenfalls „mit überwältigender Mehrheit“, erklärte Müller. Auch einen Schriftführer gibt es wieder, er wolle aber nicht öffentlich genannt werden, heißt es. Schatzmeister wurde Florian Barwenczik aus Goslar, Pressereferent Kolja Becher aus Bad Harzburg. Außerdem wurden vier Beisitzer gewählt.
Kreisverband Goslar
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Dreieinhalb Stunden habe die Versammlung gedauert, berichteten Teilnehmer. Der Grund seien nicht Streitereien gewesen, sondern die Vorstandswahlen. Berichtet wurde zudem, Müller habe dem früheren Vorstand um die beiden Goslarer Dirk Straten und Oliver Hachmeister symbolisch die Hand gereicht. Zur Erinnerung: Der Landesvorstand unter Ansgar Schledde, der ein Freund von Main Müller sein soll, wurde im Sommer 2024 handstreichartig ohne Vorwarnung von Schledde abgesetzt. Begründet wurde dies mit einem angeblich parteiwidrigen Aufnahmeverfahren neuer Mitglieder, das zunächst nur Probemitgliedschaften vorsah. Das AfD-Landesschiedsgericht billigte die Absetzung, in dessen Folge Main Müller im Herbst 2024 zum Kreisvorsitzenden gewählt wurde. Das AfD-Bundesschiedsgericht bezeichnete die Absetzung später als „rechtswidrig“, dennoch sei Müllers Wahl dadurch nicht gleichfalls rechtswidrig.

Die stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Delia Klages erklärt den beiden Pressevertretern, dass sie vom Kreisparteitag ausgeschlossen sind und den Saal verlassen müssen. Foto: Stade
Müller trat dann schließlich nach der bizarren „Bürgerversammlung“ mit seinem gesamten Vorstand zurück, das hatte der Landesvorstand „empfohlen“. Zuvor hatte sich der halbe Vorstand von Müller distanziert und aus mehreren Gründen beim Landesvorstand dessen Absetzung gefordert.
„Gemauschel zum gegenseitigen Vorteil“
Zurück zu Joachim Wedler: Sein Schreiben richtet er an die „lieben neuen Parteifreunde“, die am Samstag zum Kreisparteitag nach Seesen gekommen waren. Den früheren Vorstand um Straten und Hachmeister nennt er „besonnen“, Müller hingegen habe es geschafft, „den Kreisverband zu schrotten“ und „der hunderttausendfachen Lächerlichkeit preiszugeben“, heißt es in seinem Papier.
Wedler spricht im Zusammenhang mit der Absetzung des früheren Vorstands und der ersten Wahl Müllers von „Vetternwirtschaft, korrupten Seilschaften und Gemauschel zum gegenseitigen Vorteil“. Dem Landesverband wirft er vor, über all die Vorgänge zu schweigen, und er erinnert an Äußerungen Müllers beim oder nach dem Bürgerdialog. In einer Videoaufnahme, die seinerzeit entstand, sagt Müller: „Wenn ich die Beweise, die ich habe, auf den Tisch lege, ist die AfD zu Ende.“ Müller fügt aber hinzu, das werde er nicht tun, denn die AfD sei das „einzige Werkzeug, um das Land zu retten“. Wedler fragt nun: „Was wird hier verheimlicht, welche Abhängigkeiten existieren, die es unbeschadet möglich machen, dass Müller erneut zur Wahl antreten kann?“ Wedler kündigt an, die Angelegenheit aufklären zu wollen, er wolle rechtliche Schritte einleiten.
Müller sieht sich durch seine Wiederwahl indes rehabilitiert.
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