Wildschwein tötet Hund in St. Andreasberg
Immer wieder zieht es die Wildschweine in die Gärten in St. Andreasberg. Im vergangenen Jahr warfen sie dabei auch Mülltonnen um. Foto: Privat
Nachdem ein Wildschwein am Montag in einem Garten in St. Andreasberg einen Hund getötet hat, wird in der Bergstadt über neue Methoden nachgedacht, gegen das Schwarzwild vorzugehen. Die Tiere sorgen bereits seit Monaten für Probleme.
St. Andreasberg. Umgepflügte Gärten, kaputte Mülleimer, zerstörte Gräber auf dem Friedhof und jetzt ein toter Hund: St. Andreasberg leidet immer stärker unter den Wildschweinen, die in und rund um die Bergstadt leben. Die Stadt Braunlage sieht mittlerweile eine Gefahr für die sogenannte öffentliche Sicherheit und hat für den heutigen Mittwoch alle Verantwortlichen eingeladen, um eine Lösung für das Problem zu finden. Dabei wird auch der Einsatz von Lebendfallen – per sogenannten Saufang – nicht mehr ausgeschlossen.
Bereits seit Monaten gibt es immer wieder Probleme mit umgepflügten Gärten. Allein im zweiten Halbjahr 2023 sind der Jagdgenossenschaft St. Andreasberg 65 Fälle angezeigt worden, berichtet Vorsitzender Volker Jung. Doch was sich am Montagmorgen ereignet hat, hebt die Situation auf ein neues Niveau. Stefan Wolf lebt mit seiner Familie mitten in der Bergstadt, also nicht am Waldrand. Er hat seine beiden Hunde, Anni und Lou, gegen 5.30/6 Uhr in den Garten laufen lassen. „Plötzlich habe ich Anni bellen gehört“, teilt er auf GZ-Anfrage mit, was sie sonst nur sehr selten macht, während Lou aufgeregt zurückkam. Stefan Wolf schnappte sich einen Besen, rannte in den Garten und sah den 14-jährigen Dachbrackenmix bereits schwer verletzt auf dem Rasen liegen.
Keine Waffe in Ortsnähe
Ein Wildschwein hatte die Hündin so schwer verletzt, wie ein Nachbar beobachtet hat, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Der Zeuge habe allerdings nicht erkennen können, ob eine Bache oder ein Keiler ihr die tödlichen Verletzungen zugefügt hat und auch der Halter hatte das Tier nicht mehr gesehen. Gerade Bachen seien derzeit aggressiv, wenn sie Nachwuchs haben, also mit Frischlingen unterwegs sind. Stefan Wolf jedenfalls hat die Tat bei der Polizei angezeigt.
Einer, der den Wildschweinbestand reduzieren soll, ist Jagdpächter Jan Burmeister-Wiese. Er darf jedoch innerorts aus rechtlichen Gründen nicht jagen, ja nicht einmal eine Waffe tragen. Aber gerade in dem Bereich, der zum Ortsgebiet gehört und in dem die Jagd verboten ist, halte sich derzeit viel Schwarzwild auf, wie Jan Burmeister-Wiese und seine Jäger beobachtet haben. Er gebe viel Rückzugsfläche, also kleine Waldgebiete, in denen sich die Tiere gut geschützt aufhalten können. Allein in Ortsnähe seien 17 Hektar solcher Flächen vorhanden, berichtet der Pächter, der insgesamt eine Fläche von 676,9 Hektar zur Jagd nutzt.
Wie Stefan Fenner, der Leiter des Forstamts Lauterberg, auf Anfrage mitteilt, habe sich der Wildschweinbestand im Oberharz mittlerweile wieder erholt. Gerade während der trockenen Sommer habe es nicht mehr so viele Tiere gegeben, weil das Wasser und matschige Flächen zum Suhlen gefehlt hätten.
Keinesfalls füttern
Im ortsnahen Bereich dürfe jedoch nicht gejagt werden, wie auch Fenner unterstreicht. „Das einzige, was das Schwarzwild davon abhält in die Gärten zu kommen, ist ein fester hoher und nach unten gesicherter Zaun“, sagt er. Grundstücksabgrenzungen aus Maschendraht oder Hecken seien keine Hindernisse für Wildschweine. Zudem rät er, keinen Kompost zu haben oder die Biotonnen für die Abfuhr bereits am Abend vorher herauszustellen. Und keinesfalls sollte den Tieren Futter bereit gestellt werden.
Keine Stellungnahme zu der Situation wollte der Landkreis Goslar gestern abgeben. Für die Wildschweine rund um St. Andreasberg ist die untere Jagdbehörde zuständig, die wegen langfristiger, krankheitsbedingter Personalausfälle für voraussichtlich mehrere Wochen nicht besetzt ist. Pressesprecher Maximilian Strache teilt jedoch mit, dass die Behörde mit dem Thema befasst sei und am heutigen Mittwoch eine Stellungnahme abgeben werde.
Keine Scheu mehr
Die Stadt Braunlage hat derweil die Initiative ergriffen. „Wir sehen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“, sagt Bürgermeister Wolfgang Langer. Deshalb habe die Kommune für den heutigen Mittwoch unter anderem Vertreter der Behörden, der Jagdgenossenschaft und auch Jagdpächter Jan Burmeister-Wiese zu einem nicht-öffentlichenTreffen eingeladen, um nach Lösungen zu suchen, wie das Problem gelöst werden kann. Laut Wolfgang Langer sei der Saufang, bei dem die Wildschweine mit Nahrung in eine Lebendfalle gelockt und dann von sogenannten Berechtigten getötet werden, nur eine Möglichkeit, der Gefahr Herr zu werden, die derzeit von dem Schwarzwild ausgeht.
Wie die Stadt weiter mitteilt, würden die Wildschweine nahezu keine Scheu mehr aufweisen und nicht mehr fliehen. Es seien bereits entsprechende Situationen mit Kindern auf dem Schulweg gemeldet worden. Ferner sei bereits der Friedhof trotz vorhandener Einfriedung von Wildschweinen aufgesucht und Gräber teils erheblich beschädigt worden. All dies führe dazu, dass das Sicherheitsgefühl im gesamten Ortsteil St. Andreasberg massiv leide. Die Kommune könne zudem nicht ausschließen, dass es auch zu Angriffen auf Menschen kommen könne.

Ein Jäger schüttet Maiskörner in eine Saufang-Falle. Im Kampf gegen die Wildschweine in St. Andreasberg wird darüber nachgedacht, auch diese Fallen einzusetzen. Foto: Patrick Pleul/dpa