Vier minderjährige Großneffen missbraucht, vergewaltigt und gefilmt

Der Angeklagte wird im Gerichtssaal von den Handschellen befreit. Links sein Verteidiger Claus Mielke. Foto: Klengel
Vier Jungen im Alter von sieben bis elf Jahren soll ein Goslarer mehrfach vergewaltigt haben. Der 28-Jährige, der der Großonkel der Kinder ist, steht seit Dienstag vor Gericht. Die Beweislast ist erdrückend, da er selbst seine Taten filmte.
Braunschweig/Goslar. Vergewaltigung, schwerer sexueller Missbrauch Minderjähriger und Kinderpornografie: Das wirft die Staatsanwaltschaft einem 28-jährigen Mann aus Goslar vor. Er muss sich seit gestern vor dem Landgericht Braunschweig verantworten.
Ihm werden 51 Straftaten zum Nachteil von vier Jungen zwischen sieben und elf Jahren zur Last gelegt. Da der Angeklagte die Taten, die sich zwischen dem Juli vergangenen Jahres und dem Januar 2025 ereigneten, mit seinem Smartphone fotografierte und filmte, wird ihm überdies die Herstellung von Kinderpornografie vorgeworfen. Staatsanwalt Fürstenau brauchte eine gute halbe Stunde, um die 51 Einzeltaten zu verlesen. Der Angeklagte hielt währenddessen den Kopf gesenkt und beschirmte sein Gesicht mit den Händen.
Öffentlichkeit ausgeschlossen
Er werde aussagen, hieß es von Verteidiger Claus Mielke, doch stellte der Rechtsanwalt sogleich einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit für die Dauer der Aussage seines Mandanten. Dem gab die 2. Strafkammer unter Vorsitz von Dr. Uta Engemann statt. Das Recht auf Schutz der Intimsphäre steht auch einem Angeklagten zu. Mielke machte deutlich, dass in dieser Vernehmung Details zu einem sensiblen Thema erörtert werden. Es geht natürlich um den Hang des Angeklagten zu Pädophilie.
Zuvor erging durch die Vorsitzende der Hinweis, dass im Falle einer Verurteilung die Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt im Raum stehe. Zur Gefährlichkeit und zur Therapierbarkeit des Angeklagten wird im Verlauf des Prozesses eine forensische Psychologin aussagen.
Bei den Opfern der 51 Taten handelt es sich um die Kinder der Cousine des Angeklagten. Die 43-jährige Mutter von fünf Kindern hatte im Vorjahr gerade eine Trennung hinter sich gebracht. Ihr Ehemann habe sie misshandelt. So habe sie sich sehr über das Angebot ihres Cousins gefreut, ihr mit den Kindern zur Hand zu gehen, erzählte sie. Nichtsahnend habe sie den 28-Jährigen in ihre Wohnung aufgenommen und ihn in einem Raum neben den Kinderzimmern untergebracht.
Mutter ringt um Worte
Wegen gesundheitlicher Probleme sei ihr das Treppensteigen schwergefallen. So habe sie nicht mitbekommen, welche Dramen sich auf der Etage über ihr abspielten. Sie wolle es auch nicht wissen, erklärte sie im Gerichtssaal. Die Zeugin hatte sogar Probleme, überhaupt auszusprechen, was ihre Kinder ihr erzählt hatten. „Ja, da war was, was nicht so schön war … was mit Anfassen“, sagte sie stockend.
Viele der Übergriffe passierten nachts, was sich durch den Zeitstempel der Handyaufnahmen beweisen lässt. Zunächst filmte der Angeklagte die Genitalien des ältesten Sohnes unter der Bettdecke. Es folgten ähnliche Aufnahmen seiner jüngeren Brüder. Schließlich instruierte der Angeklagte die Jungen, aneinander und an ihm sexuelle Handlungen vorzunehmen. Zum Teil wurden die Jungen dazu mit Handschellen und Klebeband gefesselt.
Die Übergriffe gipfelten schließlich in mehreren Vergewaltigungen. Dabei wurden die Kinder sogar mit Gegenständen penetriert. Ein Vibrator und eine Massagepistole waren auf den sichergestellten Videos zu sehen. Auf einer der Aufnahmen soll einer der Jungen gemäß Staatsanwalt Fürstenau geschrien und geweint haben.
Polizei stellt Videos sicher
Dessen ungeachtet machte der Angeklagte weiter und filmte das Ganze noch. Die Videos dauern ein bis zwei Minuten.
Bei der Wohnungsdurchsuchung fand die Polizei alle Aufnahmen, die der Angeklagte von seinen Großneffen gemacht hatte, wohlgeordnet auf einer externen Festplatte. Daneben hatte sich der Angeklagte auch eine große Anzahl kinderpornografischer Dateien aus dem Internet heruntergeladen.
Die Beamten sicherten mehrere hunderttausend Bilddateien. Zum Teil habe es sich um einfache Nacktbilder gehandelt, aber es sei auch schwerer Missbrauch dabei gewesen, berichtete einer der Ermittler im Gerichtssaal. Die abgebildeten Kinder seien alles Jungen zwischen vier und neun Jahren gewesen. Auf die Idee für den Einsatz von Handschellen, Nougatcreme und Körperfarbe bei den Goslarer Jungen sei der Angeklagte durch die heruntergeladenen Bilder gekommen. Er habe diese nachgestellt, mutmaßte der Zeuge. Allerdings gebe es keinen Hinweis darauf, dass der Angeklagte die von ihm erstellten Bilddateien verbreitet habe.
Bislang sind fünf Verhandlungstage für diesen Prozess vorgesehen. Bei 51 Taten ist das eher wenig, doch durch die sichergestellten Fotos und Videos muss man die Beweislast wohl als erdrückend bezeichnen. Der Angeklagte befindet sich in Untersuchungshaft.
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