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Verwaltungsgericht

GZ Plus IconGoslarer AfD verliert Streit ums Gendern

Auf einem schwarzen Hintergrund steht ein Gendersternchen und der Zusatz "INNEN".

Am Gendern scheiden sich die Geister. Foto: Marijan Murat/dpa

Die AfD-Kreistagsfraktion Goslar ist mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht in Braunschweig gegen Ex-Landrat Brych gescheitert. Bei dem Streit geht es ums Gendern.

Von Oliver Stade Donnerstag, 27.11.2025, 18:15 Uhr

Goslar/Braunschweig. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat sich jetzt mit einem Streit zwischen der AfD-Kreistagsfraktion und der Kreisverwaltung Goslar zur gendergerechten Sprache beschäftigt, der allerdings schon längere Zeit zurückliegt. Die Klage der AfD wurde zurückgewiesen. Das Gericht befasste sich indes mit einer formalen Frage und nicht mit dem Gendern.

Die AfD-Fraktion hatte dagegen geklagt, dass der damalige Landrat Thomas Brych (SPD) im nichtöffentlich tagenden Kreisausschuss im Mai 2021 beantragt hatte, einen AfD-Antrag von der Tagesordnung zu nehmen, der sich gegen das Gendern richtete. Die AfD wollte, dass die Verwaltung auf die „sogenannte Gendersprache“ verzichtet. Ihren Antrag hat der Ausschuss per Beschluss schließlich mehrheitlich von der Tagesordnung genommen.

Keine Rechte verletzt

Die AfD wollte vom Verwaltungsgericht Braunschweig feststellen lassen, dass Brychs Intervention „rechtswidrig“ war. Der damalige Landrat hatte seinen Gegenantrag damit begründet, dass er als Verwaltungschef für die Sprachregelung der Behörde zuständig sei. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat die Klage der AfD-Kreistagsfraktion abgewiesen, weil der Landrat mit seinem Antrag mögliche Rechte der AfD gar nicht verletzt haben könne. Schließlich sei es der Kreisausschuss gewesen, der den AfD-Antrag von der Tagesordnung nahm. Das Verwaltungsgericht schreibt in einer Mitteilung, der Beschluss des Gremiums habe die Tagesordnung verändert, nicht der Gegenantrag des Landrats.

AfD-Kreistagsfraktionssprecher Christoph Cless hat den Streitfall geerbt, angestoßen hat ihn sein Vorgänger als Fraktionschef, der mittlerweile verstorbene Dr. Tyge Claussen. Unabhängig davon hält auch Cless Gendersprache für ein Problem und steht hinter dem Antrag, den Richterspruch bedauert er. Was ihn stört, ist „ein Flickenteppich von Sprachregelungen“, wenn jede Behörde die deutsche Sprache nach ihren eigenen Regeln auslegt. „Wir haben bezweifelt, dass es rechtens ist, dass jeder für seinen kleinen Bereich eine Regel schafft“, sagt er. Nach Auffassung der AfD müsse der Rat für deutsche Rechtschreibung zuständig sein, damit es „zentrale Regelungen“ gibt.

Die Zufußgehenden

Tatsächlich gibt es für die gendergerechte Sprache unterschiedliche Regelungen in Behörden. Ziel ist grundsätzlich, allen Geschlechtern gerecht zu werden, Frauen und Männern sowie Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Dies führt zu Sprachregelungen mit Sternchen, Bürger*innen etwa, oder mit Doppelpunkt wie Demonstrant:innen. Die Stadt Goslar wählt manches Mal einen anderen Weg, sie schreibt von „Zufußgehenden“ oder, wie in dieser Woche von „Anwohnenden“. Streng genommen müsste aus dem „Anwohnerparken“, um das es in der Überschrift der entsprechenden städtischen Mitteilung geht, ein „Anwohnendenparken“ werden. Demselben Prinzip folgen übrigens die „Studierenden“, die es seit längerer Zeit gibt.

Bei der Stadt Goslar regelt ein 14-seitiger Leitfaden für „faire Sprache“ das Gendern und gibt Empfehlungen. Der oder die Autoren des Ende 2020 erstellten Papiers, dazu gehört die Gleichstellungsbeauftragte Vera Tietz, gehen die Sache gründlich an. Sie beginnen bei Konfuzius: „Wer die öffentlichen Zustände ändern will, muss bei der Sprache anfangen.“

Aber das Papier stößt an seine Grenzen: Grundsätzlich wird die Formel „Bürgerinnen und Bürger“, „Seniorinnen und Senioren“ empfohlen. „Leider aber werden bei dieser Sprach- und Schreibweise die Personen des 3. Geschlechts nicht mit angesprochen“, heißt es. An dieser Frage würden sich die Geister scheiden. Daher solle abgewartet werden, wie sich der Rat für deutsche Rechtschreibung entscheidet. Genderstern und Genderdoppelpunkt sollten lediglich intern verwendet werden, raten die Autoren des städtischen Leitfadens weiterhin.

Keine Sternchen

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat dann 2023 seine Auffassung bekräftigt, Sonderzeichen, die „Geschlechtsidentitäten vermitteln sollen“, nicht ins „Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung“ aufzunehmen, das vom Rat herausgegeben wird. Im Sommer dieses Jahres hatte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer das Gendern in der offiziellen Kommunikation seiner Behörde untersagt. Zuvor hatte Bildungsministerin Karin Prien in ihrem Ressort Gendersprache mit Gender*Stern und Binnen-I verboten.

Beim Landkreis Goslar sind die Gender-Sprachregelungen übersichtlich auf einer Seite in einem fünfseitigen Papier über „Schrift und Sprache“ in fünf Punkte gegliedert. Extern wird auf Doppelungen wie „Schülerinnen und Schüler“ gesetzt, wenn Texte veröffentlicht werden. Dort, wo der Platz knapp ist, wird indes der Genderstern verwendet, im Internet soll er grundsätzlich verwendet werden, um der „geschlechtergerechten Sprache“ zu entsprechen.

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