Wie die Kaiserpfalz Werla die Besuchermassen mobilisiert

Tag des offenen Denkmals: Archäologe Markus Blaich (l.) informiert die Besucher darüber, was in den kommenden Jahren auf dem Pfalzgelände alles geplant ist. Foto: Gereke
Unter dem Motto „Wertvoll – unbezahlbar und unersetzlich“ zeigten die Denkmäler Deutschlands in diesem Jahr, welchen Wert sie für die Gesellschaft haben. Die Kaiserpfalz Werla als Besuchermagnet tut das sogar gleich auf mehrfache Art und Weise.
Nordharz. Bei Sonnenschein erwies sich am Sonntag der Tag des offenen Denkmals vielerorts als Besuchermagnet. Unter dem Motto „Wertvoll – unbezahlbar und unersetzlich“ zeigten die Denkmäler Deutschlands in diesem Jahr, welchen Wert sie für die Gesellschaft haben. Einen vielfachen Wert in den Bereichen Naherholung, Tourismus, Natur, Geschichte und Archäologie hat die Werla, wo ein buntes Programm von Führungen bis zur Falknerschau in Erinnerung an die Wiederentdeckung des Pfalzgeländes vor 150 Jahren viele Interessierte anzog.

Auf „Federfühlung“ mit einem Afrikanischen Fleckenuhu: Amelie, Tochter von Falkner Olaf Wahle, geht mit dem Tier durch die Zuschauerreihen. Foto: Gereke
150 Jahre Wiederentdeckung der Pfalz Werla – wie war das damals eigentlich? Die Pfalz gehörte einst zu den größten befestigten Anlagen Norddeutschlands. Nach dem letzten Aufenthalt eines deutschen Herrschers im Jahr 1180 – damals schloss Kaiser Friedrich I. Barbarossa dort den Prozess gegen Heinrich den Löwen ab – nahm die Bedeutung der Werla ab, schließlich fiel sie wüst, wurde als „Steinbruch“ genutzt und geriet bald in Vergessenheit. Das Wissen um die Werla ging verloren.

Mit historischen Trecker-Gespannen geht es über das Gelände des Archäologie- und Landschaftsparks Kaiserpfalz Werla. Foto: Gereke
Vermutungen besagten, dass sie einst bei der Burg Werle in Mecklenburg oder im westfälischen Werl gelegen haben soll. „Tatsächlich standen Grundbesitzstreitigkeiten am Anfang ihrer Wiederentdeckung“, erzählte Markus Blaich, einer der Archäologen, der in den vergangenen Jahren Grabungen auf der Werla leitete. Sie war an das Bistum Hildesheim gefallen, das hatte aber weder Besitztümer bei Paderborn, noch in Mecklenburg. Urkundenstudien führten dann zu einer Eingrenzung auf den Raum Schladen – und eine kleine Grabung des Bauinspektors der Kaiserpfalz Goslar 1875 ließ dann auf dem Heiligen Kreuzberg einige Fundamente zutage treten. „Das wurde damals als ausreichender Nachweis für die Pfalz angesehen. Die erste Grabung nach modernen wissenschaftlichen Standards erfolgte erst 1926“, fügte Blaich an. Zuvor hatte der Schladener Lehrer Franz Kaufmann sich mit der Werla beschäftigt und das archäologische Interesse wieder auf sie gelenkt.

Der Wüstenbussard hebt ab – und fliegt auf den Arm des jungen Werla-Besuchers. Foto: Gereke
Der erste wissenschaftlich fundierte Beleg, dass auf dem Bergsporn über der Oker die Pfalz war, liegt somit 2026 genau 100 Jahre zurück. Ein weiterer Grund zu feiern? „Wir denken größer“, sagte Blaich lachend – denn 926 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung der Werla, mithin im kommenden Jahr vor 1100 Jahren. In welcher Form daran erinnert wird, steht aber noch nicht fest.
Kirchliche Hochzeiten auf der Werla
Fakt ist hingegen, dass im kommenden Jahr nicht nur standesamtlich, sondern auch kirchlich auf der Werla geheiratet werden kann – in der ehemaligen Kapelle. „Impuls dafür waren die alljährlichen Pfingstgottesdienste dort. Am originalen Zugang zum Gotteshaus werden wir jetzt einen Rosenbogen anlegen“, ergänzte Dagmar Lieberwirth vom Werla-Förderverein.

Der Tag des offenen Denkmals erweist sich auf der Werla in diesem Jahr als Besuchermagnet. Foto: Gereke
Die Besucher informierte Blaich in kleinen Referaten darüber, was sich in den kommenden Jahren noch auf dem Pfalzgelände tun wird. So ist beispielsweise der Bau von zwei Aussichtspunkten vorgesehen, die einen Blick in die Landschaft ermöglichen sollen. Eine drei Meter hohe Plattform mit Rampe soll auf den Grundrissen eines historischen Turms der Kernburg entstehen und den Blick Richtung Brocken ermöglichen, ein zweiter Aussichtsturm, der in etwa die Dimension der stählernen Werla-Vorburgtore haben wird, kommt als Fachwerkkonstruktion auf den Standort eines ein ehemalige Gebäudes. „Wir vermuten dort das Haus eines Verwalters, der sich um die Pfalz in Abwesenheit des Königs kümmerte“, erzählte Blaich. Von dort kann der Blick Richtung Klostergut Heiningen oder jenem Friedhof bei Werlaburgdorf schweifen, auf dem ein Teil der Menschen ihre letzte Ruhe fand, die für die Werla gefront hatten, schildert Blaich.

Wer möchte einmal den Greifvogel auf dem Arm haben? Bei der Falkner-Vorführung auf der Pfalz Werla schießen die Finger der jungen Besucher nach oben. Foto: Gereke
Es sind zwei weitere Bauprojekte im kommenden Jahr, die zwei großen Zielen dienen: „Die Aufenthaltsqualität und die Besucherführung verbessern“, erläuterte der Archäologe. Denn: Die Werla hat sich zu einem Publikumsmagnet entwickelt – an manchen Wochenenden liegt die Besucherzahl um ein Vielfaches höher, als ursprünglich bei Entwicklung des Archäologie- und Landschaftsparks mal gedacht. Besucherströme, die es zu lenken gilt und denen das Gelände anschaulich dargestellt werden soll. Damit sie wissen, wenn sie am rekonstruierten Westtor der Kernburg angekommen sind: Dann liegen schon einige hundert Meter Pfalzgelände der Vorburg hinter ihnen.

Die Hornburger Hartmut und Gaby Krüner gewinnen mit der von ihnen restaurierten „Unterpfarre“ den 2. Platz beim Deutschen Denkmalschutzpreis. Foto: Gereke
Unweit der Werla lud auch wieder Hornburg zu zahlreichen Entdeckungen ein – so öffnete am Tag des offenen Denkmals auch ein besonderes Wohnhaus. Das Wohnhaus in der ehemaligen Unterpfarre wurde 1618 zeitgleich mit der Hornburger Marienkirche für den Pfarrer Andreas Corvinus erbaut. Das dreigeschossige Haus mit Torgebäude zeugt heute vom damaligen Reichtum der Stadt. Nach dem die jetzigen Eigentümer das Haus 2018 erworben hatten, erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde eine umfangreiche Restaurierung, sodass es jetzt ein „Hingucker“ für jeden Fachwerkliebhaber ist.
Hornburger Fachwerk: Mit Fahrstuhl und Wärmepumpe
Lohn für die Mühe: In diesem Jahr wurde die „Unterpfarre“ mit dem 2. Preis beim Deutschen Fachwerkpreis 2025 ausgezeichnet. „Wir haben nicht geglaubt, Chancen zu haben“, erzählte Hartmut Krüner, der gemeinsam mit seiner Frau einen Einblick ins Gebäude gewährte. Doch das, was die beiden erschufen, das passte genau ins Raster. „Es gibt nicht so viele Fachwerkhäuser, die komplett saniert wurden – und das in so einem engen Zeitraum“, führte er aus. Hinzu kommen zwei weitere Aspekte: Das restaurierte Haus ist durch den Einbau eines Fahrstuhl nun barrierefrei – und es erfolgte zeitgleich eine energetische Sanierung, als Heizung fungiert jetzt eine Wärmepumpe. So landeten die Hornburger fast ganz vorn. Das Paar freute sich: „Das ist eine Anerkennung der Arbeit aller Beteiligten.“

Wenn Harzhorn-Guides die Ausrüstung der Legion testen (v.l.): Loni Meinecke und Elke Reichel. Foto: Gereke
Während das Wohnhaus Unterpfarre vor gut 400 Jahren entstand, geht es am Harzhorn noch weiter zurück – der Ort der Römerschlacht am Harz im dritten Jahrhundert nach Christus. Im Lager der Germanen auf dem neu erweiterten Gelände des Harzhorns konnten sich Besucher ein Bild davon machen, wie die Menschen vor knapp 2000 Jahren in der Umgebung des Harzhorns lebten und wie ihre Beziehung zu den Römern war. Einer der Germanen war der Goslarer Florian Raabe. Das Gedenken an 2000 Jahre Varusschlacht infizierte ihn seinerzeit mit der Zeit der Römer und Germanen.

Germanen-Lager am Harzhorn: Jennifer Lange und Florian Raabe stoßen an. Foto: Gereke
Das, was das Lager vermittelte: Bei den Germanen handelte es sich nicht um zottelige, ungewaschene Barbaren in Lumpen, die wie Conan herumliefen, sagte Raabe. „Die Germanen besaßen gewebte Kleidung, wie Moorfunde belegen, und Kämme – und sie sind die Erfinder der Seife. Sie entdeckten, dass eine Mischung aus Tierfett und Asche eine fettlösende Wirkung hat“, erzählte er. Römer kannten hingegen nur Öle. „Außerdem beherrschten die Germanen eine hervorragende Schmiedekunst – zur Zeit der Schlacht am Harzhorn konnte die germanische Ausrüstung von der römischen kaum unterschieden werden“, ergänzte er. „Vieles, was das Bild der Germanen bestimmt hat, beruht auf römischen Quellen. Vieles aber waren auch Klischees oder Propaganda – oder diente dazu, der römischen Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten“, meinte Raabe. Was aber stimme: „Die Germanen betrieben leidenschaftlich gern das Würfelspiel – und zwar nüchtern. Und waren laut Tacitus sogar bereit, beim allerletzten Wurf ihre Freiheit aufs Spiel zu setzen.“

Wenn am Harzhorn die Germanen los sind, sind die Römer nicht weit: In so einem Zelt mussten für Übernachtungen auf Märschen ehedem acht Legionäre Platz finden. Foto: Gereke
Mit der Veranstaltung „Die Germanen – ein Mythos? Eine Annäherung an einen überkommenen Begriff“ startet am Mittwoch, 24. September, um 18 Uhr im Rosencafé Brunshausen übrigens ein neues Projekt rund um die Deutungsgeschichte der „Germanen“, informiert der Förderverein Römerschlacht am Harzhorn. Seit den Funden am Harzhorn 2008 sei das Thema aktueller denn je – nicht zuletzt, weil die Frage nach einer möglichen Identifikation mit den „Germanen“ bis heute politisch wie gesellschaftlich diskutiert werde, heißt es. Drei namhafte Wissenschaftler wollen im Kloster Brunshausen in kurzweiligen und anregenden Vorträgen die archäologischen, althistorischen und philologischen Perspektiven auf den sogenannten Germanenmythos beleuchten.
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