Behörde veröffentlicht Flyer, obwohl wichtige Fragen offen sind
Wie sollen sich die Einwohner des Landkreises Goslar verhalten, wenn großflächig und für längere Zeit der Strom ausfällt? Die Kreisverwaltung weiß Rat und empfiehlt unter anderem, "Kommunikationsleuchttürme" aufzusuchen. Foto: picture alliance/dpa
Der Landkreis Goslar will die Bevölkerung in einem Infoblatt darauf vorbereiten, dass es zu großflächigen Stromausfällen kommen könnte. Wichtige Fragen sind aber nicht geklärt.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat vorigen Monat einen Ratgeber der Bundesbehörde für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) vorgestellt. Angesichts von Verunsicherungen durch Spionagedrohnen und nach flächendeckenden Stromausfällen, wie etwa in Spanien, soll die Bevölkerung für kritische Situationen gewappnet sein. Auch Goslars Landrat Dr. Alexander Saipa hat jetzt ein Flugblatt herausgegeben, es lässt aber mindestens eine wichtige Frage unbeantwortet.
Campingkocher und Kerzen
„Vorsorgen für Krisen und Katastrophen“ heißt der BBK-Leitfaden, er soll Antworten darauf geben, was „im Ernstfall“ zu tun ist. Der Landkreis Goslar hat mit einem Flugblatt reagiert, das Ende Oktober dem „Harzer Panorama“ beilag und die Einwohner darauf vorbereiten soll, wie sie sich bei längeren Stromausfällen verhalten sollen. Es geht um Eigenvorsorge durch ausreichend Wasser und Lebensmittel. Ein Radio, das mit Solar oder Kurbel aufgeladen werden kann, ein Campingkocher, Kerzen und Bargeld gehören zum Vorsorgepaket.
Unbeantwortete Fragen gibt es vor allem zu den vom Landkreis beschriebenen „Kommunikationsleuchttürmen“, beim BBK heißen sie Katastrophenschutz-Leuchttürme. Gemeint sind „Anlaufstellen im Notfall“, die ein „Grundangebot an Information und Kommunikation“ bieten. Konkret benannt werden diese Leuchttürme für Kommunikation nicht. „In der Regel“, so heißt es in dem Flugblatt, sollen die Feuerwehrhäuser dafür bereitstehen, das hänge aber von den Planungen in den Städten und Gemeinden ab.
Keine Neuigkeiten
In welchen Orten sich solche „Leuchttürme“ befinden, konnte die Kreisverwaltung nach einer entsprechenden Anfrage Mitte voriger Woche nicht sagen, kündigt eine Antwort aber voraussichtlich für diesen Freitag an. Nach GZ-Informationen sind die Planungen in den Kommunen unterschiedlich weit, und die Informationsoffensive des Landrats trifft nicht überall auf Zustimmung. „Ich habe das zur Kenntnis genommen, da stehen keine Neuigkeiten drin“, sagt Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms in einer knappen Bewertung.
Ein anderer Bürgermeister sagt hinter vorgehaltener Hand: „Der Kommunikationsleuchtturm leuchtet nicht.“ Zu viele Fragen seien unbeantwortet. So würden einheitliche Vorgaben für die Gemeinden und die Feuerwehren über die Ausstattung der „Kommunikationsleuchttürme“ fehlen. Auch die Finanzierung und technische Fragen seien nicht beantwortet, so müssten Feuerwehrhäuser mit Notstromaggregaten ausgerüstet werden. Sollen auch die Dorfgemeinschaftshäuser als „Leuchttürme“ ausgestattet werden?

Der Landkreis informiert mit einer kleinen Broschüre über Stromausfälle. Foto: Roß
Der frühere Kreisbrandmeister Uwe Borsutzky teilt diese kritische Sicht, er ist Vorsitzender des Fachausschusses Einsatz, Umwelt und Katastrophen beim Landesfeuerwehrverband. „Es muss erstmal geklärt sein, was so ein Leuchtturm alles können muss, um leuchten zu können.“ Notrufe etwa könnten nur abgesetzt werden, wenn das Funksystem funktioniere. Bei einem längeren Blackout dürfte das fraglich sein, sagt Borsutzky. Und wenn ein Notstromaggregat genutzt werden soll, seien dafür entsprechende Leitungen erforderlich. Nach seiner Einschätzung hätten das in Niedersachsen „noch nicht viele Feuerwehrhäuser“.
Borsutzky wirft eine weitere Frage auf, nämlich wer die Menschen in den Kommunikationsleuchttürmen versorgt, wenn die Feuerwehrleute wegen des Notfalls unterwegs seien?
Kein Lagerfeuer in der Wohnung
Handelt es sich bei dem Flugblatt um bloßen Aktionismus? Das Papier liest sich zumindest so, als sei die technische Frage im Grundsatz geklärt. „Ein Kommunikationsleuchtturm ist durch Anbindung an Behördendigitalfunk oder Satellitenkommunikation in der Lage, auch bei einem Stromausfall die Notfalldienste zu erreichen“, heißt es in dem Papier. So könne bei medizinischen Notfällen oder Bränden „dennoch schnell geholfen werden“. Wo die Leuchttürme stehen, verrät die Kreisverwaltung nicht, in dem Flugblatt wird den Einwohnern empfohlen, sich selbst zu kümmern: „Stellen Sie sicher, dass Ihnen der Standort Ihrer Ortsfeuerwehr oder des nächsten Kommunikationsleuchtturms bekannt ist.“
Beim Thema „Eigenvorsorge“ empfiehlt der Landrat auch „Holz für Heizung/Kamin, Schlafsäcke, Decken und warme Kleidung“. Dazu gibt es den Tipp, „offenes Feuer in geschlossenen Räumen“ aber zu vermeiden, es drohe „Brand-, Erstickungs- und Vergiftungsgefahr“. In Fragen des Bevölkerungsschutzes gibt es beim Landkreis eine entsprechende Anlaufstelle, die in dem Flyer erwähnt wird, sie ist per E-Mail zu erreichen: bevoelkerungsschutz@landkreis-goslar.de.
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