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GZ-Serie: Die Straßen von Goslar

GZ Plus IconWie marode sind die Straßen in Goslar wirklich?

Das Bild zeigt die Mauerstraße in Goslar mit Löchern und Rissen im Asphalt.

Fahren in Schlangenlinien: Die Mauerstraße ist ein Beispiel für Flickwerk im Zentrum Goslars. Foto: Kleine

Milliarden-Paket aus Berlin für Infrastruktur, aber was bleibt davon bei den Kommunen? Das beleuchten wir in Teil 1 der GZ-Serie „Die Straßen von Goslar“.

Von Von Jörg Kleine Montag, 24.11.2025, 12:00 Uhr

Goslar. 500 Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen in Infrastruktur. Das klingt wie „Bazooka“ oder „Doppel-Wumms“ aus Zeiten von Olaf Scholz. Die Straßen von Goslar hätten kräftige Finanzspritzen vom Bund bitter nötig, denn viele sind löchrig und kaputt. In einer vierteiligen Serie gehen wir Straßenbau und Flickenteppichen in der Kaiserstadt auf den Grund. Wir analysieren, wie viel Geld tatsächlich unten auf Pflaster und Asphalt ankommt – und welche Summen eigentlich erforderlich wäre.

„Die Straßen von San Francisco“ hieß in den 1970er Jahren eine beliebte Krimiserie mit Hollywood-Star Michael Douglas (81) in einer der Hauptrollen. Noch älter als die Krimiserie sind viele Straßen von Goslar, manche sogar noch älter als Michael Douglas.

Rütteltest auf Flickenteppich

Wer tagtäglich auf Mauerstraße und Bäckerstraße im Herzen der Kaiserstadt unterwegs ist, der kennt die Schlaglöcher, Schachtdeckel und Asphaltflicken schon auswendig. Viele Autofahrer steuern hinterm Breiten Tor in Schlangenlinien weiter – und würden trotzdem den Alkoholtest anstandslos überstehen.

Regelrechten Rütteltests unterworfen sind Wagenlenker, die in Wohnvierteln wie im Fritz-Reuter-Weg am Georgenberg unterwegs sind. Und für Fußgänger lauern nebenan auf dem Bürgersteig die Stolperfallen.
Das Bild zeigt die Harzburger Straße am Ortseingang von Oker mit Rissen und Löchern auf der Fahrbahn.

Die Harzburger Straße (L 501) in Oker empfängt mit mürbem Asphalt, und auf der Bundesstraße weiter nach Goslar wird es nicht besser. Ausgerechnet auf der geflickten Fahrradspur rüttelt es am stärksten. Foto: Kleine

Landesstraßen sind hierzulande oft nicht besser. Oker beispielsweise empfängt fahrende Gäste aus Bad Harzburg über die L 501 mit einem mürben Flickenteppich, der über die Bundesstraße 498 Richtung Goslar nicht besser wird. Und auch in anderen Ortsteilen Goslars haben die Straßen deutlich gelitten.

Straßennetz über Jahrzehnte ausgezehrt

„Unsere Kreisstraßen sind gut“, frohlockt derweil Landkreissprecher Maximilian Strache aus dem Kreishaus an der Klubgartenstraße. Da hat er vergleichsweise nicht unrecht. Aber wenn es dann doch mal finanziell eng wird im Kreishaushalt, dann macht der Landkreis auf Goslarer Gebiet aus einer holprigen K 24 von Immenrode nach Wöltingerode im Zweifel eine Fahrradstraße. Der erzwungene Umweg über die Landesstraße L 510 nach Weddingen ist übrigens kaum besser. Da müsste das Geld dann allerdings aus dem Landeshaushalt fließen.

Kurzum: Die Infrastruktur aus Asphalt ist über Jahrzehnte regelrecht ausgezehrt worden. Das reicht von Autobahnen über Bundesstraßen und Landesstraßen bis in die Gemeindestraßen – vor allem im Westen Deutschlands. Wer nicht gerade in wohlhabenden Teilen Bayerns, Baden-Württembergs oder Hessens unterwegs ist, spürt das auf vielen Strecken mit jedem Schlagloch.

Aber Achtung bei kommunalen Vergleichen: In Hessen erhebt mehr als die Hälfte der Städte und Gemeinden Straßenbeiträge. Je nach Kategorie, ob Bundes-, Landes- oder Gemeindestraße, werden Anlieger beim Ausbau zur Kasse gebeten. Das füllt die Stadtsäckel, führt aber immer wieder zu Konflikten.

In Bayern sind die Straßenbeiträge inzwischen abgeschafft, in Niedersachsen wiederum ist es den Kommunen freigestellt. Weniger als die Hälfte der Städte und Gemeinden machen davon Gebrauch – im Landkreis Goslar keine einzige. Zuletzt hat Seesen Ende 2021 die Beiträge abgeschafft.

500 Milliarden Euro aus Berlin: Wie viel kommt nach Goslar?

Die Bürger der Kaiserstadt Goslar stehen also keineswegs alleine da, was Löcher in den Kassen und auf den Straßen anbelangt. Dabei verdichten sich die holprigen Pfade vor allem in der Kernstadt, weil hier die Verkehrslast am größten ist – und die Wege im historischen Zentrum durch mittelalterliche Strukturen verlaufen. Aber auch in den jüngeren Wohnvierteln reißen die Flickenteppiche kaum ab.

Goslar müsste also erheblich mehr Geld investieren, um seine Infrastruktur auf der Straße zu sanieren. Hoffnung machte das Signal der neuen CDU-SPD-Koalition aus Berlin, mit einem „Sondervermögen“ – also Schulden – von 500 Milliarden Euro die Infrastruktur in Deutschland zu verbessern. Doch was kommt davon in Städten und Gemeinden an? In welchem Zeitraum? Und wie viel hilft das?

Für Straßen bleibt nur ein Bruchteil des Milliardensegens

100 Milliarden Euro aus diesem Sonderbudget sind für Länder und Kommunen vorgesehen. Nicht auf einen Schlag, sondern über eine Laufzeit von zwölf Jahren. Verteilt werden soll das Geld nach dem „Königsteiner Schlüssel“. Diese Verteilung geht auf ein Abkommen der Bundesländer zurück, das 1949 im hessischen Königstein (Taunus) unterzeichnet worden ist.

„Demnach würden gut 9,4 Milliarden Euro auf Niedersachsen entfallen“, erklärt Florian Mosig, Pressesprecher des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Bauen, auf GZ-Anfrage. Absehbar sei, dass davon 60 Prozent an die Kommunen gehen sollen. Die Voraussetzungen dafür werde das Land Niedersachsen mit dem Haushalt 2026 schaffen, sagt Mosig.

60 Prozent von 9,4 Milliarden Euro ergeben rund 5,6 Milliarden Euro, verteilt auf zwölf Jahre sind das 470 Millionen Euro jährlich. Dabei fließt dieses Geld nicht allein in Straßenbau. Vielmehr will die Bundesregierung mit ihrer „Investitionsoffensive“ nach eigenem Bekunden das Geld beispielsweise auch für Schulen und Kindergärten, Wärme- und Energieinfrastruktur, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bereitstellen.

Was am Ende für den Straßenbau übrig bleibt? „Wie viel Geld die Kommunen daraus in die Straßen investieren, ist hier nicht bekannt“, heißt es aus dem niedersächsischen Verkehrsministerium. Und wie viel davon in den Landkreis und an die Stadt Goslar fließt, „kann man heute noch nicht seriös sagen“.

Wie viel Geld ist nötig, um Goslars Straßen fit zu machen?

Eines lässt sich aber schon ganz gewiss sagen: Das gesamte Geld eines Jahres, das rechnerisch aus der „Investitionsoffensive“ des Bundes für alle Kommunen in Niedersachsen und alle Infrastrukturbereiche vorgesehen ist – also 470 Millionen Euro –, würde nicht ausreichen, um nur Goslars Gemeindestraßen komplett zu sanieren.

Wie die Kaiserstadt vorgeht, weiterhin Löcher auf alten Straßen zu stopfen, wie viel Geld Goslar derzeit in Erneuerung von Straßen investiert, welche bürokratischen Hürden dabei lauern und wie viel Geld erforderlich wäre, um die Straßen spürbar für die Zukunft fit zu machen, lesen Sie in den kommenden drei Folgen unserer Serie „Die Straßen von Goslar“.

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