Das alte Hornburger Haus Hagenberg wird bald Geschichte sein
Der Abrissbagger bringt die alten Mauern von Haus 2 zum Einstürzen. Er schafft Platz für den Neubau. Foto: Gereke
Der Paritätische Braunschweig investiert in seinen Hornburger Standort. Um Platz für einen Neubau zu schaffen, legt jetzt am Haus Hagenberg der Abrissbagger los. Was alles geplant ist und wie der Zeitplan für das Millionenprojekt aussieht.
Hornburg. Es sind die letzten Tage einer alten Hornburger Institution: Ein Bagger hat am Haus Hagenberg seine Arbeit aufgenommen, um einen Teil des Gebäudekomplexes dem Erdboden gleich zu machen. Er schafft Platz für etwas Neues, das dort entstehen wird. Zugleich verschwindet ein Stück Hornburger Geschichte.
Seit Anfang April liefen die Entkernungsarbeiten am Haus 2 – nun hat der Bagger seine Arbeit aufgenommen, um auch die Mauern zu beseitigen. Der Abriss befindet sich damit auf der Zielgeraden. Das gesamte Areal vom Haus Hagenberg, eine Einrichtung des Paritätischen Braunschweig, in der bald wieder suchtkranke Menschen ein zweites Zuhause auf Zeit finden sollen, ist eine Großbaustelle.
Abschied vom alten Haus Hagenberg: Über Wochen liefen die Entkernungsarbeiten, einer hinterließ sogar einen Abschiedsgruß an der Wand. Foto: Gereke
Denn der Träger investiert eine Millionensumme in den Standort, um ihn umfassend zu sanieren und zu modernisieren. Der Grund: Brandschutzauflagen konnten im Altgebäude nicht erfüllt werden. Nur mit einer Sondergenehmigung hatten die Gebäude zuletzt noch genutzt werden können. Weichen wird mit Haus 2 auch der Saal, mit dem viele Hornburger besondere Momente verbinden. Er war nicht nur jahrzehntelang Heimspielstätte des Hornburger Altstadt-Theaters, sondern in der Zeit, bevor der Paritätische den Gebäudekomplex übernahm, beispielsweise auch Schauplatz von Konzerten oder Jugenddiscos. „Veranstaltet hat sie die Gruppe Jugend-Disco-Hornburg. Wir waren kein eingetragener Verein, sondern eine Gruppe junger Erwachsener, die auch im Schützenverein, im Spielmannszug und in der Feuerwehr aktiv waren“, erinnert sich der gebürtige Hornburger Reinhard Pohl. „Das war zu der Zeit, als das Haus Hagenberg noch Kreisbildungsstätte des Landkreises Wolfenbüttel war und der Saal als ,Stadthalle‘ von allen genutzt werden konnte.“
Auf der Fläche von Haus 2 entstehen demnächst insgesamt vier Objekte: drei Wohnhäuser à zehn Wohneinheiten sowie das Funktionsgebäude mit Tischlerei, Ergotherapie und Fahrradwerkstatt, um den Bewohnern eine Tagesstruktur geben zu können. Das neue Haus wird anderthalbgeschossig sein. Haus 1 mit Küche und Speisesaal, an dem sich das sogenannte Mittelhaus anschließt, bleibt erhalten – dort wird alles kernsaniert.
„Einen Saal wird es künftig nicht mehr geben“
„Einen Saal wird es künftig nicht mehr geben – er war für eine Einrichtung wie unsere ohnehin ungewöhnlich. Aber er war für uns in Hornburg ein wichtiger Einstieg“, hatte sich Heimleiterin Anke Nickel bei Vorstellung der Pläne erinnert. Denn auch die Hornburger mussten mit den neuen Nachbarn erst einmal warm werden. Dass das Altstadt-Theater die Bühne im Saal weiterhin nutzen konnte, trug seinen Teil dazu bei.

Haus Hagenberg im Frühsommer 2025: Ein Bauzaun umgibt das Gelände in Hornburg. Foto: Gereke
Bei den Planungen für den Neubau galt es zu berücksichtigen, dass die Sicht auf die Hornburg erhalten bleibt. Überprüft worden war auch eine Sanierung des Bestandsgebäudes, das nun weicht – doch das verwarf der Träger: Zu teuer und die Bauarbeiten hätten noch länger gedauert. Die Entscheidung, das Wohnheim nicht nur zu sanieren, sondern neu zu bauen, sei auch getroffen worden, um den aktuellen Standards gerecht zu werden und die Lebensqualität der Bewohner deutlich zu verbessern. Ziel sei es, ein modernes und einladendes Zuhause zu schaffen, das den Bedürfnissen der Bewohner auf ihrem Weg in ein suchtmittelfreies Leben gerecht werde, hieß es in einer Presseinformation bei Vorstellung der Pläne.
Ziel ist die Fertigstellung des Neubaus für Ende 2026. Auch wenn die Entkernungsarbeiten des Objekts, die Anfang April begannen, sich gefühlt schon lange hinziehen und die Arbeit des Abrissbaggers schon mal für Mitte Mai angekündigt worden war: Nach Auskunft von Maxi Kämpfner, Referentin der Geschäftsführung beim Paritätischen Braunschweig, liegen die Arbeiten im Zeitplan. Zeitnah nach dem Ende des Abrisses solle die Grundsteinlegung für den Neubau erfolgen.

Mit dem Abbruchgreifer sortiert der Bagger beim Abriss das Material. Foto: Gereke
Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 7,5 Millionen Euro. In dieser Summe enthalten ist auch ein weiterer Neubau, der am Standort des Paritätischen in Hornburgs Osterwiecker Straße entsteht. Dort wächst ein weiteres Wohnheim für acht Personen empor, die in Zweier-WGs untergebracht sein werden. „Wir investieren in der Region und sichern Arbeitsplätze“, hatte Anke Meyer, die für den Paritätischen die Öffentlichkeitsarbeit macht, Anfang des Jahres betont. Künftig wird es in Hornburg vier weitere Betreuungsplätze geben – 50 insgesamt. Vor Baubeginn waren in Hornburg 17 Personen im Tagesdienst und zehn in der Nachtbereitschaft tätig – für damals 46 Betreuende.
Bewohner mussten umziehen
Für einen Teil der Bewohner von Haus Hagenberg ging es im Vorfeld der Bauarbeiten in ein leer stehendes Hotel in Vienenburg, dass der Paritätische für die Übergangszeit nutzt. In Hornburg selbst verblieben rund zwanzig Bewohnerinnen und Bewohner in ausgelagerten Wohnheimplätzen in zwei Häusern (in Bruchstraße und Osterwiecker Straße) und zwei neu angemieteten Wohnungen – in der leer stehenden Gaststätte „Halbinsel“ und in der Pfarrhofstraße. „Damit bleiben wir weiterhin – auch während dieser Um- und Neubauphase – aktiv in Hornburg und erhalten dort beispielsweise die Holzverarbeitung als Tätigkeitsfeld der Tagesstruktur aufrecht“, hatte Anke Nickel bei Vorstellung der Pläne erläutert.
Das Haus Hagenberg war ursprünglich eine Jugendbildungsstätte des Landkreises Wolfenbüttel. In den 1990er Jahren übernahm es der Paritätische Braunschweig, der dort 1997 diese „besondere Wohnform der Wiedereingliederungshilfe“, so Lars Fischer, Abteilungsleiter der Drogen- und Suchtkrankenhilfe beim Paritätischen Anfang des Jahres, eröffnete und damit eine der ersten dieser Art in Niedersachsen schuf. Haus Hagenberg ist ein Wohnheim für chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke, die sich entschieden haben, suchtmittelfrei zu leben. Die Bereitschaft zur Abstinenz ist Grundvoraussetzung für die Aufnahme in das Wohnheim.
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