Langelsheim: Neue Eventhalle bringt Hoffnung für Altlasten-Areal
Auf dem rund 10.000 Quadratmeter großen Areal (links) im Gewerbegebiet Frau Sophienhütte will Heiko Rataj die Eventhalle bauen. Foto: Roß
Jahrelang scheiterten Pläne auf dem Industriegelände „Frau Sophienhütte Süd“. Nun will Unternehmer Heiko Rataj dort eine Eventhalle bauen – und gibt dem Areal eine neue Perspektive. Doch die Geschichte des Geländes ist alles andere als einfach.
Langelsheim. Der Unternehmer Heiko Rataj will mit der geplanten Westharz-Halle neues Leben auf die Fläche Frau Sophienhütte bringen. Das Großprojekt ist nicht das erste Vorhaben dort. Von einer geplanten Müllverbrennungsanlage über ein gescheitertes Logistikzentrum bis hin zur geplanten Eventhalle – das Areal Frau Sophienhütte Süd in Langelsheim hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine bewegte Entwicklung durchlaufen.
Der Boden dieses rund 30.000 Quadratmeter großen Geländes ist nicht nur wortwörtlich schwer belastet – auch politisch, wirtschaftlich und emotional haftet dem Standort eine Geschichte voller gescheiterter Pläne, Hoffnungen und Altlasten an.
Die Altlast einer Schlackenhalde
Wer heute über eine Bebauung der Frau Sophienhütte spricht, kommt an einem Thema nicht vorbei: der Bodenbelastung. Jahrzehntelang diente das Gelände als Schlackenhalde – mit dramatischen Folgen für das Erdreich. Untersuchungen haben hohe Konzentrationen von Zink, Blei und Cadmium nachgewiesen. Eine in den Boden eingebrachte Barriere soll verhindern, dass die Schadstoffe ins Grundwasser gelangen. Um den Bereich dauerhaft zu sichern, strebt die Stadt eine weitgehende Versiegelung an – durch Bebauung oder Infrastruktur wie Parkflächen. „Wir erfüllen aktuell die Zielwerte der Sanierung, aber das ist nur eine provisorische Maßnahme“, sagte der damalige Bauamtsleiter Ralf Schönian bereits 2021. Ziel sei, 80 Prozent der Fläche zu versiegeln, so Schönian damals.
Doch die Realität sah lange Zeit anders aus: Die Fläche lag über Jahre brach, geplante Projekte scheiterten – nicht zuletzt wegen der Bodenbelastung.
Die geplatzten Pläne von Med-X-Press
Im Jahr 2015 schien es so, als würde sich für das Gelände eine Nutzung anbahnen: Die Goslarer Firma Med-X-Press, ein auf Pharmalogistik spezialisiertes Unternehmen, erwarb rund 4,5 Hektar der Fläche von der Firma Maxxcon, die zuvor selbst mit einem heftig umstrittenen Vorhaben gescheitert war: einer Müllverbrennungsanlage. Diese war über Jahre hinweg von einer Bürgerinitiative bekämpft und schließlich durch ein Gerichtsurteil verhindert worden.
Med-X-Press hingegen hatte große Pläne. Ein modernes Logistikzentrum mit Kühl- und Betäubungsmittellager sollte entstehen, Investitionen in Höhe von rund 15 Millionen Euro wurden in Aussicht gestellt, dazu bis zu 400 neue Arbeitsplätze. Bürgermeister Ingo Henze sprach vom „großen Wurf für die Stadt“.
Doch ein Gutachten der Baustoff- und Bodenprüfung Nordharz GmbH machte dem Projekt 2017 ein jähes Ende: Der Untergrund sei stärker kontaminiert und instabiler als erwartet, eine Pfahlgründung wäre notwendig – mit zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe. Für Geschäftsführer Karl-Heinz Dörhage war das Risiko nicht tragbar. „Ich will nicht noch einmal ein Loch wie in Goslar aufreißen“, erklärte er in Anspielung auf eine frühere Baustelle mit ähnlichen Problemen, die rund 560.000 Euro Mehrkosten verursacht hatte.
Seither schwankte das Unternehmen zwischen Rückzug und Neubelebung der Pläne. Mal hieß es, man wolle verkaufen, dann wieder, man könnte doch selbst bauen – spätestens ab 2029, wenn laufende Kredite abbezahlt seien. Doch der Verkauf des Grundstücks scheiterte bislang ebenso wie konkrete Neubaupläne. „Die Chance eines Verkaufs geht gegen Null“, sagte Geschäftsführer Lars Dörhage noch 2021. Das Gelände sei für mehr als eingeschossige Bauten kaum geeignet, ohne massive Investitionen.
Neue Hoffnung: Westharz-Halle
Nun scheint sich das nächste Kapitel auf der Frau Sophienhütte aufzuschlagen: Der Unternehmer Heiko Rataj hat angekündigt, auf einem etwa 10.000 Quadratmeter großen Teilstück eine Eventhalle errichten zu wollen – mit rund 1500 Plätzen. Der Bauantrag ist noch nicht gestellt, doch vorbereitende Untersuchungen laufen bereits. Die Belastungen des Bodens seien bekannt, sagt Rataj, daher sei das Vorhaben von vornherein mit möglichst wenig Erdbewegung und einer großflächigen Versiegelung geplant – im Einklang mit den Sanierungszielen der Stadt.
Der Standort scheint strategisch gewählt: In Goslar selbst war Rataj mit vergleichbaren Plänen mehrfach gescheitert – sei es auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes oder beim leerstehenden Toom-Baumarkt. „Das war nicht gewollt“, sagt Rataj heute. In Langelsheim hingegen habe man ihn „mit offenen Armen“ empfangen. Die Westharz-Halle soll als multifunktionaler Veranstaltungsort für Konzerte, Empfänge und Großevents dienen. Eine kleine Unterkunft für Künstler und Gäste sowie ausreichend Parkplätze sind ebenfalls vorgesehen.
Langelsheim setzt auf neue Impulse
Für Langelsheim könnte Ratajs Projekt gleich von doppeltem Nutzen sein: Es würde nicht nur kulturelle und wirtschaftliche Impulse setzen, sondern auch einen entscheidenden Schritt zur dauerhaften Sicherung der Altlastenfläche bedeuten. Die dringend benötigte Versiegelung wäre mit dem Bau der Halle teilweise erreicht. Gleichzeitig wäre das Areal endlich in Nutzung – zumindest teilweise.
Auch wenn die ganz große industrielle Nutzung wohl weiterhin am instabilen Untergrund scheitert, zeigt Ratajs Ansatz, dass kleinere, gezielt angepasste Projekte auf der Frau Sophienhütte durchaus realisierbar sein können. Und vielleicht gelingt es so, das geschichtsträchtige Gelände langsam aber sicher zu transformieren – von einem Ort gescheiterter Großprojekte zu einem Zentrum neuer Ideen, denn dort ist durchaus Platz für weitere Großprojekte.
Die Frau Sophienhütte ist ein Ort mit vielen Schichten – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Jahrzehntelang geprägt von industrieller Nutzung und Altlasten, war das Areal lange Zeit Symbol für geplatzte Träume und politische Fehlentscheidungen. Jetzt scheint sich mit Heiko Ratajs Westharz-Halle ein neues Kapitel zu öffnen – eines, das zeigt: Mit einem realistischen Blick auf die Gegebenheiten ist eine Zukunft für die Frau Sophienhütte möglich. Vielleicht keine glanzvolle industrielle Wiederauferstehung – aber ein Ort, der wieder Teil des öffentlichen Lebens werden könnte. Und das wäre mehr, als viele noch vor wenigen Jahren erwartet hätten.
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