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Rundes Jubiläum

GZ Plus IconLiebenburger Feuerwehr wird 100: Warum es keine Feier gibt

Feuerwehrkameraden sitzen am Tisch

Das traditionelle Braunkohlessen bietet den Startschuss für das Festjahr. Groß gefeiert wird das Jubiläum allerdings nicht. Foto: Leifeld

Der Liebenburger Feuerwehr steht ein rundes Jubiläum ins Haus, aber groß gefeiert wird nicht. Was ist los, unter dem Dach der Liebenburger Brandschützer?

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Von Andrea Leifeld
Sonntag, 14.12.2025, 14:00 Uhr

Liebenburg. Es ist wahrhaft ein Novum in der Nordharzregion und auch darüber hinaus: Eine gestandene und starke Feuerwehr blickt auf ihr Festjahr zum 100-jährigen Bestehen, aber groß gefeiert wird nicht. Was ist los unter dem Dach der Liebenburger Brandschützer, die am Freitagabend nur mit einem traditionellen Braunkohlessen in das runde Festjahr starteten?

„Wir haben viel vorm Bug“, erinnert Ortsbrandmeister Martin Müller an den geplanten Neubau des Liebenburger Feuerwehrhauses, der mit dem Festjahr übereinkommt. Zwei solche Projekte zu wuppen, sei kaum möglich, zumal 2026 auch das 50. Gründungsfest der Liebenburger Jugendfeuerwehr anstehen würde. „In unserem bestehenden, kleinen Gerätehaus möchten und können wir das alles nicht feiern und um die Möglichkeiten eines Zeltfestes ist es in Liebenburg auch nicht gut bestellt“, erklärt Müller. So soll alles zusammen in einem „Rutsch“ mit Einweihungsparty gefeiert werden, wenn dann der Neubau irgendwann steht.

Bis dahin solle quasi in kleinen Häppchen, bei kleineren Veranstaltungen, wie eben jenem Braunkohlessen, an das Festjahr und die Geschichte der Freiwilligen Ortsfeuerwehr erinnert werden.

Und Müller begann mit geballtem Wissen: „Am 22. Juli 1925 vermeldete die Goslarsche Zeitung, dass in Lewe-Liebenburg eine freiwillige Feuerwehr gegründet wurde“, wandte sich der Ortsbrandmeister an diesem Abend dem historischen Rückblick rund um die Gründung zu:

Drei Pflichtfeuerwehren als Fundament

Auf Einladung des Ortsbrandmeisters Wilhelm Schwetger kamen damals rund 40 Männer aus beiden Ortschaften im Gasthaus Dannenberg zusammen. Die Freiwillige Feuerwehr gründete sich damals aus den bestehenden Pflichtfeuerwehren in Lewe, Liebenburg und der Werksfeuerwehr der Klinik Fontheim. Sie bildeten das Fundament. Die Gründung erfolgte am 18. August 1925. Am 1. Oktober füllten 68 Feuerwehrmänner die Liste. 39 aus Lewe und 29 aus Liebenburg. Am 16. November 1925 meldete sich die Wehr einsatzbereit. Als Startkapital hatten sie 82 Reichsmark zur Verfügung, was einer heutigen Kaufkraft von 480 Euro entspricht. Die erste motorisierte Feuerspritze wurde 1927 erworben.

Aber die Liebenburger Feuerwehrgeschichte reicht noch weiter zurück, denn bereits 1754 wurde erfasst, dass in Lewe und Liebenburg Feuerwehrequipment von den zuständigen Räten gekauft wurde.

Geehrte Feuerwehrkameraden

Hochkarätige Ehrungen gibt es am Freitagabend beim Braunkohlessen. Dieter Schröder (3.v.l), Lüder Winkel und Heinz Peter Lemke (sitzend), werden von Ortsbrandmeister Martin Müller (2.v.l.) und Gemeindebrandmeister Christoph Schubert gerahmt. Ganz links: Bürgermeister Alf Hesse. Foto: Leifeld

Zur Erinnerung: 1768 wurde die Hildesheimer Allgemeine Brandversicherung eingeführt. Die Behörden im Amt Liebenburg waren daran interessiert, sogenannte Bottigspritzen, Feuerleitern und -haken anzuschaffen, was von der Brandkasse gefördert wurde. Um das Brandrisiko zu vermeiden, wurden Strohdächer ab 1868 auf Neubauten verboten. Sogenannte „Feuergeschworene“ überwachten den Brandschutz in den Ortschaften. Ab 1875 hatten Liebenburg und Lewe eine Feuerspritze, eine Wasserentnahmestelle und eine Löschmannschaft vorzuhalten. Die Bereitschaft in der Feuerwehr war eine Pflichtaufgabe für alle männlichen Einwohner zwischen 17 und 50 Jahren. Im Jahr 1893 wurde vom Landkreis Goslar eine neue Feuerlöschordnung erlassen, worauf sich in einigen Ortschaften die ersten Freiwilligen Feuerwehren gründeten, aber noch nicht in Liebenburg/Lewe. Hier zeigten sich in Lewe weiterhin 45 Männer in ihrer Pflichtfeuerwehr aktiv, in Liebenburg 40 Mann.

Feurige Kutschpferde waren schneller

„Der Ortsvorsteher hatte unentschuldigtes Fehlen beim Dienst zu bestrafen. Bei Übungen musste immer Mütze getragen werden und pro Übung wurden 30 Pfennig bezahlt, dazu gab es zwei Bier, einen Korn und eine Zigarre“, hatte Martin Müller recherchiert. Damalige Dienstgrade waren Spritzenmeister oder auch Steiger.

Die Signale und Feueralarm gaben Hornisten. Gezogen wurden die Feuerspritzen von Pferden, wobei die feurigen Kutschpferde der Domäne deutlich schneller waren als die Ackerpferde aus Lewe. In den frühen 1920er Jahren zog dann der erste Pkw um, eine Adler mit zwölf Zylindern, die Liebenburger Feuerspritze.

Gerätehäuser befanden sich in Lewe im Kötherkamp (1866 bis 1964) und in der Poststraße (1964 bis 1968) sowie auf der Liebenburger Domäne. 1968 wurde das noch heute bestehende Gerätehaus im Grotekamp errichtet. 1984 wurde es durch einen Anbau erweitert. Derzeit laufen die Planungen für den Feuerwehrhaus-Neubau an der L510, Ortsausgang Richtung Klein Mahner. Die Baukosten werden sich aktuell voraussichtlich auf rund 8,7 Millionen Euro belaufen.

altes Feuerwehrhaus

1968 wird das heutige Feuerwehrhaus eingeweiht. 1984 wurde es durch eine Halle erweitert. Foto: Leifeld

Auch die Namensliste der Ortsbrandmeister zeigt sich überraschend kurz. „Zehn Ortsbrandmeister in hundert Jahren, das ist ein gutes Ergebnis“, vermerkte Martin Müller. Nach Gründungs-Ortsbrandmeister Wilhelm Schwetger folgte Robert Pillmann und danach viele, bis heute bekannte Namen: Karl Oswald, Fritz Lunge, Heinrich Tappe, Heinz Hirte und Dieter Schröder. Nach 2000 führten Jürgen Müller, Matthias Jordan und heute Martin Müller (seit 2007) die Liebenburger Stützpunktfeuerwehr an.

Grußworte und Glückwünschen, überbracht von Bürgermeister Alf Hesse und Gemeindebrandmeister Christoph Schubert, und Ehrungen für langjährige Mitgliedschaft, verliehen dem Abend einen würdevollen Rahmen: Ausgezeichnet wurden Heinz Peter Lemke für 40-jährige Mitgliedschaft in der Feuerwehr und „Blaulicht Dieter“, Dieter Schröder, für 50 Jahre. Ferner Lüder Winkel, der vor 60 Jahren, damals gerade mal 19 Jahre jung, der Liebenburger Feuerwehr beitrat.

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