Ex-AfD-Kreisvorsitzender wird nach Krawallsitzung zum „Ehrenmann“

AfD-Kreisvorsitzender Main Müller (r.), seinerzeit noch im Amt, Ende September im Jacobson-Haus in Seesen im ernsten Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Micha Fehre. Foto: Neuendorf
Nach der AfD-Krawallversammlung in Seesen, bei der der damalige Kreisvorsitzende Main Müller kritisiert wurde, hat sich die AfD öffentlich in mehreren Anzeigen entschuldigt und ihn als „Ehrenmann“ bezeichnet. Hat Müller die Anzeigen selbst beauftragt?
Der Streit im zurückgetretenen Vorstand des AfD-Kreisverbandes Goslar, der während eines „Bürgerdialogs“ Ende September im Jacobson-Haus in Seesen eskalierte und durch eine Videoaufzeichnung auf You-Tube dokumentiert ist, erfährt eine weitere skurrile Facette. In Anzeigen in der GZ und im „Seesener Beobachter“ entschuldigt sich die AfD wortreich beim Ex-Kreisvorsitzenden Main Müller, der in den wortgleichen Annoncen als „Ehrenmann“ gewürdigt wird.
„Es gibt nur eine AfD“
Die außergewöhnliche Anzeige, von der nicht ganz klar ist, ob der „Ehrenmann“ selbst sie aufgegeben hat, könnte für Müller, der zur Wiederwahl antreten will, zum Problem werden. Der Bürgerdialog, zu dem Müller eingeladen hatte, sei „vollkommen entglitten“, heißt es in dem Text über die krawallige Versammlung, in der Müller verbal heftig attackiert wurde. „Die Beteiligten sind von einigen Vorstandsmitgliedern gegen den ersten Vorsitzenden Main Müller aufgehetzt worden“, schreibt der Verfasser weiter. In einem eher ungewöhnlichen Ton geht es weiter: „Es tut uns auch unendlich leid, dass der 1. Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Goslar dadurch in seinem Ansehen als Ehrenmann beschädigt wurde.“
Am Ende der Anzeige grüßt schließlich „Ihre Alternative für Deutschland“. In der ersten Veröffentlichung in der GZ ist auf der Anzeige das Logo des AfD-Kreisverbandes Goslar abgebildet, in den anderen indes nicht. Das Logo könnte ein Hinweis darauf sein, wer die Veröffentlichungen beauftragt hat. Main Müller selbst weicht einer Antwort auf die Frage aus, ob der Kreis-, der Landes- oder der Bundesverband die Anzeige initiiert hat. „Es gibt nur eine AfD“, sagt er.
Die Bundespartei distanziert sich
Der aus dem Raum Hannover stammende AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Brandes, der dem Bundesvorstand der Partei als Beisitzer angehört, erklärt auf Nachfrage, dass die Bundespartei die Anzeige nicht aufgegeben habe. Vom Landesvorstand war zu dieser Frage am Montag trotz einer Anfrage keine Auskunft zu bekommen.
Wenn Müller die Annoncen aufgegeben hat, wofür einiges spricht, auch die Formulierung, dass er durch den Verlauf des Bürgerdialogs „in seinem Ansehen als Ehrenmann beschädigt“ worden sei, stellt sich die Frage, ob er diese selbst bezahlt oder über den Kreisverband abgerechnet hat. Für den Landesvorstand dürfte die Reinwaschung in Form einer öffentlichen Entschuldigung ein weiterer Beleg für Müllers kritisierten Politikstil sein, dem unter anderem „Alleingänge“ vorgehalten werden.
Main Müller im Alleingang
Der Bundestagsabgeordnete Micha Fehre hatte ihm beim „Bürgerdialog“ vorgehalten, sich als „Chef“ zu bezeichnen, entsprechend setze er sich über „demokratische Mehrheiten“ hinweg.
Ohnehin dürfte spannend sein, wie es weitergeht. Der gesamte Vorstand mit „Ehrenmann“ Müller an der Spitze war auf Betreiben des Landesvorstands zum 1. September zurückgetreten. Müller hatte bisher betont, wieder antreten zu wollen. Als Termin für eine Mitgliederversammlung war der 1. November angekündigt worden, derweil könnte die Ladungsfrist längst abgelaufen sein, heißt es parteiintern. Der Landesvorstand bestätigt indes, dass die Neuwahlen verschoben werden mussten, ein neuer Termin steht noch nicht fest.
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