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„Omas gegen Rechts“ befeuern Debatte

GZ Plus IconWird die AfD jetzt bald aus dem Bündheimer Schloss geworfen?

Soll das Bündheimer Schloss weiterhin Parteien zur Verfügung gestellt werden? Und wenn – welchen?

Soll das Bündheimer Schloss weiterhin Parteien zur Verfügung gestellt werden? Und wenn – welchen? Foto: Nachtweyh/GZ-Archiv

Die Debatte um das Verbot von AfD-Treffen im Schloss ist durch die „Omas gegen rechts“ neu entfacht worden. Die GZ beleuchtet die Rechtslage und die Stimmung im Rat.

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Von Holger Schlegel
Montag, 15.12.2025, 10:00 Uhr

Bad Harzburg. Die regelmäßigen Treffen der AfD im Bündheimer Schloss sorgen nicht erst seit der jüngsten Ratssitzung für Diskussionen. Am Dienstag hatten (die GZ berichtete) die „Omas gegen Rechts“ 500 Unterschriften an die Ratsvorsitzende Dr. Gabriele Alberts-Goebel übergeben. Ihre Bitte kurz zusammengefasst: Öffentliche Gebäude wie das Schloss sollten nicht mehr an antidemokratische Gruppierungen vermietet. Alberts-Goebel hatte die Liste entgegengenommen und versprochen, die Sache zu kommunizieren. In der anschließenden Ratssitzung war das jedoch dann kein Thema mehr. Doch wie stehen die Fraktionen zu der Problematik? Und wie wollen sie sie angehen?

Die Rechtslage

In der Satzung über die Benutzung der städtischen Veranstaltungsstätten (Bündheimer Schloss, Freizeitzentrum und Dorfgemeinschaftshaus Göttingerode) ist in Paragraf 1, Absatz 1 geregelt: „Die Stadt Bad Harzburg stellt für politische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Zwecke Veranstaltungsstätten bereit.“ Die Stadtverwaltung argumentiert daher seit jeher – und auch aktuell –, dass grundsätzlich alle Parteien diese Einrichtungen nutzen dürfen, insbesondere dann, wenn sie im Rat der Stadt vertreten sind.

Würde man der AfD die Nutzung untersagen, müssten folgerichtig auch andere Parteien ausgeschlossen werden. Ein generelles Verbot politischer Veranstaltungen wiederum wirft neue Abgrenzungsfragen auf: Wie wäre etwa die Verleihung des Staatsbürgerpreises zu bewerten, der bereits an Politiker vergeben wurde und damit politisch geprägt war?

Die AfD lud mehrfach zur Wahlkampfveranstaltung mit Rednern wie dem EU-Parlamentsabgeordneten Maximilian Krah ins Bündheimer Schloss ein

Die AfD lud mehrfach zur Wahlkampfveranstaltung mit Rednern wie dem EU-Parlamentsabgeordneten Maximilian Krah ins Bündheimer Schloss ein Foto: Neuendorf

Hinzu kommt das Parteienprivileg. Politische Parteien genießen laut Grundgesetz einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz – auch dann, wenn sie als Verdachtsfall eingestuft sind. Solange kein Verbot durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen wurde, kann ihre Verfassungswidrigkeit rechtlich nicht geltend gemacht werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits 2014 klargestellt. Ein Ausschluss allein auf Basis einer Einschätzung des Verfassungsschutzes gilt daher als rechtlich problematisch. Diese Auffassung hat sich die Stadt auch von höherer Stelle bestätigen lassen. Das Problem ist dabei keineswegs auf Bad Harzburg beschränkt. Andere Städte versuchen, über Hausordnungen gegenzusteuern. Doch auch hier stellen sich Fragen: Wer kontrolliert deren Einhaltung? Und wie werden Verstöße sanktioniert?

Vor der Ratssitzung am vergangenen Dienstag übergibt Christine Weber (l.) von den „Omas gegen rechts“ eine Unterschriftenliste an die Ratsvorsitzende Dr. Gabriele Alberts-Goebel.

Vor der Ratssitzung am vergangenen Dienstag übergibt Christine Weber (l.) von den „Omas gegen rechts“ eine Unterschriftenliste an die Ratsvorsitzende Dr. Gabriele Alberts-Goebel. Foto: Schlegel

Zwar gibt es Stimmen, die fordern, die Stadt müsse es notfalls auf eine Klage ankommen lassen – bis in die höchsten Instanzen. Angesichts der bestehenden Rechtslage ist ein Erfolg jedoch keineswegs sicher, sondern eher auszuschließen. Zudem könnte ein höchstrichterliches Urteil, das etwa der AfD die Nutzung städtischer Einrichtungen zuspricht, schnell bundesweite Signalwirkung entfalten. Bleibt die Frage, warum es bei der Wandelhalle anders lief. Sie war zunächst ebenfalls von der AfD genutzt worden, wird inzwischen aber nicht mehr an Parteien vermietet. Der Unterschied: Die Wandelhalle gehört den Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetrieben und ist keine öffentliche Veranstaltungsstätte der Stadt.

CDU/Grüne/Freie Wähler

Hans-Peter Dreß

Hans-Peter Dreß Foto: Marie Ellinghaus

Die großen Fraktionen und Gruppen im Rat tun sich angesichts dieser Lage schwer damit, eine Entscheidung zu finden. „Eine Patentlösung hat da noch keiner“, sagt denn auch Hans-Peter Dreß, Kopf der Gruppe CDU/Grünen/Freie-Wähler. Die Lösung müsste mehrere Bausteine haben: Sie müsste rechtlich haltbar sein, man habe schon die Fühler in andere Kommunen ausgestreckt. Sie müsste auch wirksam sein. Nicht wie damals bei der Wandelhalle: Als Parteien sie nicht mehr nutzen durften, ist die AfD einfach umgezogen. Angeschmiert war da die CDU, die nämlich nun ihr Salzfestmahl dort auch nicht mehr ausrichten darf.
Stefan Schlue

Stefan Schlue Foto: Privat

Erst nach einer Veranstaltung tätig zu werden, weil beispielsweise gegen eine noch zu erstellende Hausordnung verstoßen wurde, verhindere ja die Treffen auch nicht, so Dreß. Wie dem auch sei: Letzten Endes werde die AfD durch die Debatte auch immer mehr in die Öffentlichkeit gezogen.
Dennis Kronjäger

Dennis Kronjäger Foto: Privat

Wobei Dreß auch zugibt, dass in seiner Gruppe die Meinungen sehr auseinander gehen. Stephan Schlue von den Freien Wählern zum Beispiel erklärte gegenüber der GZ, er werde einem Verbot der Vermietung an die AfD nicht zustimmen. Denn „das widerspricht unserer Ansicht von Demokratie und Gleichbehandlung.“ Solange diese Partei nicht gesetzmäßig für verfassungswidrig erklärt wurde, muss sie wie alle anderen Parteien behandelt werden.

Wohingegen Dennis Kronjäger von den Grünen eher auf Linie seines Parteifreundes Stefan Scheele vom „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ ist: Man sei mit der Stadtverwaltung im engen Austausch, um die rechtlichen Fragen zu klären. Beispielsweise sei noch zu prüfen, ob es in den Mietverträgen Änderungen oder Anpassungen geben kann. Kronjäger: Natürlich werde man weiterhin das „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ und die „Omas gegen Rechts“ unterstützen, um ein klares demokratisches Zeichen für Bad Harzburg zu setzen.

SPD/FDP/Wählergemeinschaft

Michael Riesen

Michael Riesen Foto: Privat

In der SPD-geführten Gruppe sind die Meinungen einheitlicher. „Wir arbeiten an einem Weg“, sagt Fraktionschef Michael Riesen.
Andreas Baake

Andreas Baake Foto: Privat

Die Lösung müsse aber wasserdicht sein. Seit Wochen sei die Gruppe im Austausch mit dem „Bündnis gegen Rechts“ und habe auch großen Respekt vor den „Omas gegen Rechts“. Allein schon, weil sie Unterschriften genau neben einem AfD-Infostand gesammelt hätten. „Es ist ein großes Thema“, aber die Sache müsse rechtssicher sein. Auf keinen Fall komme infrage, alle Parteien aus städtischen Gebäuden zu verbannen, „wir lassen uns nicht verjagen“, sagt Riesen. Denn die SPD zum Beispiel veranstalte regelmäßig ihren Neujahrsempfang im Bündheimer Schloss. Andreas Baake von der Wählergemeinschaft, die zur Gruppe SPD/FDP gehört, schließt sich den Worten seines Fraktionschefs Michael Riesen an, hat aber auch noch ein anderes Problem auf dem Herzen: Es habe ihn gewundert und gar gestört, dass am
Stephan Kowallis

Stephan Kowallis Foto: Privat

Dienstag die Übergabe der Unterschriften in der anschließenden Ratssitzung nicht mit einem Wort erwähnt worden sei. Die Ratsvorsitzende Dr. Gabriele Alberts-Goebel hatte die Unterschriften mit den Worten „das wird kommuniziert“ entgegengenommen. In der Ratssitzung sei aber in dieser Angelegenheit überhaupt nichts kommuniziert worden.

AfD

Und was sagt eigentlich die AfD selbst zu der Debatte und die Unterschriftensammlung der „Omas gegen Rechts“? Ratsherr Stephan Kowallis formuliert es auf GZ-Nachfrage kurz und knapp: „Die AfD in Bad Harzburg ist auch gegen Rechts, würde aber keiner Sonderbehandlung bei der Vermietung der städtischen Gebäude nur für auserwählte Gruppen zustimmen.“

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