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Völklinger Hütte

Röntgenblick in Völklingen – Ausstellung zeigt Unsichtbares

Auf über 6.000 Quadratmetern kann die Ausstellung „X-Ray - Die Macht des Röntgenblicks“ besichtigt werden.

Auf über 6.000 Quadratmetern kann die Ausstellung „X-Ray - Die Macht des Röntgenblicks“ besichtigt werden. Foto: Pinter Laszlo/dpa

Vom durchleuchteten Hubschrauber bis zum Memorial für Hüttenarbeiter: Eine neue Schau in der Völklinger Hütte zeigt, wie Röntgenblicke unsere Sicht auf die Welt verändern.

Von Katja Sponholz, dpa Donnerstag, 06.11.2025, 14:30 Uhr

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Völklingen. Was haben ein entzündeter Zahn, die schwarzen Löcher im All und Schmuggelware gemein? Ohne Röntgenstrahlen wüsste man nicht um ihre Existenz! Aber die vor genau 130 Jahren entdeckten Strahlen spielen nicht nur in der Medizin oder Wirtschaft eine große Rolle. 

Die neue Ausstellung „X-Ray - Die Macht des Röntgenblicks“ (9.11. bis 16.8.2026) im Weltkulturerbe Völklinger Hütte zeigt ab Sonntag, welche Bedeutung sie in Geschichte und Politik, Kunst und Kultur, Architektur und Natur haben. Und das alles andere als abgehoben wissenschaftlich, sondern anschaulich und lebendig. Mitunter sogar zum Ausprobieren.

Natürlich sind es nicht die „echten“ Strahlen, deren Wirkung man spielerisch testen kann. Der „Gläserne Mann“ lässt sich per Knopfdruck durchleuchten, und mit dem Touchpad wird erlebbar, was sich wirklich hinter dem Bild vom Strand oder dem Frauen-Porträt von Vincent van Gogh verbirgt. 

Zum Entdecken lädt auch das transparente Ziegelsteinlabyrinth der brasilianischen Künstlerin Cris Bierrenbach ein. Ebenso wie die „Chapelle“ des Belgiers Künstlers Wilm Delvoye: eine aus Corten-Stahl gefertigte Röntgen-Kapelle, deren Fenster allerdings alles andere als biblische Szenen darstellen. 

Medizintechnik, Machtinstrument und Inspiration

Bei dem als Erlebnislandschaft gestalteten „X-Ray-Parcours“ hat man laut Ralf Beil, Kurator und Generaldirektor des Weltkulturerbes, „extrem viel auf Vermittlung gesetzt, um deutlich zu machen, worum es uns hier geht“. Dass Röntgenstrahlen nämlich nicht nur völlig neue Erkenntnisse und Behandlungsmethoden in der Medizin gebracht haben. Sondern dass sie auch als Machtinstrument von der Politik missbraucht wurden und bis heute Künstler, Musiker, Filmemacher, Karikaturisten und Modeschöpfer inspirieren.

Die neue Ausstellung in der Völklinger Hütte sei die bislang erste, die sich derart umfassend den zahlreichen kulturellen Aspekten des Röntgenblicks widmet: Sie präsentiert 79 Akteure aus 27 Ländern weltweit in insgesamt 18 Kapiteln.

„Röntgenstrahlen durchdringen unsere Moderne und Gegenwart auf ganz besondere Art und Weise“, meint Beil. „Wir blicken buchstäblich auf sonst verborgene Tiefenschichten unser selbst und unserer Umwelt - von den Molekülen und Kodierungen unserer Körper bis hin zu den entferntesten Galaxien des Weltraums.“ 

Die gewaltige Gebläsehalle macht es möglich, auch große Arbeiten wirken zu lassen: ob das Röntgenteleskop eROSITA, die durchleuchtete Hubschrauber-Flucht „The Fly Away“ des Briten Nick Veasey, das zehn Meter lange, filigrane Natur-Panorama des Niederländers Arie van ‚t Riet bis zum sieben Meter hohen Monument von Andreas Greiner: scheinbar das Skelett eines Dinosauriers, tatsächlich jedoch dank Röntgentechnik ein Beleg, wie deformiert der Körper eines Masthuhns ist.

Und zugleich wird die Völklinger Hütte auch ihrer eigenen Geschichte gerecht: Der Münchner Christoph Brech realisiert mit „Odem“ speziell für sie ein Rundbogenfenster mit Röntgenaufnahmen aus den örtlichen SHG-Kliniken. Sie zeigen die Lungenaufnahmen von Völklingern, die hier gearbeitet haben: mit Anzeichen einer Staublunge oder eines Karzinoms. Motto: „Die Lunge ist die Gebläsehalle des Menschen.“

Ein Ort, der Weltwissen vermitteln möchte

Für Ralf Beil passt diese Arbeit damit doppelt in die Gebläsehalle - quasi als der Lunge des Eisenwerks: „Es ist ein Memorial für alle Hüttenarbeiter und die Luftverschmutzung, der sie ausgesetzt waren.“ Zugleich sei für ihn wichtig, Ausstellungen nicht als „Durchlauferhitzer“ zu gestalten, sondern so, dass sie nachhaltig wirken: „Wir sind ein Ort der Erfahrung, aber auch ein Ort, der Botschaften hat und Weltwissen vermitteln möchte.“ 

Speziell mit „X-Ray“ verbindet der Generaldirektor damit eine besondere Hoffnung: „Dass wir unsere Welt anders begreifen. Denn sie hat viel mehr Dimensionen und Tiefenschichten, als wir glauben.“

Ein Plakat wirbt für die Ausstellung in der Völklinger Hütte.

Ein Plakat wirbt für die Ausstellung in der Völklinger Hütte. Foto: Pinter Laszlo/dpa

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