Pläne für Windkraft im Lutter-Becken: Wie geht es jetzt weiter?
Die Bürgerinitiative „Windkraftfreies Lutter-Becken“ will diese Transparente an den Ortseingängen von Lutter und Ostlutter platzieren. Foto: Gereke
Der Entwurf zur Änderung des Regionalen Raumordnunsprogramm sieht vor, im Lutter-Becken ein Vorranggebiet zur Windkraftgewinnung auszuweisen. Wie geht es jetzt weiter? Wie beurteilen Befürworter und Gegner die Entwicklungen?
Lutter/Ostlutter. Seit der Sitzung des Langelsheimer Bauausschusses ist es kein Geheimnis mehr: Der Entwurf zur Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsprogramm, um weitere Windkraftvorrangflächen auszuweisen, sieht vor, dass im Lutter-Becken ein Windpark entstehen soll. Bis 2032 sollen 3,18 Prozent der Verbandsfläche für Windkraft zur Verfügung stehen – ein Baustein dazu das Lutter-Becken. Wie geht es jetzt weiter?
Südlich von Lutter und Ostlutter – etwa in Höhe Nauen – soll Strom aus Windkraft produziert werden. Erste Ideen dazu hatten Grundeigentümer und Planungsgesellschaft Terrawatt Ende August vorgestellt. Damals war noch nicht klar, dass sie Vorrangfläche werden soll und sie gingen noch von einer etwas größeren Fläche aus. Im ersten Entwurf des Regionalverbands Großraum Braunschweig ist das Areal nämlich geschrumpft, weil beispielsweise ein größerer Abstand zum Weiler Rhode eingehalten wird.
Dennoch hat Terrawatt nach wie vor Interesse an dem Projekt: „Das Lutter-Becken ist als Windenergiegebiet sehr interessant, da wir dort gute Windverhältnisse erwarten. Dadurch wäre die Energieausbeute sehr hoch. Zudem bietet die geografische Lage des Beckens Vorteile wie die Nähe zu bestehenden Infrastrukturprojekten und unkomplizierte Transportwege. Diese Faktoren machen das Lutter-Becken zu einer besonders geeigneten Option für die Entwicklung von Windenergieanlagen. Wir sollten daher weitere Untersuchungen und Planungen in Betracht ziehen, um das volle Potenzial dieses Gebiets auszuschöpfen“, erklärt Terrawatt-Geschäftsführer Klaus Kim Ko auf GZ-Nachfrage.
Ab fünf Anlagen wirtschaftlich realisierbar
Im Sommer sprach er von sechs bis acht Anlagen, die auf der damals anvisierten Fläche im Lutter-Becken entstehen könnten. Nun schrumpft im Entwurf das Areal. „Aktuell können wir generell davon ausgehen, dass ein Windpark mit mehr als vier Windenergieanlagen unter normalen Bedingungen wirtschaftlich realisierbar ist. Allerdings könnte sich diese Situation in den nächsten zwei bis drei Jahren auch ändern“, erklärt Kim Ko. Derzeit laufe die Prüfung des Entwurfs der Regionalplanung, ein Ergebnis liege aber noch nicht vor.

Die sechs sich aktuell schon bei Klein Flöthe drehenden Windenergieanlagen hat ebenfalls Terrawatt realisiert. Foto: Gereke
„Uns war von vornherein klar, dass wir von keinem festgelegten Gebiet sprechen“, ergänzt Kurt Hübner, Sprecher der Grundeigentümer im Lutter-Becken, die vor einigen Monaten die Windpark Lutter Verwaltungs GmbH gegründet hatten. Bislang habe der Regionalverband nur eine grobe Übersichtskarte veröffentlicht, aus der nicht ersichtlich sei, welche Flurstücke überhaupt betroffen seien. Insofern heiße es warten, um zu sehen, wie die ins Auge gefasste Vorrangfläche tatsächlich aussehe. Dass der Regionalverband das Areal im Lutter-Becken als Vorrangfläche für geeignet halte, bestätige die vorgestellte Idee.
Der Gegenwind, der dem Projekt inzwischen entgegenbläst, samt Gründung der Bürgerinitiative, überrascht Hübner übrigens nicht. „Bei allen größeren Bauprojekten im Land regt sich inzwischen in der Regel Widerstand. Insofern kam die Gründung nicht unerwartet.“
Und die Bürgerinitiative „Windkraftfreies Lutter-Becken“? Sie mobilisiert gegen das Vorhaben, läuft Sturm gegen die Pläne. Für Donnerstag, 5. Dezember, 18.30 Uhr, lädt sie alle Interessierten in den Saal der Lutteraner Gaststätte „Blickpunkt“ ein, um über ihre Arbeit zu informieren und das weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei geht es um die Vorstellung der Transparente, die sie hat drucken lassen.
Befürchtungen der Bürgerinitiative
Außerdem stellt sie ihren Flyer vor, auf dem sie über Ziele und Beweggründe informiert. Unter dem Titel „Lutter wehrt sich“ fordert sie in einem Schreiben: „Keinen industriellen Windpark im historischen Lutter-Becken“. Die politischen Vorgaben, die zu „schwerwiegenden Eingriffen in unser Landschaftsbild führen“, hält sie für deutlich überzogen. Viel Geld sei im Spiel, „Flächeneigentümern werden fünf- bis sechsstellige jährliche Nutzungsgebühren angeboten“. Sie kritisiert, dass der von privaten Finanzinteressen getragene Windkraftausbau von politischer Seite – auch zur eigenen Profilierung – fast bedingungslos unterstützt werde. Die BI äußert wirtschaftliche Bedenken, warnt vor der Zerstörung des Landschaftsbildes, befürchtet den Wertverlust von Grundstücken und Perspektivlosigkeit in der Ortsentwicklung sowie Beeinträchtigungen für Mensch, Tier und Natur.

Das Thema Windkraftausbau mobilisiert: Zahlreich erscheinen die Interessierten zur Bauausschusssitzung in Langelsheim, wo das Thema auf der Tagesordnung steht. Foto: Gereke
Fazit der BI: Sie hält einen Bau des Windparks in unmittelbarer Nähe zu Lutter und Ostlutter für unverantwortlich. Mit dem nur drei Kilometer entfernten Windpark Haar leiste die ehemalige Samtgemeinde Lutter bereits einen ausreichenden Beitrag zur Energiewende, findet sie. Ferner verweist sie auf die Schlacht von Lutter am Barenberge im Dreißigjährigen Krieg. „Ausgerechnet zum 400. Jahrestag dieses Ereignisses sollen in Sichtweite des Schlachtfeldes 250 Meter hohe Windräder errichtet werden. Eine Gedankenlosigkeit und Geschichtsvergessenheit, die ihresgleichen sucht.“ Und sie wirft die Frage auf, ob es in Stadt oder Landkreis nicht besser geeignete Flächen gibt.
Ebenfalls tagt jetzt zum Entwurf die Verbandsversammlung. Voraussichtlich Anfang 2025 sollen die Entwürfe öffentlich ausgelegt werden, hieß es im Langelsheimer Bauausschuss. Ende 2026 könnte der Beschluss zum Regionalen Raumordnungsprogramm gefasst werden.