Der Rat muss entscheiden, ob er 30 Windräder in Bad Harzburg will

Sieben Windräder sind auf diesem Bild zu sehen. Rund um Bad Harzburg könnten bis zu 30 Stück gebaut werden. Foto: picture alliance/dpa
Der Regionalverband hat die Vorranggebiete für Windenergie als Entwurf vorgelegt. Für Bürgermeister Abrahms ist das eine Bombe. Nun müsse der Rat entscheiden, ob 30 Windräder vor Bad Harzburgs Toren gebaut werden sollen. Jedes bis zu 300 Meter hoch.
Bad Harzburg. Bürgermeister Ralf Abrahms spricht von einer Bombe, die geplatzt sei, als er und die anderen Hauptverwaltungsbeamten der Region gestern vom Regionalverband Großraum Braunschweig über die zur Debatte stehenden Vorrangflächen für Windenergie informiert wurden. Eigentlich sind es sogar zwei Bomben: Die Fläche, auf der der Energiepark Harlingerode errichtet werden soll, ist auf 60 Hektar zusammengeschmolzen. Dafür taucht in den Planungen rund um den Weißberg in Westerode/Bettingerode eine Vorrangfläche von rund 280 Hektar auf, von der selbst Abrahms bisher nichts wusste. Was heißt das nun für Bad Harzburg?
Nichts in Stein gemeißelt
Zunächst einmal ist durch die Neuigkeiten aus Braunschweig nichts in Stein gemeißelt und auch nichts endgültig vom Tisch. Die Lage stellt sich wie folgt dar: Der Regionalverband erarbeitet zurzeit einen neuen Raumordnungsplan, in dem Vorrangflächen für die unterschiedlichsten Bereiche vorgesehen sind. Das kann Kiesabbau sein, Wald oder eben Windenergie. Welche Flächen als geeignet erscheinen, hängt von einigen Parametern ab. Bei Wind ist das unter anderem der Abstand zur Bebauung (mindestens einen Kilometer), aber auch die Nähe (oder „Nicht-Nähe)“ beispielsweise zum Nationalpark. Es kann auch sein, dass bereits entsprechende Voranfragen beispielsweise von Grundeigentümern vorliegen, die in diesem oder jenen Gebiet Windkraftanlagen bauen wollen. Daraus wird dann natürlich nur ein Vorranggebiet, wenn es zum Kriterienkatalog passt.

Ralf Abrahms vor dem Entwurf des Regionalverbandes, auf dem die Vorranggebiete für Windenergie eingezeichnet sind. Foto: Schlegel
Dieser Entwurf gehe nun im neuen Jahr ins Genehmigungsverfahren. Abrahms rechnet damit, dass er abgesegnet wird. Und ihn überrascht zwar die neue Fläche in Westerode, nicht aber die Verkleinerung des Areals bei Harlingerode. Womöglich werde für diesen Bereich ja eine andere Festsetzung im Raumordnungsplan getroffen, sagt er.
Zielabweichungsverfahren
Aber was bedeutet diese Entwicklung für Bad Harzburg? Eine Vorrangfläche ist noch lange nicht der Freibrief, dort morgen ein Windrad zu bauen. Es sei nur leichter, sagt Abrahms. Zwar müsse die Stadt auch für solche Projekte gegebenenfalls den Flächennutzungsplan ändern und Bebauungspläne erarbeiten. Aber wenn das Gebiet sowieso schon Vorranggebiet ist, haben eventuelle Investoren natürlich leichteres Spiel, ihr Vorhaben gegebenenfalls auch auf rechtlichem Wege durchzusetzen, falls die Stadt es ablehnt. Umgekehrt sei es natürlich schwieriger, eine städtische Planung – beispielsweise für einen Energiepark – umzusetzen, wenn sie nicht im Raumordnungsplan vorgesehen ist. Schwieriger – aber nicht unmöglich, dafür bräuchte es nach Aufstellung der städtischen Planungen allerdings ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren. Aktuell jedenfalls, so sieht es der Bürgermeister, „geht gar nichts weiter.“
30 Eiffel-Türme
Was soll nun die Ratsmitglieder machen? In den Augen des Bürgermeisters müssen sie über kurz oder lang entscheiden, wie viele Anlagen (es ist die Rede von 300 Meter hohen Windrädern) sie rund um ihre Stadt haben wollen. Abrahms rechnet vor: Drei kommen ohnehin zu den Industriebetrieben am Hüttengelände, die seien auch unkritisch. Dann würden fünf weitere, schon vorhandene Anlagen, im Zuge des sogenannte Repowerings vergrößert. Acht Anlagen seien also gesetzt. Auf der neu hinzugekommenen Fläche am Weißberg würden „über den dicken Daumen geschätzt“ zehn Anlagen Platz finden. Und dann kämen, würde man die Planungen durchboxen, auch noch 12 Windräder in den Harlingeröder Energiepark. Insgesamt also 30 Stück vor den Toren Bad Harzburgs. Jedes bis zu 300 Meter hoch, das sind Eiffelturm-Dimensionen. „Der Rat muss entscheiden, ob er das will“, so Abrahms. „Ich bin da jedenfalls kritisch.“