Am Südharzer Stausee Kelbra sterben hunderte Vögel
Kranichzug über Goslar: Einer fliegt aus der Reihe. Foto: Epping
Auch über Goslar wurden bereits zahlreiche Kraniche auf ihrem Zug in den Süden gesichtet. Doch die Vogelgrippe überschattet den Kranichzug. Am Kelbra-Stausee im Südharz sterben hunderte von ihnen. Auch der Harzkreis meldet einen Vogelgrippefall.
Harz. Der Kranichzug hat eingesetzt, möglicherweise hat er seinen Höhepunkt bereits erreicht. Vor allem vorige Woche waren in vielen Orten die wehmütigen und trompetenartigen Rufe der großen Vögel zu hören. Die Kraniche sind auf dem Weg in ihre Winterquartiere Richtung Frankreich und Spanien, ein Zeichen, dass der Winter naht.
Der aktuelle Kranichzug wird indes von der als Geflügelpest bekannten Vogelgrippe überschattet. Im Landkreis Mansfeld-Südharz und im Harzkreis wurde am Freitag eine Stallpflicht für Geflügel angeordnet, im Landkreis Göttingen wurde zwar ein Geflügelpest-Fall gemeldet, aber auf eine Stallpflicht vorerst verzichtet.
An einigen Hauptrastplätzen, die die Vögel für einen Zwischenstopp einlegen, um sich auszuruhen und zu stärken, wurden jeweils mehrere hundert tote Kraniche gefunden. Mittlerweile habe die Ausbreitung der Vogelgrippe unter Kranichen ein in Deutschland nicht gekanntes Ausmaß erreicht, meldete das Friedrich-Loeffler-Institut in diesen Tagen. Einen beliebten Kranich-Rastplatz gibt es mit dem Stausee Kelbra im Landkreis Mansfeld-Südharz auch in der Harzregion. Seit vielen Jahren ist der Stausee daher auch ein beliebter Ausflugsort für Vogelliebhaber.
Hunderte Kadaver
Die Kreisverwaltung in Sangerhausen berichtet, dass bereits rund 500 tote Kraniche und eine tote Wildgans eingesammelt wurden. Die Verwaltung rechnet wegen der Vogelzug-Saison damit, dass die Zahl stetig ansteigt. Pro Tag kämen aktuell rund 100 tote Tiere hinzu. Feuerwehrleute unterstützen die Einsatzkräfte, um die toten Tiere einzusammeln. In einer Mitteilung der Verwaltung ist von einer „außergewöhnlichen Situation“ die Rede.

Einsatzkräfte der Feuerwehr entsorgen am Stausee Kelbra verendete Kraniche in einem Container. Foto: dpa
Den ersten Verdachtsfall an der Kelbra-Talsperre gab es am 15. Oktober. Die Behörde hat den Stausee für Ausflügler gesperrt und ein Bürgertelefon eingerichtet. Das Gelände am Stausee dürfen nur Einsatzkräfte und Mitarbeiter des Talsperrenbetriebs betreten. Am Freitagnachmittag meldete auch die Kreisverwaltung in Halberstadt einen Vogelgrippefall und ordnete eine Stallpflicht für Geflügel an. Zuvor war bei einem verendeten Kranich im Raum Gernrode der Verdacht auf Vogelgrippe bestätigt worden. Auch der Landkreis Göttingen meldete am Freitag einen Fall, im „Raum Südharz“ war ein toter Kranich gefunden worden. Die Verwaltung prüfe „Schutzmaßnahmen für die Geflügelhaltung“, heißt es.
Der Landkreis Mansfeld-Südharz hatte angesichts der sich weiter ausbreitenden Geflügelpest bereits zuvor für Freitag eine Stallpflicht für Geflügel angeordnet. Die Tiere dürfen nur noch in geschlossenen Ställen „oder unter einer gesicherten Vorrichtung untergebracht sein“. So sollen die Tiere gegen Wildvögel und deren Kot geschützt werden. Darüber hinaus wurden Geflügelausstellungen, Geflügelmärkte und ähnliche Veranstaltungen verboten.
Hauptverbreitungsquelle für das Vogelgrippevirus sind laut einer Mitteilung des Naturschutzbundes Nabu Fäkalien. Der Nabu appelliert daher an Naturfreunde, derzeit keine Kranich-Rastplätze aufzusuchen. So soll verhindert werden, dass Kotreste und damit die Vogelgrippe weiterverbreitet wird. Wer tote Kraniche oder andere Wildvögel findet, sollte die Behörden informieren. Eine Ansteckungsgefahr für Menschen bestehe nicht.
Auch im Landkreis Goslar sind immer häufiger Kraniche zu sehen. Zwar ist kein größerer Rastplatz bekannt, an dem sich eine große Zahl der Vögel niederlässt. Ornithologen wie Paul Kunze aus Wiedelah berichten aber seit einiger Zeit von drei Brutplätzen. Standorte verraten die Vogelfreunde nicht, aus Sorge, dass die scheuen Tiere bei einem verstärkten Andrang von Ausflüglern dauerhaft vertrieben werden könnten.
„In ständiger Bereitschaft“
Der Landkreis Goslar und der Harz liegen seit jeher in einer Schneise, die die Kraniche für ihre Flugroute nutzen, wenn sie in die Winterquartiere ziehen und aus diesen wieder in ihre Brutgebiete zurückkehren, die für viele Kraniche beispielsweise in Skandinavien und im Baltikum liegen.
Mittlerweile wurde aus Geflügelbetrieben die Vogelgrippe gemeldet, in einem Betrieb in Baden-Württemberg wurden 15.000 Tiere getötet. In Niedersachsen wurde die Vogelgrippe in diesem Monat in fünf Geflügelbetrieben nachgewiesen. Im Landkreis Goslar gab es bislang keine Fälle, teilte die Kreisverwaltung in Goslar am Freitagvormittag auf Anfrage mit. Dennoch sei die Behörde „in ständiger Bereitschaft“, wenn es darum gehe, aufkommende Tierseuchen zu bekämpfen.
Copyright © 2025 Goslarsche Zeitung | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.