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Creditreform Statistik 2025

GZ Plus IconÜberschuldung im Landkreis Goslar steigt: Zahlen und Ursachen

Ein Mann hat seinen Kopf auf seine Hände gelegt, während sich vor ihm Geldscheine, Münzen und Bankkarten auf einem Tisch befinden.

Die Anzahl überschuldeter Menschen steigt nach mehreren Jahren wieder. Auch der Landkreis Goslar ist von dieser Entwicklung betroffen. Foto: picture alliance/dpa

In Deutschland sind immer mehr Menschen nicht in der Lage, ihre Rechnungen zu bezahlen. Auch im Landkreis Goslar steigt die Zahl der überschuldeten Menschen.

Von Oliver Stade Dienstag, 18.11.2025, 10:00 Uhr

Goslar/Harz. Nach sechs Jahren mit rückläufiger Überschuldung der Einwohner, ist die Anzahl derjenigen Menschen wieder gestiegen, die über einen längeren Zeitraum ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Dieser bundesweite Trend zeigt sich nach Zahlen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform auch im Landkreis Goslar, allerdings fällt die Entwicklung in den Städten und Gemeinden sehr unterschiedlich aus.

Der Landkreis Goslar als strukturschwache Region weist mit einer Überschuldungsquote von 11,03 (Vorjahr 10,83) in Niedersachsen (8,09 statt 8,12 im Vorjahr), aber auch bundesweit (8,16 statt 8,09 im Vorjahr) überdurchschnittlich viele Menschen auf, deren Einnahmen und Erspartes nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, meldet Creditreform. Demnach gilt in Landkreis Goslar etwa jeder zehnte Einwohner als überschuldet. Bundesweit gelten den Zahlen zufolge 5,67 Millionen Einwohner als überschuldet.

Spitzenreiter Braunlage

Mit der Gemeinde Liebenburg (6,91, Vorjahr: 6,78) und Lutter (7,36, Vorjahr 7,67) sowie Hahnenklee (6,97, Vorjahr 7,6) gibt es auch Kommunen im Landkreis Goslar mit unterdurchschnittlich überschuldeten Einwohnern. Die meisten Menschen mit wirtschaftlichen Problemen finden sich in Braunlage (13,97, Vorjahr 13,39), Seesen (12,52, Vorjahr 13,33), einigen Goslarer Stadtteilen (12,48, Vorjahr 9,33) und St. Andreasberg (12,36, Vorjahr 12,06).

An den Zahlen zeigt sich: In Seesen reduzierte sich die Anzahl überschuldeter Einwohner, in Goslar stieg sie deutlich an. Die Stadt wird aber nach ihren Postleitzahl-Bezirken unterteilt. Die Überschuldungsquote von 12,48 bezieht sich auf die Postleitzahl 38642, das betrifft laut Übersicht des Telefonverzeichnisses „Das Örtliche“ Bereiche der Stadtteile Georgenberg, Jürgenohl, Ohlhof, Oker und Sudmerberg. Für die Kernstadt (Postleitzahl 38640) weist die Auskunftei eine Überschuldung von 12,08 (Vorjahr 9,06) aus. In Vienenburg (Postleitzahl-Bereich 38690) beträgt der Wert 8,82, Vorjahr 8,50), für Hahnenklee (Postleitzahl 38644) liegt er, wie erwähnt, bei 6,97.

Hinterer Platz

Für Langelsheim und Lautenthal hat Creditreform eine Überschuldung von 10,18 (Vorjahr 11,93) ermittelt, in Altenau beträgt der Wert 10,95 (Vorjahr 11,49), in Clausthal-Zellerfeld 11,15 (11,24), für Wildemann 11,57 (12,31) und für Bad Harzburg 11,87 (11,58).

Im Niedersachsenvergleich belegt der Landkreis Goslar mit Rang 41 von 45 einen der hinteren Plätze. Höhere Verschuldungen weisen demnach nur Salzgitter (11,36), Emden (12), Delmenhorst (12,48) und Wilhelmshaven (14,21) auf.

Die zunehmende Überschuldung hat sich nach Einschätzung der Auskunftei, die auch als Inkassobetrieb tätig ist, abgezeichnet: Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung, wird in einer Mitteilung mit folgenden Worten zitiert: „Nach Jahren des Angst-Sparens sind die finanziellen Puffer vieler Menschen schlicht aufgebraucht. Die Multikrise hat nicht nur Spuren hinterlassen, sie wirkt jetzt nach.“ Der vorerst letzte starke Anstieg der Überschuldung liege neun Jahre zurück. Seinerzeit waren bundesweit 130.000 neue Überschuldungsfälle registriert worden, in diesem Jahr liegt der Zuwachs bei 111.000 Haushalten.

Die Überschuldung treffe in diesem Jahr nicht nur „klassische Risikogruppen“, sondern „fast alle sozialen Gruppen“. Besonders auffällig sei die Entwicklung bei „Lifestyle-Überschuldeten“ und „Überschuldungspragmatikern“, so werden in der Creditreform-Mitteilung Menschen mit „mittlerem oder sogar überdurchschnittlichem Einkommen“ beschrieben, „die ihren Lebensstandard nach Jahren des Verzichts durch Ersatz- oder Nachholkonsum zu halten versuchen“.

Creditreform-Experte Hantzsch sagt: „Überschuldung ist kein Randphänomen mehr. Wir sehen mittlerweile viele, die eigentlich gut situiert sind, aber ihre finanzielle Belastbarkeit überschätzt haben.“

Juristisch relevant

Bemerkenswert sei, dass die sogenannte harte und die weiche Überschuldung zunehmen würden: Gemeint ist, dass die Zahl der juristisch relevanten Fälle mit Vollstreckungen, Inkassoverfahren und Haftbefehlen (bundesweit zusätzlich rund 39.000) ebenso steige wie anhaltende Zahlungsprobleme ohne rechtliche Konsequenzen (plus 72.000 Fälle). „Wenn beide Formen gleichzeitig steigen, spricht das für eine breite strukturelle Verschlechterung der privaten Finanzen“, erklärt der Mitteilung zufolge Creditreform-Geschäftsführer Bernd Bütow.

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