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Strukturreform der Landeskirche

GZ Plus IconPropstei Bad Harzburg: Gibt es bald nur noch Großgemeinden?

Die Propsteisynode trifft sich zum Workshop mit dem Landeskirchenamt in der barocken Saalkirche in Timmenrode bei Blankenburg.

Die Propsteisynode trifft sich zum Workshop mit dem Landeskirchenamt in der barocken Saalkirche in Timmenrode bei Blankenburg. Foto: Nachtweyh

Die Propsteisynode Bad Harzburg hat über das Strukturreform-Papier der Landeskirche Braunschweig beraten: Es ging um Personal, Gebäude, Aufgaben – aber auch um einen neuen Zuschnitt der Kirchengemeinden: Wird es bald nur noch Großgemeinden geben?

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Von Berit Nachtweyh
Freitag, 06.06.2025, 04:00 Uhr

Bad Harzburg. Vor sechs Jahren hat die Landeskirche Braunschweig für sich selbst einen „Zukunftsprozess“ angestoßen, dessen geplante Strukturreform in den Kirchengemeinden aktuell kontrovers diskutiert wird (GZ berichtete). Im November will die Landessynode ein Eckpunktepapier als Leitfaden für die Reform verabschieden, bis dahin soll an der Basis ein Meinungsbild erfasst werden. In sechs von elf Propsteien hatte sich das Landeskirchenamt im Rahmen von Workshops den Fragen und Anliegen der Kirchenvorstände bereits gestellt. Am Mittwoch war die Propstei Bad Harzburg an der Reihe, die Synodalen trafen sich in der Dorfkirche von Timmenrode.

Als „richtig gut“ und „genial vorbereitet“ lobte Steven Burek, Projektmanager des Zukunftsprozesses im Landeskirchenamt, die Vorarbeit in der Propstei, die sich bereits in allen vier Gestaltungsräumen bei Workshops mit der Sache befasst hatte. Das Warum war also allen klar. Jetzt ging es um Antworten darauf, wie man denn nun in der Landeskirche auf sinkende Mitgliederzahlen und Steuereinnahmen, sowie absehbare Personalengpässe, bei steigender „Gebäudelast“ und gleichbleibender Aufgabenfülle reagieren will. Mit den „bisherigen kleinen Stellschrauben“ ließen sich diese Grundprobleme wohl nicht mehr lösen, so Burek, „wir haben also unsere Hausaufgaben zu machen“.

Gestaltungsraum als Gemeinde?

Diskutiert wurde am Mittwoch vor allem der Zuschnitt der Gemeinden sowie die Verteilung und Gewichtung der diversen Aufgabenfelder zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Großgemeinden mit 40.000 Mitgliedern, wie im ersten Eckpunktepapier der Landeskirche vermerkt, konnte sich niemand unter den in der Synode vertretenen Kirchenvorständen vorstellen. Schon eher, dass die jetzigen Pfarrverbände oder Kirchengemeindeverbände als eine Kirchengemeinde zusammengefasst werden. Aber auch das sei trotz der räumlichen Nähe kein Selbstläufer und bringe je nach Region auch ganz unterschiedliche Herausforderungen mit sich, betonte Propst Jens Höfel.

Abgesehen von der Frage nach der Identität einer neuen „Kirche vor Ort“ stellte sich für die Synodalen aber vor allem die Frage nach deren personeller Ausstattung: Bedeuten weniger Pfarrpersonen künftig mehr Arbeit für die Kirchenvorstände? Angedacht seien multiprofessionelle Teams, erläuterte das Landeskirchenamt. Heißt: Nicht mehr der Pfarrer oder die Pfarrerin sollen künftig für alles zuständig sein, sondern in regionalen Einheiten von entsprechenden Fachleuten unterstützt werden. „Wir wollen Strukturen schaffen, die sinnvolle und gesunde Voraussetzungen für eine größtmögliche Entlastung schaffen“, sagte Oberlandeskirchenrätin Ulrike Brand-Seiß, Leiterin der Personalabteilung. Salopp formuliert: Pfarrer sollen wieder vor allem Pfarrer sein dürfen.

Umdenken beim Ehrenamt

Wie genau sich die ehrenamtlich arbeitenden Kirchenvorstände in so ein Personalmodell einfügen können, das blieb am Mittwoch noch weitestgehend unklar. Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Kirchen sollen die Ehrenamtlichen unterstützen – so steht es im Konzept. Bisher wurde eher umgekehrt ein Schuh draus. Es sei also ein Umdenken notwendig und ein anderes Verständnis von Ehrenamt in der Gemeindearbeit, forderten die Kirchenvorstände. Zugleich dürfe man das Ehrenamt nicht überstrapazieren. Es gibt also nicht nur strukturelle „Hausaufgaben“, die der Landeskirche Braunschweig ins Haus stehen. Mehrheitlich sprach sich die Propsteisynode zum Ende der dreistündigen Sitzung dafür aus, im August nochmals miteinander über das Reformpapier zu beraten, bevor das „Meinungsbild“ aus der Propstei Bad Harzburg an die Landeskirche weitergereicht wird.

Gebäude auf dem Prüfstand

Bei allen Überlegungen zu den inhaltlichen und personellen Strukturprozessen mahnte Steven Burek, die drängende Gebäudefrage nicht zu vernachlässigen. Die Landeskirche Braunschweig unterhält derzeit 412 Kirchen, 138 Pfarrhäuser und 210 Gemeindehäuser – und fast überall gibt es ein Problem mit der Klimaneutralität. Hinzu komme, so Burek: Es gebe immer weniger Haupt- und Ehrenämtler, aber eine gleichbleibende Zahl an Gebäuden, um die sie sich kümmern müssen. Verbunden mit enormen Kosten. „Das Thema Gebäude müssen wir angehen“, appellierte Burek an die Sitzungsteilnehmer in der barocken St.-Lukas-Kirche in Timmenrode.

Als Gastgeber und stellvertrender Propst hatte Timmenrodes Pfarrer Oliver Meißner die Synodalen und die Vertreter des Landeskirchenamtes in seiner einleitenden Andacht an die Jahreslosung der Evangelischen Kirche erinnert, die seiner Ansicht nach vielleicht als Fingerzeig für den Reformprozess betrachtet werden könnte. Sie lautet: „Prüft alles und behaltet das Gute“.

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