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Auslandshalbjahr

GZ Plus IconWeihnachten in Kanada: Elly Berkefeld berichtet aus Quebec

Junge Frau vor Haus im Schnee

Für fünf Monate tauscht Elly Berkefeld das heimelige Neuenkirchen mit dem schneereichen Ost-Kanada. Foto: Privat

Elly Berkefeld (17) aus Neuenkirchen besucht die 11. Klasse am Gymnasium Salzgitter-Bad. Derzeit verbringt sie ihr Auslandshalbjahr in Kanada.

Von Elly Berkefeld Mittwoch, 24.12.2025, 19:45 Uhr

Bedford / Kanada. Für ein Auslandshalbjahr ist die 17-jährige Elly Berkefeld aus Neunkirchen nach Bedford im Osten Kanadas gereist, um dort bei einer kanadischen Familie zu leben, Sitten und Gepflogenheiten zu erleben, das Land kennenzulernen und mehr noch ihren französischen und englischen Sprachschatz zu verbessern. Sie ist Schülerin der 11. Klasse des Gymnasiums in Salzgitter Bad.

In ihrem Heimatort Neuenkirchen ist sie aktive Feuerwehrfrau in der Ortsfeuerwehr und geht gerne reiten. In dem nachfolgenden Bericht schildert die 17-Jährige den Lesern der Goslarschen Zeitung ihre Erlebnisse im Land und kanadische Traditionen zum Weihnachtsfest. Dabei hält sie ausdrücklich fest: Kanada ist mehr als nur Ahornsirup!

„In meiner Gastfamilie sprechen wir hauptsächlich Französisch-Quebecoise. Das ist Französisch mit einem kanadischen Akzent und unterscheidet sich stark vom europäischen Französisch, das ich vorher in der Schule gelernt habe. Als ich hier am 23. August angekommen bin, kam es mir so vor, als hätte ich vorher nie Französisch gesprochen. Nach ein paar Wochen habe ich mich aber schnell daran gewöhnt und es läuft von Tag zu Tag besser mit dem Sprechen.

Winterlandschaft

Der Winter ist schneereich und kalt. Es ist ein Winter-Wunder-Land. Foto: Privat

Meine Gastfamilie und ich wohnen alle zusammen in einem großen Haus: mit einer Katze und einem riesigen Hund. In unserem großen Garten leben noch drei Hühner und weitere Tiere. Ich habe ein nett eingerichtetes Zimmer, auf dessen Bett tagsüber meistens die Katze namens Nacho schläft.

Gasteltern mit deutschen Wurzeln

In meiner Familie sind wir mit mir zu fünft. Meine kanadische Gastmutter und mein Gastvater haben deutsche Wurzeln. Sie haben zwei kleine Kinder im Alter von drei und sechs Jahren. Sie haben mich komplett in ihre Familie und das tägliche Leben einbezogen.

Unter der Woche gehe ich hier auf die High-School im nahegelegenen Ort Cowansville, in der wir auf Englisch unterrichtet werden. Jeden Morgen holt uns ein gelber Schulbus, wie man ihn aus typischen amerikanischen Filmen kennt, ab. Weil die Kinder von weit her auf diese Schule gehen und somit der Schulweg sehr lang ist, beginnt die Schule erst um 9.06 Uhr und endet dafür auch erst um 15.46 Uhr.

Nach der Schule bleibe ich dann meist zu Hause, weil nicht mehr viel Zeit zwischen den Hausaufgaben und dem Abendessen bleibt. Dafür ist bei uns am Wochenende immer was los. Wir gucken Eishockey und besuchen den Weihnachtsmarkt oder wir backen leckere Weihnachtsplätzchen. Manchmal gehe ich auch mit zwei Freunden Ski fahren.

Meine Gastfamilie ist für jeden Spaß zu haben und wir probieren immer was Neues aus. In den zweiwöchigen Winterferien werde ich das erste Mal Schneeschuhwandern ausprobieren. Bei Temperaturen von minus 19 Grad Celsius und dem vielen Schnee, den wir hier haben, sind Schneeschuhe die einzige Möglichkeit, lange Strecken durch den tiefen Schnee zu überwinden.

Schneeschuhe für die Winterferien

In den Winterferien habe ich außerdem mehr Zeit, um öfter mit meiner Familie und meinen Freunden in Deutschland zu telefonieren. Durch die sechsstündige Zeitverschiebung ist es nämlich nicht immer ganz einfach einen guten Zeitpunkt in der Woche zu finden, in der es auf beiden Seiten mit einem Telefonat passt. Bevor man anruft, muss also immer erstmal gerechnet werden, ob es auf der anderen Seite nicht doch schon mitten in der Nacht ist.

Ich wohne gerne hier in Bedford. Es liegt 80 Kilometer südöstlich von der Hauptstadt Montreal entfernt, in der Provinz Quebec. Das ist die einzige Provinz in Kanada, in der Französisch die alleinige Amtssprache ist. In allen anderen neun Provinzen wird Englisch und Französisch gesprochen.

Die Leute sind sehr nett hier und ich habe bereits ein paar neue Freunde gefunden.

LKW mit weihnachtlicher Beleuchtung

Am Abend hat mich dann ein Feuerwehrmann mit dem alten Feuerwehrauto abgeholt. Das ist schon im „Ruhestand“ wird aber noch für eine Lichterfahrt zu Weihnachten mit lauter Weihnachtsmusik genommen. TÜV kennen die hier in Kanada nämlich nicht. Foto: Privat

Die Freundlichkeit der Menschen habe ich vor allem in der Schule bemerkt. Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist viel persönlicher als in Deutschland. Es ist deshalb überhaupt nicht ungewöhnlich, dass die Schüler mit ihren Lieblingslehrern die Mittagspause verbringen. Jeder Lehrer hat seinen eigenen Klassenraum und es sind die Schüler, die für jede Stunde den Raum wechseln. Die Klassenräume sind schön dekoriert und geben den Eindruck von einem warmen Wohnzimmer mit Tischen und Stühlen, was das Lernen gemütlicher macht.

Ähnliche Weihnachtstradition

Die Weihnachtszeit ist in vollem Gange und auch in Kanada wird Weihnachten gefeiert. Dabei gibt es ganz ähnliche Traditionen wie in Deutschland: zum Beispiel den geschmückten Tannenbaum, den Mistelzweig oder den Adventskalender für die Kinder. Allerdings gibt es auch ein paar Unterschiede beim Weihnachtsmarkt und auch beim Fest am Heiligen Abend, das hier am 25. Dezember gefeiert wird.

Früher waren die kanadischen Weihnachtstraditionen näher an den deutschen Traditionen angelehnt als heute. Die Menschen in Quebec sind abends mit der ganzen Familie um 20 Uhr in die Kirche zur Messe gegangen, um den Weihnachtsgottesdienst zu besuchen. Danach wurden Geschenke ausgepackt und mit der ganzen Familie zu Abend gegessen. Weil es dann oft schon spät war, gab es meistens leckere Kleinigkeiten auf mehreren Tabletts verteilt, mit feinem Käse, Aspik mit Gemüse und „Pâté à la viande“ (Fleischpastete). Dazu gab es Pellkartoffeln und eine Cranberry Soße.

Kanadisches Feuerwehrfahrzeug.

Die Fahrzeuge sind beeindruckend. Ich wurde vom Fire Chief auch zu einer Tour durch deren neue Feuerwehrwache eingeladen. Die sind sehr gut ausgestattet und haben alles in der Wache, was man braucht. Foto: Privat

Am 1. Weihnachtsfeiertag wurden dann zum Mittag oder Abend die großen Gerichte gekocht: Schweineragout oder gefüllter Truthahn. Nach wie vor sind das bis heute beliebte Weihnachtsgerichte. Als Dessert isst man traditionell den ‚Gâteau aux fruits‘, ein Rührkuchen mit Obst und einer saftigen Krume sowie Pekannuss-Torte. Diese Quebecoise-Torte, die viele Mineralien und Vitamine enthält, ist nicht nur extrem lecker, gleichzeitig minimiert sie das Risiko von Herzerkrankungen.

Mädchen mit Feuerwehrjacke

Die Feuerwehr hatte auch eine Freiwilligen-Aktion, bei der sie von Haus zu Haus gehen, um Lebensmittel für die Armen zu sammeln. Dabei hab ich geholfen. Foto: Privat

Heutzutage gehen nur noch wenige in die Kirche und auch die Geschenke werden zumeist am Morgen des 25. Dezember ausgepackt. Aufgrund der Geschichte Kanadas, in die die Kirche negativ involviert war, verlor sie immer mehr an Ansehen und viele Menschen wollten kein Teil mehr dieser Gemeinschaft sein.

Weihnachten ist und bleibt aber trotzdem ein Familienfest, bei dem die ganze Familie an einem Tisch zusammenkommt. Für viele ist auch zur Tradition geworden, gemeinsam ihre Lieblings-Eishockey-Mannschaften anzufeuern oder Skifahren zu gehen.

Vegetarisches Weihnachtsessen

In meiner Gastfamilie wird das Weihnachtsfest ganz ähnlich sein. Der einzige Unterschied ist, dass wir ein vegetarisches Weihnachtsessen haben werden, um Rücksicht auf die Schwester meiner Gastmutter zu nehmen, die sich vegan ernährt.

Ansonsten gehen wir in der Vorweihnachtszeit oft auf Weihnachtsmärkte, die meist in großen Hallen mit mehreren Tischen stattfinden, auf denen verschiedenste Künstler ihre handgemachten Waren präsentieren. Da findet man schöne Tassen und Teelichthalter, aber auch wunderbare Kunst, feine Lebensmittel und Kuchen. Da unterstützt man kleine Künstler und lernt sie gleich persönlich kennen, was größtenteils in einem netten Gespräch endet.

Mit der gekauften Tasse erinnert man sich dann jeden Morgen an den schönen Abend und die wunderbaren Begegnungen.

Weihnachtssmarkt in einer Halle

Die Markthalle bietet eine Fülle an Weihnachtsschmuck. Foto: Privat

Jetzt zur Weihnachtszeit ist fast jedes Haus geschmückt. Wenn man am Abend mit dem Auto durch die Straßen fährt, sieht man von Rentieren, Zuckerstangen und Eiszapfen bis hin zu aufblasbaren Weihnachtsmännern und Schlitten fast alles, was es an Dekoration und Lichtern zu kaufen gibt. Dabei gibt es nicht wenige Menschen, die schon direkt nach Halloween in Weihnachtsstimmung sind und ihr Anwesen schmücken.

Kanada gefällt mir auch wegen der schönen Natur und dabei allen voran wegen der wundervollen Blätterfärbung im Herbst sehr gut. Besonders toll finde ich auch die Eichhörnchen, von denen man ganz viele in den Parks vorfindet. Davon gibt es schwarze, graue und braune Eichhörnchen und auch die Streifenhörnchen gibt es hier genug. Elche soll es auch geben; ich habe aber leider noch keinen gesehen.

Kanada ist eine gute Wahl

Ursprünglich habe ich Kanada als mein Austauschland ausgewählt, weil ich Französisch und Englisch zur selben Zeit lernen wollte und den vielen Schnee und die Temperaturen bis zu minus 30 Grad Celsius erleben wollte. Mittlerweile kann ich sagen, dass es definitiv die richtige Entscheidung war. Meine Reise ist Ende Januar vorbei und ich muss meiner lieb gewonnenen Gastfamilie, die mir Tag für Tag mehr ans Herz wächst, auf Wiedersehen sagen. Und ein Wiedersehen mit dem herrlichen Land und seinen herzlichen Leuten wird es ganz bestimmt geben.“

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