Kündigung von Dr. Johannes Großewinkelmann in Krisensituation

Das Museum am Rammelsberg in Goslar ist das größte im Harzer Welterbe-Verbund. Foto: Stefan Sobotta/VISUM
Der für das Jahresende angekündigte Rückzug von Dr. Johannes Großewinkelmann trifft das Harzer Welterbe mit seinem Museums-Verbund in einer Krise und überrascht viele Weggefährten. Er wirft zudem Fragen nach der künftigen Struktur auf.
Goslar/Harz. Wie geht es weiter am Rammelsberg und im Harzer Welterbe? Der Rücktritt von Dr. Johannes Großewinkelmann, der seinen Vertrag als Direktor der Welterbestiftung und als Geschäftsführer der Erzbergwerk Rammelsberg GmbH für Ende dieses Jahres gekündigt hat, verschärft die Krise im Museums-Verbund und der Stiftung, die vor einigen Wochen an einer Insolvenz vorbeischrammte.
Die ersten Informationen, dass Großewinkelmann (64) einen Schlussstrich unter seine kurze Zeit als Chef am Rammelsberg und als Stiftungsdirektor zieht, sickerten am Dienstag aus Freiberg in den Harz. In Sachsen tagten Experten zu Bergbau-Fragen. „Ich habe das für ein Gerücht gehalten“, sagt Ullrich Reiff, Leiter des Oberharzer Bergwerksmuseums in Zellerfeld über das, was er aus Freiberg hörte.
Reiffs Museum bildet einen eigenen Krisenherd im Welterbe-Verbund, unter anderem, weil die Stadt Clausthal-Zellerfeld der Stiftung den Betreibervertrag für Ende 2025 gekündigt hat und dadurch die 100.000 Euro fehlen, die der Landkreis über die Stiftung an das Museum zahlt.
„Total überrumpelt“
Reiff hatte einen Tag nach der Meldung aus Freiberg am Rammelsberg zu tun. Er wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass es nicht bloß ein Gerücht war, was er aus Freiberg gehört hatte. Das erfuhr er erst, als er an seinem Computer im Museum in Zellerfeld saß und seine E-Mails las, darunter war die Rücktritts-Mail von Großewinkelmann. „Ich war total überrumpelt“, sagt Reiff. Niemand habe damit gerechnet.
Großewinkelmann, der das Amt als Chef am Rammelsberg und als Stiftungsdirektor im Februar 2024 von Gerhard Lenz übernommen hat, kämpft mit finanziellen Problemen. Rund 300.000 Euro fehlten dieses Jahr im Stiftungs-Haushalt. Die drohende Insolvenz konnte dank Einsparungen und zusätzlicher Zahlungen der Geldgeber von 53.000 Euro für 2025 verhindert werden, teilte das Kuratorium im März mit. Zuvor hatten Welterbe-Beschäftigte in Goslar aus Sorge um ihre Arbeitsplätze demonstriert.
Ulrich Reiff, der mit dem Bergbau und den Museen der Region bestens vertraut ist, sieht in der Doppelfunktion von Großewinkelmann einen Konstruktionsfehler im Welterbe-Verbund. Zwischen den Aufgaben bestehe ein „unglaubliches Wirrwarr“. Reiff sagt: „Die Rammelsberg-Leitung kann nicht nebenbei erledigt werden, wenn zusätzlich ein großes Flächenwelterbe wie das im Harz verwaltet werden muss. Das ist nicht zu schaffen.“
Mehr Hilfe vom Land
Grundsätzlich trifft der Rücktritt Großewinkelmanns auf Verständnis, so sind die Worte von Christian Barsch von der Grube Samson in St. Andreasberg zu verstehen, der die Entscheidung ebenso bedauert wie den Umstand, dass Großewinkelmann gesundheitlich angegriffen ist. Seinen Rückzug begründete er in einer Mitteilung vom Mittwoch auch damit, dass dieser „richtig und notwendig für meine persönliche Gesundheit“ ist. Barsch, der die Grube Samson mit Hans-Günter Schärf betreibt, bezeichnet die aktuelle Situation für das Welterbe als „etwas unglücklich“. Er sagt: „Ich würde mir wünschen, dass das Land sich viel stärker engagiert und alle Einrichtungen, die zum Welterbe gehören, fördert.“
Barschs Worte sind auch ein Hinweis darauf, dass die Belegschaft ebenso wie Großewinkelmann mehrfach darauf hingewiesen haben, dass die Zuschüsse bei steigenden Kosten seit 2018 konstant geblieben seien.

Blick aus dem Fenster seines Dienstzimmers am Rammelsberg: Zum Jahresende zieht sich Dr. Johannes Großewinkelmann von seinen Chefposten am Rammelsberg und in der Welterbe-Stiftung zurück, auch mit Rücksicht auf seine Gesundheit, wie er erklärt. Foto: GZ-Archiv
Die Nachricht vom Rückzug Großewinkelmanns ist noch frisch, entsprechend vage klingen die Stellungnahmen. Landrat Dr. Alexander Saipa, Mitglied des Kuratoriums, lässt auf Anfrage Folgendes verlauten: „Es ist nicht an mir, die persönliche Entscheidung von Herrn Dr. Großewinkelmann zu kommentieren. Für die Welterbestiftung und das Besucherbergwerk Rammelsberg ist es wichtig, dass bis Jahresfrist eine tragfähige Nachfolgelösung gefunden wird.“ Dies müsse zügig eingeleitet werden.
Am Montag, 16. Juni, treffen sich Stiftungskuratorium und Rammelsberg-Aufsichtsrat zu einer Krisensitzung, um über die Stellenbesetzung zu sprechen.
Auch Lars Schmidt äußert sich noch zurückhaltend, der Geschäftsführer der Harzwasserwerke in Hildesheim ist Vorsitzender des Stiftungskuratoriums. Es sei noch zu früh, die Frage zu beantworten, ob die Stelle extern oder intern besetzt wird. Großewinkelmann führe seine Aufgaben bis zum Jahresende weiter. So lange laufe „der angestoßene Sanierungsprozess entsprechend weiter“.
Goslars Oberbürgermeister Urte Schwerdtner, ebenfalls Kuratoriumsmitglied, bedauert die Kündigung, bedankt sich für die „hervorragende Arbeit am Rammelsberg“ und wünscht Großewinkelmann „alles Gute – vor allem Gesundheit“.
Nicht über Gebühr belasten
Das Wissenschaftsministerium würdigt die „großen Verdienste“ eines „erfahrenen und engagierten Museumsmannes“. Das Ausscheiden Großewinkelmanns werde „bei allem Bedauern“ angesichts der Neustrukturierung aber auch als Chance für neue Impulse gesehen.
Derweil sagt Morea Deden, Mitglied des Stiftung-Betriebsrats, der 27 Beschäftigte vertritt: „Wir werden weiter kämpfen.“ Die Beschäftigten – für die Rammelsberg-GmbH arbeiten rund 30 weitere Kräfte – seien seit vielen Jahren dabei. „Wir sind ein sehr erfahrenes Team“, darauf vertraue sie. Auch Johannes Großewinkelmann sei noch bis zum Jahresende am Rammelsberg. „Wir gehen davon aus, dass dann jemand Neues kommt, mit dem wir dann zusammenarbeiten werden.“
Nachdenkliche Worte findet der CDU-Kreisvorsitzende Ralph Bogisch, er ist Mitglied im Rammelsberg-Aufsichtsrat. Der Rücktritt habe ihn sehr überrascht. Er zeige, „dass wir die Menschen in unserer Stadt“ nicht über Gebühr belasten dürfen. Die Politik werde weiter an der „Stabilisierung des Welterbes“ arbeiten.
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