Ehemaliger „Maharaja-Palast“ beherbergt Wohnheim mit Suchtkranken
Lars Fischer und Anke Nickel kümmern sich um ein gutes Übergangsquartier für eine Wohnform der Wiedereingliederungshilfe: den ehemaligen „Maharaja Palast“. Foto: Kempfer
Der ehemalige „Maharaja Palast“ in Vienenburg wird das Übergangsquartier für die Bewohner eines Wohnheims für suchtkranke Menschen in Hornburg. 22 Männer und Frauen ziehen hier am Montag ein, teilte „Der Paritätische“ als Träger der Einrichtung mit.
Vienenburg. Das Haus Hagenberg in Hornburg, ein Wohnheim für suchtkranke Menschen unter der Regie des Paritätischen Braunschweig, erhält einen Neubau (siehe Nordharz). Für die Dauer der Bauarbeiten müssen die Bewohner in der Region anderweitig untergebracht werden; es bestand nicht zuletzt aus Brandschutzgründen dringender Handlungsbedarf, die Suche nach einer geeigneten Immobilie mit vielen einzelnen Zimmern, aber auch großen Gemeinschaftsräumen, begann.
Die Wahl fiel auf das leerstehende Hotel in der Goslarer Straße, in Vienenburg, das seit 2013 Gurmeet Singh gehört. Das verpachtete Restaurant, vormals der „Maharaja Palast“, zuletzt „Taste of India“, gab zum Jahreswechsel auf und machte den Einzug der Wohngruppe möglich, eine Wiedereingliederungshilfe für Menschen, die sich entschieden haben, suchtmittelfrei zu leben. Ganz gleich, was zuvor konsumiert wurde – bis auf Kaffee und Nikotin ist alles tabu, wie Heimleiterin Anke Nickel auf GZ-Anfrage mitteilte.
Das leerstehende Hotel an der Goslarer Straße bietet genügend Einzelzimmer für die neuen Bewohner, das Restaurant viel Fläche für Gemeinschaftsräume. Foto: Kempfer
Beim Ortstermin im ehemals indischen Restaurant war klar: Bis zum Einzug in wenigen Tagen gibt es noch alle Hände voll zu tun. „Das ist ein ganz schöner Akt, für uns gibt es viel zu stemmen“, machte Lars Fischer deutlich, Abteilungsleiter Drogen- und Suchtkrankenhilfe beim Paritätischen. Eine Reinigungsfirma beackerte gestern die Küche; ein Elektriker muss noch durch die Räume durch, die Möbel aus Haus Hagenberg müssen nach Vienenburg gebracht werden, derweil sind die Bewohner in Hornburg am Packen. Der Bierhahn wurde bereits abgebaut, Schriftzüge wie „Bier und Cocktailbar“ sind auch nicht mehr angebracht.
Durch seine Infrastruktur als Hotel bietet die Immobilie das, was benötigt wird; einzelne Zimmer mit eigenen Bädern für die Bewohner, und beinahe 500 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche für den Eßbereich und Ergotherapie, zur Tagesstruktur gehören beispielsweise Gartenpflege und holzverarbeitende Tätigkeiten: „Wir produzieren Brennholz“, erklärt Nickel.
„In Vienenburg ankommen“
„Unser Ziel ist es, zunächst in Vienenburg anzukommen und uns dann – so wie auch in Hornburg – aktiv in die Gemeinschaft einzubringen“, verkünden Anke Nickel und Lars Fischer in einer gemeinsamen Presseerklärung; ein Gespräch mit Ortsvorsteher Martin Mahnkopf gibt es schon. „Wir freuen uns darauf – wenn auch nur für die Übergangszeit während der Bauphase – Teil des Gemeinwesens zu werden“, sagen Nickel und Fischer.

Alles indisch? Bemalung und Ausstattung des ehemaligen indischen Restaurants bietet ein besonderes Ambiente. Foto: Kempfer
Das könnte sich lohnen, der Paritätische rechnet mit anderthalb bis zwei Jahren bis zum Rückzug nach Hornburg. Tatsächlich freuten sich schon etliche der 22 Bewohner, 3 Frauen und 19 Männer im Alter zwischen 22 und 65 Jahren, auf Vienenburg mit seiner guten Infrastruktur und Anbindungen. In Hornburg seien alle integriert, ob beim Handball oder Badminton, der Liedertafel oder der Frauenhilfe. „Mal gucken, was sich für Vienenburg ergibt“, meinte Anke Nickel. „Unsere Leute haben Lust, sich einzubringen“, sagt sie, hat den Vienenburger See, aber auch das Altenheim im Blick.
Engmaschige Betreuung
Lars Fischer ist es wichtig, dass erst gar keine Ängste in der Bevölkerung aufkommen; die seien unbegründet. Die Menschen, die im Haus Hagenberg leben, ein Querschnitt der Gesellschaft, machten das aus freien Stücken, weil sie dauerhaft ohne Sucht leben wollten. „Wir substituieren nicht“, erklärt Fischer. Auf dem Weg von der Abhängigkeit (von Alkohol oder jeder beliebigen anderen Droge) über die Entgiftung und eine stationäre Therapie bis zum freien, selbstbestimmten Leben mit Arbeitsplatz und allem Drum und Dran ist das Wohnheim eine wichtige Station: „Wir kümmern uns ganz engmaschig um unsere Bewohner“, versichert Anke Nickel, die laut Fischer mit ihrer Arbeit sehr erfolgreich ist.

Trist ist anders: Fröhliche Farben und orientalische Formen bieten die neuen Gemeinschaftsräume der aus Hornburg stammenden Wohngruppe. Foto: Kempfer
Insgesamt kommen 17 Mitarbeitende im Tagdienst und 10 im Nachtdienst mit in den „Palast“ nach Vienenburg, den Spitznamen hat das Haus auch schon in Hornburg weg. Ein Teil der bunten Einrichtung mit Ornamenten und vielen Elefanten bleibt auf jeden Fall erhalten, einiges wie die orientalischen Lampen und gerafften Samtgardinen mit Goldquasten steht noch zur Disposition – viele Entscheidungen müssen in den nächsten Tagen und Wochen noch getroffen werden. Am Montag beginnt für die Bewohner mit dem Wegzug aus der vertrauten Umgebung ein Abenteuer, für einige ist es eine Belastung. Aber, da ist sich Lars Fischer sicher: „Die Grundstimmung ist positiv.“